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Erste Hilfe mit den Schulsanis

Im Notfall mit Trost und Pflaster als Erste zur Stelle

Das Schulsanitäter-Team der Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule.
Das Schulsanitäter-Team der Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule.
Erschienen in Gazette Zehlendorf Januar 2025

Als eine der ersten Schulen in Steglitz-Zehlendorf hat die Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule Am Rohrgarten Jugendrotkreuz(JRK)-ausgebildete Schulsanitäterinnen und -sanitäter im Einsatz. Bei Unfällen und Verletzungen im Schulbereich sind sie besonders in den Pausen mit ihrem signalroten Rucksack schnell zur Stelle, leisten bei kleineren Blessuren Erste Hilfe und holen bei größeren Verletzungen Lehrkräfte dazu. Auf jeden Fall aber spenden sie ihren Schulgefährten auf Augenhöhe ersten Trost und leisten mit ihrem Einsatz einen wichtigen Beitrag zum sozialen Miteinander, das gerade in dieser Toleranz- und Demokratie-betonten Schule großgeschrieben wird. Das Projekt geht auf eine Idee des Schülers Anton Kühn zurück, der 2022 zu den ersten Schulsanis an der nach der Reformpädagogin Anna Essinger benannten und Am Rohrgarten ansässigen Grundstufe, der „kleinen Anna“, zählte. Inzwischen geht er auf die „Große Anna“, den weiterführenden Schulteil am Tietzenweg, und engagiert sich dort für andere. Seine gute Idee wird an der Kleinen Anna weiterhin von derzeit 11 Grundschülern im Alter zwischen 10 und 12 Jahren im Schulalltag in „ehrenamtlichem“ Einsatz von ganzem Herzen gelebt.

Nachwuchssanis wissen, was zu tun ist

An einem trüben Wintervormittag sitzen die aktuellen Schulsanis vom Schulsanitätsdienst (SSD) am Tisch zusammen. In diesem Jahr sind es mehr Mädchen. Doch das variiere von Jahr zu Jahr, erzählt Lehrerin und Projektbetreuerin Cordula Witte, die zur Jahreszeit passend Lebkuchen und Tee mitgebracht hat. Die Stimmung ist locker, jeder will von seinen Erfahrungen erzählen. Wie viel Begeisterung in dieser freiwilligen Aufgabe steckt, spürt man in jedem Satz.

Carl ergreift zuerst das Wort und erklärt, warum er die verantwortungsvolle Tätigkeit als Schulsani übernommen hat: „Es macht einfach Spaß und ist cool, anderen Kindern gemeinsam mit seinen Freunden zu helfen.“ Allgemeines Kopfnicken bestätigt ihn in seiner Aussage. Arme schnellen in die Luft. Alle haben ihre Erfahrungen, von denen sie berichten möchten. Sie erzählen von der fundierten Erste-Hilfe-Ausbildung auf Erwachsenenniveau, die sie zuvor vom JRK bekommen haben, von dem Wiederbelebungstraining am Dummy und der Verbandslehre von A bis Z. Carl weist auf die W-Fragen Wo, Was, Wie viele und Wer hin, die es bei einem Notfall zu Beteiligten und Ort zu übermitteln gilt. Die stabile Seitenlage beherrschen alle im Schlaf und erinnern mich daran, meine Erste-Hilfe-Erfahrungen aus der Zeit vor dem Führerschein dringend wieder einmal aufzufrischen.

Wöchentlich wird festgelegt, wer Schulsanitätsdienst hat, es sind meist zwei Sanis pro Pause. Über Walkie-talkie stehen sie miteinander in Verbindung. Die „Zentrale“ liegt im Schulsekretariat, auf kleinem Raum lagern wichtige Utensilien wie Westen, Rucksäcke und Verbandsnachschub. Jeden Mittwoch treffen sich die jungen Schulsanitäter zur Besprechung und Nachbereitung. Auch Verbesserungsvorschläge kommen dabei auf den Tisch: So entschied sich die Gruppe beispielsweise dafür, aus Nachhaltigkeitsgründen wiederverwendbare Cool Packs zu nutzen.

Erfahrung ist der beste Lehrmeister

Aber was gibt es für die Anna-Sanis eigentlich zu tun? Blanca weiß: „Oft als Erste zur Stelle, schauen wir ganz genau hin und fragen, was eigentlich passiert ist.“ Marie erklärt: „Bei kleinen Wunden helfen wir mit einem Pflaster. Wenn es zum Beispiel auf dem Schulhof aber etwas Größeres ist, es sehr blutet, holen wir Erwachsene von der Aufsicht hinzu. Ganz wichtig ist, beruhigend mit dem Verletzten zu reden und ihm zu zeigen, dass man bei ihm und er nicht alleine ist, am Besten durch Berührung.“ Sie selbst, Hockeyspielerin, habe durch den freiwilligen Schuldienst, der nicht zensiert, aber auf dem Zeugnis erwähnt wird, ein ganz anderes Auge für Verletzungen bekommen und bleibe ruhig, wenn etwas passiert. Das bestätigen auch die Anderen, die außerhalb ihres Sani-Dienstes nun viel bewusster auf hilfebedürftige Menschen im Alltag achten und ihr Wissen in der eigenen Familie anwenden. So hat Carl auf einem Erdbeerhof vor der Stadt mit professionell angelegtem Fingerverband Erste Hilfe geleistet, als sich dort ein Kind beim Erdbeerschneiden verletzte, und als eine Frau gegen einen Zaun lief, fragte Emma nach, ob es ihr gut geht oder sie Hilfe braucht. Auch am eigenen Leib – beim Sport oder privat – haben einige der Sanis schon erfahren, wie wichtig es ist, Beachtung zu finden, wenn man verletzt oder in Not geraten ist. „Es ist einfach praktisch, helfen zu können, falls sich mal jemand wehgetan hat“, betont Hannah. Till achtet in seinem Dienst zusätzlich und vorausschauend darauf, dass gar nicht erst etwas passiert. Er weist Mitschüler, die unvorsichtig handeln, klettern, mit Stöcken fechten oder sich in der Nähe von Gefahrenquellen aufhalten, darauf hin, was passieren kann. Denn Vorbeugen ist besser. Lehrerin Cordula Witte unterstützt die Nachwuchssanis so gut es geht und lobt: „Die Kinder opfern ihre Freizeit, um anderen zu helfen. Derartige Projekte wirken sozialisierend für ihr ganzes Leben.“ Und so ist es recht unüberlegt und der Sache wenig dienlich, wenn manche Schülerinnen oder Schüler eine Verletzung vortäuschen, um die Sanis zu verunsichern. Doch die, schon ganz Profi, wissen souverän damit umzugehen.

Schule machen mit SSD

Laut JRK gibt es deutschlandweit schon ca. 50.000 Schulsanitäterinnen und Schulsanitätern an ca. 3000 weiterführenden Schulen. Ihre Aufgabe führt zu mehr Selbstbewusstsein und hilft dabei, Hemmungen zu überwinden und in Unfallsituationen aktiv auf Menschen zuzugehen. Tamara von den Anna-Sanis rät jungen Menschen, die überlegen, auch Schulsani zu werden, dies in die Tat umzusetzen: „Ihr solltet aber Blut sehen können, das ist Voraussetzung.“

Auch im vergangenen Jahr war der 5. Dezember „Internationaler Tag des Ehrenamts“. – Ein guter Anlass, Anton Kühn und allen Schulsanis ein dickes „Dankeschön“ für ihren freiwilligen Einsatz auszusprechen, der auch an anderen Lehreinrichtungen noch mehr Schule machen sollte.

Weitere Informationen und Kontakt unter www.jrk-berlin.de

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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