50 Jahre mittelalterliches Museumsdorf Düppel
Seid willkommen an der Stätten!

Erschienen in Gazette Zehlendorf März 2025
Eingebettet von dichtem Baumbestand erwartet zum Saisonstart am 29. März auch in diesem Jubiläumsjahr das Museumsdorf Düppel wieder seine großen und kleinen Besucher. Noch fehlt´s an Blumen im Revier, doch pünktlich zum Osterspaziergang im mittelalterlichen Dorf dürfte sich bereits ein erster grüner Schimmer zeigen. Spätestens am 29. Mai Himmelfahrt dann, wenn das Jubiläumsfest stattfindet, wird bestimmt schon kräftiges Grün vorherrschen. Wem es da bereits zu warm sein sollte, der kann Abkühlung unter den Kronen der Hoch- und Hütewaldbäume finden, die unter dem fachkundigen Einsatz von Natur-, und Dorffreund Dr. Achim Förster, Vorstandsmitglied des Förderverein Museumsdorf Düppel e. V., vor Jahrzehnten gepflanzt worden sind.
Als in den 1960er-Jahren am Krummen Fenn in Nikolassee die Reste einer Mittelalterlichen Siedlung freigelegt wurden, hätte wohl niemand gedacht, dass an diesem historischen Ort einmal eine detailgetreu nachgebaute Dorfanlage neu entstehen und Interessierten das Mittelalter hautnah näherbringen würde. Möglich machte dies eine Gruppe von geschichts- und naturverbundenen Menschen, die im 1975 gegründeten Förderverein Museumsdorf Düppel inzwischen gemeinsam mit Gleichgesinnten daran kontinuierlich arbeitet, dem Besucher eine Zeitreise zu bieten, die immer neue Stationen bereithält und damit spannenden Einblick in die Zeit des Mittelalters gewährt.

Geschichte
Bereits vor 160 Jahren kam Zehlendorf zu einem Rittergut mit dem eingedeutschten Dänischen Namen „Düppel“: Der kleine dänische Ort Dybboel liegt nahe der lang umkämpften Dänisch-Deutschen Grenze. Als hier das Heer von Prinz Friedrich Carl von Preussen den letzten der Deutsch-Dänischen Kriege von 1864 gewonnen hatte, durfte der Prinz „zur Belohnung“ ein Jahr später sein einst von Alkoholhersteller Joseph Aloys Gilka („Gilka-Kümmel“) erworbenes Anwesen in Neu-Zehlendorf „Rittergut Düppel“ nennen. Das Areal erlebte in den Folgejahrzehnten stürmische Zeiten: Die Nationalsozialisten fassten auch hier Fuß. Munitionsbunker und Flakstellungen entstanden auf dem Boden, wo später mittelalterliche Scherben den eigentlichen Grundstein für das Museumsdorf Düppel legen sollten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beherrschten auf dem ehemaligen Rittergut anstatt goldener Getreideähren steppenartige Ackerbrachen das Bild. Das Leben im einzigartigen Biotop des Krummen Fenn erstickte man Anfang der 1960er-Jahre kurzerhand mit Straßenwasser. Doch unter den Händen eifriger Ausgräber kamen ab 1967 unter freigelegten Freiflächen als Keimzelle des späteren Museumsgedankens wertvolle Relikte einstigen Zusammenlebens von Slawen mit Deutschen zu Tage, die nicht nur die Spaziergänger neugierig machten. Mit Inkrafttreten des Vier-Mächte-Abkommens plante der Senat die Bebauung des Feldes westlich vom Fenn. Als 1972 die Archäologen die Idee hatten, das mittelalterliche Dorf wiederaufzubauen, wäre es fast zu spät gewesen. Bis in die 80er-Jahre hielt sich die Idee, hier nahe Krummes Fenn Exklusivwohnungen zu bauen. – Doch längst zogen Tausende von Museumsbesuchern zum ersten mittelalterlichen Musterhaus, dem sogenannten Wikinger Haus E, und ließ der 1975 von Prof. Dr. Adriaan von Müller, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte, Wolfram Dietrich v. Moers, Jurist, Dr. Klaus Goldmann, Oberkustos am Museum für Vor- und Frühgeschichte, Eva Kempin und Dieter Hafemeister, Bauunternehmer, gegründete Förderverein das Museumsdorf Düppel zum angesagten Ausflugsziel und Hot Spot der Mittelalterforschung werden. Auch wenn das Museumsdorf Düppel eigentlich einen anderen Namen hatte bekommen sollen, hält sich sein ursprünglich nur als Notlösung gedachter Name bis heute beharrlich. Hatte man doch nie den Namen der zugrunde liegenden Ursiedlung erfahren können oder die Bezeichnung als „Freilichtmuseum“ aufgrund des oft irreführenden Gebrauchs dieses Wortes von den Nationalsozialisten abgelehnt. Auch als „Museumsdorf am Machnower Krummen Fenn in Zehlendorf“, „Urzehlendorf“ oder „Dueppelia“ fand es keinen Eingang in die Köpfe der Dorffreunde. Und so weiß bis heute jeder, was gemeint ist, wenn man vom „Museumsdorf Düppel“ spricht.

Mittelalter trifft Gegenwart, Ökologie Nachhaltigkeit
Über die Jahrzehnte sorgten Ehrenamtliche, Historiker, Hobbyhistoriker und Fachleute dafür, dass die vom Mittelalter erzählenden „Exponate“ im Museumsdorf immer anschaulicher und reichhaltiger wurden. Anfangs gab es dabei manchen Fehler, woraus man aber für die Zukunft lernte. Es entstanden historische Häuser, Lehmbackofen, über die Jahre kamen mittelalterliches Handwerk, das in nachempfundener Gewandung vorgeführt wird, dazu. Ausrangierte Wachbaracken aus DDR-Zeiten gaben schließlich ersten Raum für Grabungsbefunde, Küche, Werkraum und primitive Toilette. Sogar ein Büro und eine ganze Schulklasse fanden darin Platz. Internationale Symposien fanden statt, Bodenproben und pollenanalytische Untersuchungen für die Wissenschaft fanden im Museumsdorf beste Bedingungen. Inzwischen agiert das Museumsdorf unter dem Dach der Stiftung Stadtmuseum Berlin.
Eine Ausstellung macht das Leben um das Jahr 1200 begreiflich, fiktive Bewohner und Audio-Stationen erzählen vom Leben im mittelalterlichen Dorf und ein Erlebnisbereich begeistert die Jüngsten. Themen-Stationen und Wildtierpfad mit liebevoll geschnitzten Tieren haben ebenso Bezug zum Mittelalter wie die beiden Ochsen im Dorf und lebendigen alten Nutztiere aus diesen Tagen. Sie sind vertreten durch grunzende Weideschweine und mähende Schafe einer bedrohten Rasse. Und gerngesehene Besucher sind Familien, Schulklassen und Kitagruppen, die ein reiches Freizeit-, Workshop- und Kursangebot erwartet.

Im Einsatz für ein grünes Museumsdorf
Kein Wunder also, dass auch Umweltschützer und Naturwissenschaftler Achim Förster, in Nikolassee und Schlachtensee aufgewachsen, Chemiker der anorganischen Strukturchemie und tief im Herzen der geborene Biologe, das vor 50 Jahren noch nahezu baumlose Museumsgelände zu seiner Herzensangelegenheit machte. Als Amerikaner und Engländer junge Bäume als Anpflanzung nur oberflächlich und unkundig gesetzt hatten, drohten sie nach und nach einzugehen und sollten rausgerissen werden, wie Förster erzählt. „Ich habe mich ihrer angenommen und im Fahrradkorb etwa 1.500 Bäumchen an ihren jetzigen Standort im Museumsdorf gebracht.“ – Sie sind inzwischen zu stolzem biodiversen Hüte- und Hochwald herangewachsen. Achim Förster, Vorstandsmitglied vom Museumsdorf und Ehrenvorsitzender vom Landschaftförderverein Buschgraben Bäketal (Kleinmachnow), stattet ihnen regelmäßige Besuche ab. Nicht nur für diesen bemerkenswerten handfesten Einsatz hat er im vergangenen Jahr den Berliner Naturschutzpreis erhalten, sondern auch – seit 1990 hochaktiv und erfolgreich beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) tätig – für seine Naturschutzprojekte, die beispielsweise an der Rehwiese junge Eichen vor dem Abmähen und Kröten an der Havelchaussee retten, Pflanzaktionen am Buschgraben und die Wiederentdeckung der Schwarz-Pappeln und den Schutz von Alteichen beinhalten oder gegen den Ausbau der Kleinmachnower Schleuse protestieren. Sein Herz für Pflanzen und Bäume entdeckte Achim bereits in Kindertagen. „Als ich sah, wie ein Baum gefällt wurde, dann aber ein neuer gepflanzt wurde und kräftig heranwuchs, hat mich das sehr beeindruckt“, erinnert er sich. Vom Großvater lernte er das Handwerkliche, wie fachgerechtes Pflanzen. Heute ist auch sein Zehlendorfer Privatgrundstück kein erzwungener Ziergarten, sondern ein verwunschenes Biotop, in dem sich Pflanze und Tier in gesundem Gleichgewicht wohlfühlen dank Achim Förster und seiner Frau. Und wenn sich der Naturfreund auch langsam aus der Vorstandsarbeit im Museumsdorf Düppel zurückziehen will, ist er doch an Veranstaltungstagen und in der Natur weiter mit dabei, und begeistert er die Besucher mit seinen interessanten Führungen durch das Fenn.

Schon heute sollten sich Gevatter, Wip, Bub und Maid für einen Besuch im Museumsdorf Düppel die Osterfeiertage von 10-18 Uhr und den Himmelfahrtstag ab 11 Uhr für das Jubiläumsfest anlässlich 50 Jahre Museumsdorf Düppel vormerken. Derzeit läuft die Planung auf Hochtouren. Man (Mann) kann sich auf die Braukunst des Mittelalters mit „Steinzeitbier und Klosterbräu“ sowie auf in die Beine gehende Klänge der Mittelalter-Band „Wolgemut“, auf das Bemalen von Pappmaschee-Eiern, das Weben von Lesezeichen, viele Handwerksangebote zum Zusehen und Mitmachen freuen sowie auf das Puppentheater und auf viele Überraschungen.
Näheres unter www.stadtmuseum.de/museum/museumsdorf-dueppel
Jacqueline Lorenz