„Tag der offenen Tür“ in „Saitenschiff“ und „Nähwerkstatt“
25 Jahre sinnstiftende Arbeit
Erschienen in Gazette Steglitz Oktober 2024
Am 10. Oktober 2024 laden die Reha-Steglitz gGmbH sowie das Saitenschiff- und Nähwerkstatt-Team in der Zeit von 12 bis 17 Uhr zu Besichtigung, Austausch, Information und Diskussion, aber auch zum Bestaunen und Ausprobieren in ihre neu gestalteten Werkstätten in der Bergstraße 1 nach 12169 Steglitz (ehem. Alte Steglitzer Post). Musikalische Klänge – nicht nur auf Saiteninstrumenten – und eine flotte Band laden zum entspannten Mitwippen. Näherlebnisse mit bunten fröhlichen Stoffen sind garantiert. Getränke und Leckeres vom Grill sorgen dafür, dass neben der Seele auch der Magen nicht zu kurz kommt. Der „Tag der offenen Tür“ erfolgt im Rahmen der vom 10. bis 20. Oktober stattfindenden „Aktionswoche seelische Gesundheit am Arbeitsplatz“, die in diesem Jahr unter dem Motto steht „Hand in Hand für seelische Gesundheit am Arbeitsplatz“. Gleichzeitig will die Veranstaltung auf 25 Jahre sinnstiftende Arbeit im Saitenschiff, Werkstatt und Laden für Musikinstrumente, hinweisen.
Nach dem Auftakeln frische Fahrt aufnehmen
Das Saitenschiff bietet seit bereits 25 Jahren Eingliederungsmaßnahmen in geschütztem Raum für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung wie Angststörung, Depression und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch, die nur schwer einer regelmäßigen Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt nachgehen können und leicht in Isolation und Ausgrenzung geraten. Hier bietet die gemeinnützige Reha-Steglitz gGmbH mit der Trägerschaft ihrer Eingliederungsmaßnahmen in ihren unterschiedlichen Zuverdienst-Sozialbetrieben – darunter auch die jüngere Nähwerkstatt – Betroffenen in geschütztem Rahmen ein niederschwelliges Tätigkeitsangebot ohne äußeren Druck, das ihnen behutsam hilft, aus eigener Motivation in die Gesellschaft zurückzufinden und sich langfristig zu stabilisieren. Eine für die ausgeführte Tätigkeit geringfügige finanzielle „Motivationszuwendung“ hilft nicht zuletzt dabei, das eigene Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen zu stärken.
Im Saitenschiff werden seit nunmehr 25 Jahren relativ kostengünstig Reparaturen an Saiteninstrumenten von der Violine bis Gitarre ausgeführt und erwartet außerdem ein umfangreiches Zubehör- und Musikinstrumentenangebot den Kunden. Dabei arbeitet die Werkstatt ausgesprochen ressourcenschonend und nachhaltig. Doch wo gehobelt wird, fallen bekanntlich auch Späne. Und so wurde auch hier im Saitenschiff nach so vielen Jahren ein „Auftakeln“ notwendig. Das konnte im vergangenen Jahr mithilfe von Fördergeldern vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Angriff genommen werden. Ein Jahr dauerten die Sanierungs-, Umbau- und Renovierungsmaßnahmen, die nun am „Tag der offenen Tür“ ein frisch aufgetakeltes Saitenschiff vorweisen, das zukünftig – wie auch die 2016 eröffnete Nähwerkstatt – mehr Betroffenen ein erweitertes Angebot unterbreiten kann, um sich in den Werkstätten zu stabilisieren. Derzeit arbeiten 31 Menschen dort.
Die Idee ...
Beim Antrag auf finanzielle Zuwendung ging es den Antragstellern darum, damit eine intensive Reinigung mit anschließender Renovierung des Saitenschiffs und die dringend erforderliche Erneuerung von Werkzeugen sowie Maschinen für beide Werkstätten sowie die Neu- bzw. Erstanschaffung von Hobelbänken für das Saitenschiff realisieren zu können. Außerdem sollten im Saitenschiff die Lagermöglichkeiten deutlich verbessert werden und eine dringend notwendige Erneuerung der Küchenzeile umgesetzt werden. Für die Nähwerkstatt ging es zudem um die Anschaffung einer Fotoausrüstung, um damit mit geringem Kosten- und Zeitaufwand auch medial arbeiten zu können und somit die Aktivitäten im Rahmen einer dazugehörigen sinnvollen Öffentlichkeitsarbeit deutlich zu verbessern. Diese Investitionen dienen nun zusätzlich der Erweiterung des Angebots an den Arbeitsplätzen und der Verbesserung der Strukturabläufe, der Attraktivität sowie der Zukunftssicherung der beiden Sozialbetriebe.
... und Kraftakt der gemeinsamen Umsetzung
Vor einem Jahr dann begannen endlich die doch stark unterschätzten Räumarbeiten für Team und Beschäftigte. Saitenschiff-Lager, Werkstatträume mussten leergeräumt, die Küchenzeile abgebaut, einiges entsorgt werden. Der Post sei Dank, konnte eine Zwischenlagerung in anderen Teilen des alten Postgebäudes erfolgen. Alle packten an, sodass eine externe Firma die Reinigung der bis zu 4,80 Meter hohen Saitenschiff-Räume mit ihren freiliegenden Rohren und unebenen Wänden vornehmen konnte. Die handwerklichen Dienste der Reha-Steglitz gGmbH stellten eine Arbeitsbühne, die sie selbst bei den anschließenden gut geplanten umfangreichen Renovierungsarbeiten nutzten. Mit dem extra dazu angeschafften Spritzsystem für Dispersionsfarben kam man gut und zeitsparend voran. Von der beeindruckenden Wirkung des Ergebnisses können sich die Besucher am Tag der offenen Tür selbst überzeugen.
Im Rahmen der Arbeiten kamen an den Außenwänden feuchte Flächen mit beginnender Schimmelbildung zum Vorschein, die nach Rücksprache mit Fachleuten und Hausverwaltung erst einmal ausgebessert werden konnten, wenn auch die eigentliche Ursache, die in der Tiefe liegen dürfte, in der Kürze der Zeit noch nicht genau erkannt und beseitigt werden konnte. Im Anschluss wurden planmäßig Regale, Hobelbänke, Maschinen, Werkzeuge, Elemente und Zubehör zur Küchenzeile etc. angeschafft, die zum Teil auch aus anderen Standorten der Reha-Steglitz kommen. Wesentliches Ziel war es, neben Erneuerungen und Erweiterungen die Neugestaltung des Werkstattraums als einen großen Raum ohne Raumteiler sowie die Schaffung von professionellen Einzelarbeitsplätzen mittels neuer Hobelbänke zu erreichen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, zumal die Reparaturarbeiten an den Musikinstrumenten während der Umbaumaßnahmen lediglich für nur eine Woche ruhten.
Doch wie waren die Erfahrungen für die Beschäftigten, die nur bedingt belastbar sind? Werkstattleiter Kemal Simsek erklärt dazu: „Für nahezu alle Beteiligten war der Umbauprozess in unterschiedlicher Weise eine ausgesprochen positive Erfahrung: Sie wirkten voller Zuversicht für ein positives Gelingen erfolgreich mit und sind dabei richtig über sich hinausgewachsen. Dabei erbrachten sie gemeinsame Leistung, indem sie sich aufeinander verlassen haben und als Team agierten. Gleichzeitig wurde das gesamte Projekt von den Beschäftigten als eine Wertschätzung ihres Arbeitsbereiches und damit auch ihres Wirkens wahrgenommen. Und Verbesserungsideen, die nicht zuletzt durch Corona immer wieder verschoben worden waren, konnten jetzt realisiert werden.“
Und auch in der im Verhältnis zum Saitenschiff noch relativ „jungen“ Nähwerkstatt gibt es Neuerungen: Zusätzliche Nähmaschinen und eine zweite Bügelmaschine wurden angeschafft und in die Räumlichkeiten und Arbeitsabläufe integriert. Später kamen ein zusätzlicher Schließfächerschrank, die umfangreiche Fotoausrüstung sowie zwei Tischplatten mit Gestell zur Verlängerung des Zuschneidetisches dazu. – So kann auch hier nun ein erweitertes Angebot Kundenwünsche erfüllen. – Alles in nur einem Jahr umgesetzt in gemeinsamem Wirken für eine wirklich gute Sache.
Weitere Informationen zu Saitenschiff und Nähwerkstatt unter www.reha-steglitz.de.
Jacqueline Lorenz