Kleiderkammer der AWO Kreisverband Südwest
Große Auswahl zu kleinen Preisen
Erschienen in Gazette Steglitz Februar 2025
Eine schicke Bluse, ein spannender Roman oder ein knallrotes Spielzeugauto? Diese Dinge im Geschäft neu zu kaufen, ist für viele große und kleine Menschen nicht selbstverständlich, wird das nicht gerade im Überfluss zur Verfügung stehende Geld doch häufig für nötigere Dinge des täglichen Lebens benötigt. – Wie gut, wenn es da Sozialeinrichtungen gibt, die „aus zweiter Hand“ gut erhaltene Dinge für geringes Entgelt anbieten und Einrichtungen wie Flüchtlingsunterkünfte, Wohngemeinschaften oder die Berliner Stadtmission damit unterstützen. Eine von ihnen ist die Arbeiterwohlfahrt (AWO) des Kreisverband Südwest e. V., die darüber hinaus vielerlei Dinge des täglichen Gebrauchs im Reinhold-Voht-Haus-soziale-Dienste in Lichterfelde in ihrer Kleiderkammer mit angeschlossener Modeboutique, dem Bücherbasar sowie Trödel-Shop ansprechend einer finanziell schwächeren Käuferschicht präsentiert. Von der Anlieferung, über das Sortieren bis zum Aufbau des erstaunlich reichhaltigen Angebotes bedarf es vieler ehrenamtlich engagierter Hände. Seit Anfang des Jahres ist Sozialmanagerin Nadin Beuthien Geschäftsführerin des betreibenden AWO Kreisverband Südwest. Unter Verantwortung der Kreisvorsitzende Karola Kronheim und ehrenamtlichem Einsatz vieler Engagierter ist die Kleiderkammer zu dem geworden, was sie heute ist. Nadin Beuthien wünscht sich für eine erfolgreiche Zukunft dringend weitere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer jeden Alters, auch junge Menschen, die das bestehende rund 50-köpfige Team an einem möglichst regelmäßigen und zuverlässigen Termin in ihrer Arbeit unterstützen, beispielsweise einmal wöchentlich in der Zeit von 10 bis 14 Uhr. Einsatzmöglichkeiten gibt es für sie u. a. bei der Gartenarbeit, der Vorbereitung von Veranstaltungen oder beim Sortieren von gespendeter Kleidung, Büchern und Trödelartikeln.
Spenden heißt nicht Müll entsorgen
Die Kleiderkammer der AWO Südwest hat eine lange Geschichte: Ende der 80er-Jahre wurde sie in der Steglitzer Schloßstraße gegenüber des Finanzamtes gegründet, um in erster Linie Aussiedler mit Kleidung zu versorgen. 1997 ging es von dort in die Räumlichkeit in die Körnerstraße, die schon bald viel zu wenig Platz bot. Seit 2006 nun hat die AWO die großzügigen und freundlichen Räume in der Osdorfer Straße 121 in Lichterfelde angemietet, in direkter Nachbarschaft zu einem darüber liegenden Hostel.
Das Spenden-Angebot wird gut angenommen, längst kommt die Stammkundschaft ebenso aus der nahe gelegenen Thermometersiedlung wie aus ganz Berlin. „Im vergangenen Jahr konnten wir immerhin 6.000 Kunden begrüßen“, erklärt Nadin Beuthien anerkennend. Die Käufer verteilten sich mit 60 Prozent auf die Kleiderkammer, 10 Prozent auf den Trödel-Shop und mit 30 Prozent auf den Bücherbasar. Die angebotenen Teile stammen überwiegend aus Privatspenden und Haushaltsauflösungen. An der Wand des Flures hängt ein gerahmter Spruch, der für sich spricht: „Spenden heißt nicht Müll entsorgen“ steht darauf. Die zwei an diesem Tag ehrenamtlich tätigen Damen, von denen die eine seit 27 Jahren, die andere seit 14 dabei ist, können einiges dazu sagen: „Wenn man bei uns etwas abgibt, dann sollte es in dem Zustand sein, dass man es selbst noch gut gebrauchen oder tragen könnte“, wünschen sie sich. So sind immer wieder bei den Spenden kaputte und unansehnliche Stücke dabei. Ungewaschene oder gar stark nach Rauch riechende Kleidungsstücke haben in der Kleiderkammer nichts mehr zu suchen. Und zerfledderte Bücher gehören ins Altpapier und nicht in den Bücherbasar. Viel Arbeit und wertvolle Zeit verbringen die freiwillig Helfenden damit, diese unbrauchbare „Spreu vom Weizen“ zu trennen.
So hat inzwischen sogar die Berliner Stadtmission etliche Kleider-Container abgebaut, da in ihnen nur 17 Prozent verwertbare Kleidung landete, dafür aber umso mehr Müll, vom Bauschutt über unspezifische Flüssigkeiten bis hin zu verdreckten Textilien. Und auch die AWO befürchtet, dass dieses Problem zukünftig nun durch die neue, seit Anfang 2025 geltende Getrenntsammlungspflicht für alle Berliner Haushalte sich noch verschärfen könnte: Danach soll Textilmüll nicht mehr im normalen Hausmüll entsorgt werden.
Zweites Leben für Schuh, Shirt & Co
Willkommen in der AWO-Kleiderkammer sind hingegen ebenso die kaum getragenen hohen Lackpumps, die eine einzige unvergessliche Nacht durchtanzten, wie auch die schicke weiße Bluse mit Punkten, die von Anfang an bei der Erstbesitzerin in der Taille kniff und zwischen Trainingsanzug und Jeans im Schrank ein trostloses Dasein fristete. Nun hat sie es sogar bis in die etwas hochwertigere Modeboutique der sozialen Einrichtung geschafft, wo sie von einer Stammkundin mit schmalerer Taille und noch schmalerer Rente für ihre anstehende Goldene Hochzeit geadelt wird. Stets willkommen in der Kleiderkammer sind warme Winterkleidung, Schlafsäcke und Stiefel, gut erhalten und sauber als Spende bei der AWO abgegeben. Da der Standort an der Osdorfer Straße kein Obdachlosenstützpunkt und keine Versorgungsstelle ist und so auch keine Umkleidemöglichkeit hat, wird davon vieles an die Stadtmission weitergegeben, aber auch an soziale Wohnheime und Flüchtlingseinrichtungen. Alles findet dankbare Abnehmer. Kleine Leute begeistern im angegliederten Trödelbasar besonders die Regale mit Spielzeugauto, Puzzle, Spiel & Co. – Auf der einen Seite steigende Kinderarmut, auf der anderen übervolle Kinderzimmer mit unbeachtetem Spielzeug und vernachlässigtem Teddy. – Hier bei der AWO bekommen sie eine zweite, wenigstens etwas ausgleichende Chance, zaubern sie Lächeln in kleine Gesichter.
Und auch Alltagsgegenstände wie Topf, Pfanne oder Bügeleisen warten gegen geringes Entgelt auf Käufer. Beim Porzellan findet man mit etwas Glück sogar Rosenthal und Hutschenreuther – und vielleicht auch Ersatz für die Tasse vom guten, nicht mehr im Handel erhältlichen Feiertagsservice, die Tante Rosi Weihnachten nach dem dritten Glühwein glückstrunken zertöppert hat.
Auch an kleine und große Bücherwürmer ist gedacht: Im Bücherbasar findet sich zu gutem Preis – schon ab 1 Euro – für jeden Geschmack der passende Lesestoff: Kochbuch, Roman oder Sachbuch, die Auswahl könnte manch öffentliche Bibliothek neidisch machen. Wer will, kann am langen Tisch vor Ort gleich eine kleine Lesepause einlegen. Unterstützt wird der Bücherfundus durch die vier Kirchengemeinden Alt -Buckow, Mariendorf Süd, die Paulus Gemeinde und Kirche Heimat sowie durch ein Antiquariat.
Spenden, Stöbern und Shoppen erwünscht
Wer selbst stöbern und kaufen oder Spenden in der Kleiderkammer abgeben möchte, kann dies im Reinhold-Voht-Haus des AWO Kreisverband Südwest jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag in der Zeit von 10 bis 14 Uhr. Montag und Freitag ist geschlossen. Darüber hinaus gibt es 12 Verkaufs-Sonntage im Jahr. Nächste verkaufsoffene Sonntage sind der 16. Februar und der 16. März. Dann haben Bücherbasar, Trödelboutiquen sowie die Modeboutique jeweils in der Zeit von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Und auch den beliebten Oster- und Frühlingsbasar wird es in diesem Jahr mit Aktivitäten für Kinder, Kaffee und Kuchen sowie Frühlingsartikeln wieder geben. Schon heute vormerken: Den 12. April von 11 bis 16 Uhr. Der Erlös aus den Verkäufen wird für die soziale Arbeit der AWO Südwest e. V. verwendet.
Beratungen und mehr
Das soziale Angebot der AWO für seine Mitmenschen ist groß, allein der Kreisverband Südwest hat ein breites Spektrum an Beratungen, von der Beratung zur Rentenversicherung über die Familienberatung bis hin zur Vermittlung an spezielle Beratungsstellen. Geplant sind auch wieder Computerkurse. Für bereits 2,50 Euro monatlich kann man AWO-Mitglied werden und das Veranstaltungsprogramm nutzen. Dazu gehören gemeinsame Kiezspaziergänge, Ausflüge, ebenso regelmäßige Veranstaltungen wie saisonale Essen. In den Räumen des Reinhold-Voht-Hauses treffen sich die Bingogruppe, Briefmarkenfreunde, die Selbsthilfegruppe Sucht und die Skatgruppe. Die WGs des Betreuten Gruppenwohnens liegen alle in Tempelhof-Schöneberg, die Einzelwohnungen (Betreutes Einzelwohnen) z.T. in Zehlendorf.
Als besonderes Kooperatives Mitglied der AWO bietet „Das Putzmobil für ganz Berlin“ von Silvia Fritze kleine Haushaltshilfen vom Standort Südwest aus an, erreichbar über Telefon 030 – 71 39 17 24. Die Kosten dafür können unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Sozialgesetzbuch vom Sozialamt übernommen werden.
Weitere Informationen zum AWO Kreisverband unter www.awo-suedwest.de
Kontakt für interessierte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer unter Telefon 030 – 713 87 090.
Jacqueline Lorenz
Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Südwest e. V.
Reinhold-Voht-Haus Soziale Dienste
Osdorfer Straße 121
12207 Berlin