Kriegsende 1945: zwischen Kapitulation und Befreiung
Neue Ausstellung im Heimatmuseum

Erschienen in Gazette Zehlendorf Mai 2025
Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Aus diesem Anlass eröffnet der Heimatverein Zehlendorf in Kooperation mit der Paulus-Kirchengemeinde eine Sonderausstellung, die sich mit den komplexen Ereignissen und Empfindungen rund um das Kriegsende in Zehlendorf auseinandersetzt.
Feierliche Eröffnung
Die Ausstellung im Heimatmuseum trägt den Titel „Die Stunde Null, die es nicht gab – Zehlendorf ‘45: Zwischen Kapitulation und Befreiung“ und wird am Donnerstag, den 8. Mai – in diesem Jahr Feiertag in Berlin – um 11 Uhr mit einer Gedenkfeier in der Alten Dorfkirche eröffnet. Sie ist bis zum Tag des Offenen Denkmals am 14. September zu sehen.
Zeit des Umbruchs
Die Ausstellung wirft einen differenzierten Blick auf die Zeit des Umbruchs, indem sie die Frage aufwirft, ob das Kriegsende für die Zehlendorfer Bevölkerung eine Kapitulation, eine Befreiung oder etwas dazwischen war. Anhand von Tagebuchaufzeichnungen, Briefen und anderen historischen Dokumenten werden unterschiedliche Perspektiven beleuchtet.
Verdrängung der Schuld
Ein zentrales Thema ist die Auseinandersetzung mit Schuld und Verantwortung nach dem Ende der NS-Herrschaft. Zitate von Zeitzeugen wie William L. Shirer und Johannes R. Becher verdeutlichen, dass Schuldgefühle und Bedauern über die Kriegsverbrechen keineswegs allgegenwärtig waren. Die Ausstellung konfrontiert die Besucher mit der Frage, wie die deutsche Gesellschaft mit der Vergangenheit umging und welche Rolle Verdrängung und Schweigen spielten.
Überleben in einer Mischehe
Ein besonderer Fokus liegt auf den persönlichen Erfahrungen der Zehlendorfer Bevölkerung. So wird die Geschichte der Familie Alenfeld erzählt, die mit einem jüdischen Vater und Ehemann in einer „Mischehe“ die NS-Zeit durchlebte und das Kriegsende als Befreiung empfand. Dem gegenüber stehen Berichte über Selbstmorde und Verzweiflung, die das Ausmaß der persönlichen Tragödien verdeutlichen. Auch die Vergewaltigungen, die Frauen nach der Besetzung durch sowjetische Soldaten erleiden mussten, wird thematisiert, ein lange Zeit tabuisiertes Kapitel der Nachkriegsgeschichte.
Folgen der Besatzung
Die Ausstellung beleuchtet auch die unmittelbaren Folgen des Kriegsendes für die Zehlendorfer Bevölkerung. Die Versorgungslage, die Beschlagnahmung von Wohnraum durch die Besatzungsmächte und der Übergang vom sowjetischen zum amerikanischen Sektor werden ebenso thematisiert wie die schwierige Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit.
„Persilscheine“ für Nazis
Ein weiterer Aspekt ist die sogenannte „Entnazifizierung“, die von den Alliierten durchgeführt wurde. Die Ausstellung zeigt, dass diese Verfahren oft scheiterten und zu einer kollektiven Weigerung führten, sich ernsthaft mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die Ausstellung geht auch der Frage nach, warum Erich Alenfeld, selbst jüdischer Abstammung, zahlreiche „Persilscheine“ für vermeintliche NS-Täter ausstellte und welche Motive dahinter stecken mochten.

Vorbereitende Lektüre
Zur Vorbereitung auf den Besuch der Ausstellung empfiehlt der Heimatverein die Lektüre des Buches „Krieg ist schrecklich, mein Kind“, herausgegeben von Wolf-Dieter Glatzel, das Erinnerungen von Zehlendorferinnen und Zehlendorfern an das Kriegsende 1945 versammelt. Zudem wird auf die Biografie „Warum seid ihr nicht ausgewandert? Überleben in Berlin 1933 bis 1945“ von Irène Alenfeld verwiesen, die die Geschichte der Familie Alenfeld detailliert schildert.
Eröffnung: 8. Mai 2025, 11 Uhr mit Gedenkfeier in der Alten Dorfkirche Zehlendorf.
Ausstellungsdauer: 8. Mai bis 14. September 2025 (Tag des Offenen Denkmals)
Heimatmuseum Zehlendorf, Clayallee 355, www.heimatmuseum-zehlendorf.de