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Urwald, Acker, Schrebergarten. Erfundene Paradiese

Kunst im Herrenhaus der Domäne Dahlem

Jan Brokof: Was will die Neue von der Alten Welt? 2020. Foto: Jan Brokof
Jan Brokof: Was will die Neue von der Alten Welt? 2020. Foto: Jan Brokof
Erschienen in Gazette Steglitz Juni 2020

Die Domäne Dahlem präsentiert 2020 die dreiteilige Ausstellungsreihe Domäne.ART, in der sich die Künstler mit dem Spannungsverhältnis von Mensch, Natur, Ökologie, Landwirtschaft und Urbanität mittels unterschiedlicher Materialien und Techniken auseinandersetzen.

Die Gruppenausstellung „Urwald, Acker, Schrebergarten. Erfundene Paradiese“ eröffnet die Ausstellungsreihe im Herrenhaus der Domäne Dahlem. Mit ihren Werken beziehen sich die Künstler auf ausgewählte Objekte der kulturhistorischen Sammlung der Stiftung Domäne Dahlem, die als Widerpart und Stichwortgeber zugleich Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung sind.

Im künstlerischen Fokus steht der Mensch und sein Verhältnis zur Natur. Ist der Garten Eden nach der biblischen Erzählung das Sinnbild einer unangetasteten Natur, so thematisiert Daniel M Thurau in seinem Werk Die Motten und das Licht (2017) bereits das letzte Aufglimmen der unberührten Welt vor dem Sonnenuntergang.

Der Betrachter der Collage von Joanna Buchowska taucht in eine Bildwelt ein, in der die Konstanten zwischen Zeit, Raum und Distanz aufgehoben scheinen. Im Kontrast zum realen Faß mit Ständer (um 1910) aus der Sammlung der Domäne Dahlem ist im Kunstwerk durch das Neuarrangement von Papierschnipseln unterschiedlichster Herkunft alles erkennbar jedoch nicht mehr greifbar.

Die Installation Was will die neue von der alten Welt? (2020) von Jan Brokof mit Bildern und Schriften von einzelnen Objekten aus der Sammlung der Domäne Dahlem, die in Kombination mit eigenen Werken und Leuchtschriften des Künstlers eine neue Motivwelt mit einer Erzählung bilden, ist ein weiterer Höhepunkt der Ausstellung.

In Anne Neukamps Installation Ohne Titel (2020) werden die Tragetaschen und Waffeleisen aus der Sammlung der Domäne Dahlem durch das Neuarrangement in geometrischen Formen selbst zum Kunstwerk mit einem völlig neuen Bezug. In ihrer Wiederholung korrespondieren die Muster aus Rauten und Wellen mit den Grafiken der Künstlerin im stillen Dialog.

Das Gemälde Candy Station (2000) von Klaus Hartmann animiert den Betrachter durch seine starke Farbigkeit zur Annäherung. Im Nahausschnitt wirkt der Bahnübergang wie ein Märchen, denn das Weichenhaus wird zum Lebkuchenhäuschen, die Bahnschranken zu Zuckerstangen und der fallende Schnee zu Zuckerwatte. Gesehenes und Gefühltes stehen im starken Kontrast zueinander und diese Stimmung setzt sich im vom Künstler geschaffenen Candy Room fort.

Hatte das Altargemälde mit dem Motiv des auferstandenen Jesus in der Kapelle des Herrenhauses, das einst in der St.-Annen-Kirche präsentiert wurde, durch die Überführung vom öffentlich sakralen in den privat familiären Kontext eine Neuinterpretation erfahren, so wird diese Bedeutungsebene in der Rauminstallation Autoscooter (2020) von Verena Issel ein weiteres Mal gesteigert. Jesus befindet sich in einer Sphäre zwischen der Überhöhung und Entthronisierung und ist damit künstlich und zugleich real.

Der Blick auf die Natur beginnt und endet mit den Werken von Daniel M Thurau. Diente einst der Katzenkopf aus der Sammlung der Stiftung Domäne Dahlem zur Abschreckung von Vögeln während der Vogelseuche in den 1930er-Jahren, so konstruiert der Künstler in Kombination mit der Tischdekoration aus der Sammlung seine eigene Erzählung von der Beziehung zwischen Tier und Natur.

Urwald, Acker, Schrebergarten. Erfundene Paradiese, 16. Mai bis 5. Juli jeweils Sa und So von 10 bis 17 Uhr in der Domäne Dahlem, Herrenhaus, Königin-Luise-Str. 49, 14195 Berlin, www.domaene-dahlem.de .

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