Elisabeth-Klinik an zwei Berliner Standorten
Für die seelische Gesundheit junger Menschen

Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau April 2025
Nach dem ersten Standort der Elisabeth-Klinik für seelische Gesundheit junger Menschen (SGJM) an der Wüsthoffstraße 15 in Tempelhof ist im vergangenem Jahr ein zweiter Standort hinzugekommen: In der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgungsklinik in Zehlendorf finden junge Menschen bis zur Volljährigkeit nun an der Potsdamer Chaussee 90 ebenfalls professionelle Hilfe, die sie bei psychischen Erkrankungen benötigen. Beide Standorte sind hervorgegangen aus der ehemaligen SGKJ des St. Joseph Krankenhauses und bieten nun als eigenständige Elisabeth-Klinik in Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf eine Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) als erste Anlaufstelle. Die SGJM arbeitet standortübergreifend nach einem gemeinsamen Konzept und im engen Austausch der Teams untereinander. Dachorganisation der Klinik sind die Josefwerke. An beiden Bezirksstandorten bestehen ambulante, voll- und teilstationäre Behandlungsangebote.

Neben dem regelmäßigen Austausch der beiden Klinikstandorte untereinander besteht der Kontakt zu anderen kinder- und jugendpsychiatrischen sowie erwachsenenpsychiatrischen Kliniken für eine verbesserte Zusammenarbeit und den gegenseitigen Nutzen von Erfahrungen. Selbstverständlich ist für die erfolgreiche Arbeit der Klinik eine enge Kooperation mit Jugendämtern, Jugendhilfeträgern und den Schulen der beiden Bezirke unerlässlich.
Um auch jungen Menschen mit psychischer Erkrankung, die nicht aus Deutschland stammen und Sprachprobleme haben, an beiden Standorten der Elisabeth-Klinik individuell passgenaue Behandlung gerade auch in der Traumatherapie bieten zu können, wird vom Klinik-Team äußerst kultursensibel vorgegangen bzw. werden kulturelle Besonderheiten berücksichtigt und ggf. Dolmetscher oder technische Hilfsmittel hinzugezogen. Die ärztliche Leitung der Elisabeth-Klinik liegt bei Dr. Jakob Florack, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie.

Individuelle Therapie, passgenau für junge Menschen
Chefarzt Dr. Florack und sein multiprofessionelles Team achten genauestens darauf, dass die jeweilige Behandlung der jungen Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Angsterkrankung, Suchterkrankung, Essstörung, Depression, Aufmerksamkeitsstörung oder Zwangsstörung zu deren gegenwärtiger Lebenssituation passt. Sie werden als Betroffene dabei ebenso in die Entscheidung mit einbezogen, welche Therapie für sie die richtige ist, wie Eltern und Bezugspersonen. Das Klinikteam besteht aus etlichen Berufsgruppen, darunter Pflege- und Erziehungsdienst, der die Alltagsbegleitung übernimmt, Ärzte und Psychologen, die Psychotherapie durchführen, und ein Sozialdienst, der sich mit dem Jugendamt abstimmt. Darüber hinaus bieten Fachtherapeuten Kunst- und Ergotherapie an. Hervorzuheben ist dabei, dass jede Berufsgruppe ihre eigenen Perspektive auf den jungen Menschen und den jeweiligen Behandlungsprozess hat. – Gewinn und Herausforderung zugleich, wenn es darum geht, ausreichend Raum für den effektiven Austausch dieser Perspektiven zu schaffen. Hier setzt auch in der Klinik die Behandlung nach Dialektischer Verhaltenstherapie (Dialektisch-Behaviorale Therapie, DBT-A) an: Dabei steht die Vermeidung einseitiger und bewertender Blicke auf die Behandlung im Vordergrund, um den dialektischen Blick und Umgang zu wahren. Man spricht von „bihavioraler Therapie“, weil viele unterschiedliche Psychotherapietechniken aus der Verhaltenstherapie zur Anwendung kommen. Das „A“ steht, einfach erklärt, für „auf Menschen im Jugendalter angepasst“.
Dr. Florack erklärt: „Die DBT wurde entwickelt, um Menschen mit Gefühlsschwankungen, Identitätsstörungen, suizidalen Krisen und zwischenmenschlichen Problemen zu helfen. Es handelt sich um ein sehr wirksames und gut beforschtes Psychotherapie-Konzept.“
Gerade für junge Menschen, die unter starken Gefühlsschwankungen leiden, sich beispielsweise selbst verletzen, hat die Elisabeth-Klinik ein spezifisches Angebot entwickelt. Denn diese Betroffenen sind innerhalb der Gruppe psychisch Erkrankter zusätzlich stigmatisiert und finden in den seltensten Fällen adäquate fachliche Hilfe.

Vorbeugen ist besser als heilen
Doch wer sind diese jungen Patienten, die im geschützten Raum der Elisabeth-Klinik hin zu einem Leben mit mehr Zufriedenheit und Lebensmut therapiert werden?
Dr. Florack erklärt, dass die meisten Patienten Jugendliche sind, da in diesem Alter die meisten psychischen Erkrankungen beginnen. Doch auch schon ab dem Alter von zwei Jahren kann ein tagesklinisches Angebot angenommen werde, in dessen Rahmen Familien mit Kindern im Vorschulalter unter starkem Einbezug der Eltern behandelt werden. Während bis zum Alter von 13 Jahren die Behandlung von Jungen überwiege, würden ab dem Pubertätsalter psychische Erkrankungen bei Mädchen häufiger. Bei den Eltern Betroffener besteht hoher Beratungsbedarf, da sie häufig die psychische Erkrankung ihres Kindes schuldhaft verarbeiten – nicht zuletzt bedingt durch die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen in unserer Gesellschaft, die nicht selten den Eltern die Schuld an der Erkrankung gibt. Doch die Gründe dafür sind weitaus komplexer und von vielen Faktoren abhängig.
Dr. Florack dazu: „Mit den meisten Eltern gelingt es, Verhaltensweisen zu erarbeiten, die zum Rückgang der Schwere der psychischen Erkrankung beitragen. Die Schule ist ein sehr relevanter Sozial- und Lehrraum für Kinder und Jugendliche.“ Daher sei es wichtig, mit dem Schulbereich gemeinsam an einem sinnvollen Umgang mit der psychischen Erkrankung in schulischem Kontext zu arbeiten.

Laut Studien, kann eine Zunahme psychischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter aufgezeigt werden. Die Gründe für eine Zunahme psychischer Belastungen sind vielgestaltig und unterscheiden sich häufig innerhalb der Betroffenengruppe. Eine Gemeinsamkeit besteht dabei im Zusammentreffen zahlreicher ungelöster globaler Probleme wie Klimakrise, Krieg in Europa und ungünstige wirtschaftliche Entwicklung, die sich immer stärker auf die Familien und damit auch die Kinder und Jugendlichen auswirken. Aber auch die im Durchschnitt sehr hohe Nutzungsdauer digitaler Medien hat bei vielen jungen Menschen negativen Einfluss auf die mentale Gesundheit. So ist Video-und Internetabhängigkeit auch in Berlin großes Thema, zumal es dafür nur wenige Behandlungsmöglichkeiten gibt. Die Elisabeth-Klinik ist dabei, neben der bereits bestehenden Spezialsprechstunde diesbezüglich ein spezielles Behandlungsangebot zu entwickeln.
Doch wie kann die Gesellschaft einem weiteren Anstieg von psychischen Erkrankungen bei der jungen Generation entgegenwirken bzw. vorbeugen?
Dr. Florack betont: „Durch eine Vielzahl gleichzeitig ablaufender Entwicklungen ist unsere Gesellschaft stark herausgefordert, Anpassungsprozesse zu entwickeln. So sind wir aus meiner Sicht in Bezug auf die Digitalisierung mittendrin. Einige Staaten, die ihren Bildungsbereich weitgehend digitalisiert haben, rudern nun schon wieder zurück und stellen ihre Methodik auf analoge Unterrichtsmittel um. Doch diese Prozesse benötigen Zeit und können in der Zwischenzeit psychische Probleme verursachen. Die wichtigste präventive Maßnahme ist, Kinder und Jugendliche nicht aus dem Blick zu verlieren. Aufgrund des relativ abnehmenden Anteils an der Gesamtbevölkerung besteht aber die große Gefahr, dass nicht genug in Bildung, Betreuung und Möglichkeiten ausreichend sozialer Teilhabe investiert wird. Dies halte ich für eine große Gefahr, da sich demzufolge die Anzahl und Schwere psychischer Erkrankungen weiter erhöhen wird.“
Wichtig sei es deshalb, ausreichend kindgerechte Orte zu schaffen bzw. zu erhalten und in kinderfreundliche Angebote zu investieren. Doch sind heute in vielen Berliner Bezirken im täglichen Straßenbild Kinder mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel. – Aber ohne eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen kann unsere Gesellschaft auf die Dauer nicht funktionieren.
Der Weg zur psychischen Gesundheit
Dr. Florack hält es für notwendig, dass Hilfsangebote für Familien und Betroffene besser vernetzt werden. So finde aktuell zu wenig Austausch zwischen dem Gesundheitssektor und der Jugendhilfe statt. Die Elisabeth-Klinik hat in ihren Versorgungsgebieten jedoch Kooperationsprojekte eingeleitet, um diesem Missstand entgegenzuwirken.
Und so erklärt Dr. Florack mit dem Blick auf morgen: „Ich wünsche unserer Gesellschaft, dass die Anpassungsprozesse an die globalen Voraussetzungen auf eine Weise funktionieren, die – anders als ich es aktuell beobachte – den Zusammenhalt fördern. Das gesellschaftspolitische Klima wirkt sich erheblich auf die Lebenszufriedenheit und psychische Gesundheit junger Menschen aus, und ich sehe es als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, daran zu arbeiten.“
Der Weg zur Elisabeth-Klinik führt über das Anmeldeformular auf der noch gültigen Homepage, die aber demnächst relaunched wird: www.josefwerke-berlin.de/einrichtungen/elisabeth-klinik
Fällt das Formular-Ausfüllen schwer, besteht die Möglichkeit der telefonischen Anmeldung unter 030 7882 2036. In Notfällen kann jederzeit die zentrale Notaufnahme des Klinikstandortes in Tempelhof aufgesucht werden.
Jacqueline Lorenz
Elisabeth-Klinik für seelische Gesundheit junger Menschen
Standort Tempelhof-Schöneberg
Wüsthoffstraße 15
12101 BerlinStandort Steglitz-Zehlendorf
Potsdamer Chaussee 90
14129 Berlin