Tag gegen Gewalt an Frauen
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf November 2024
Der 25. November ist der weltweite Aktionstag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen. Ziel ist es, jegliche Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen und auf das Thema hinzuweisen. In zahlreichen Ländern gibt es bis heute keine rechtlichen Normen zum Schutz von Frauen und Mädchen. Die Gewalt kann dabei viele Formen haben. Als Mittel der Kriegsführung oder auch als Instrument der Unterdrückung durch autoritäre Regimes. Aber auch in unserer Gesellschaft gibt es physische und psychische Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit erheblichen Folgen für die Opfer.
René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher
CDU-Fraktion
„Tage gegen...“ sind im Wesentlichen nichtssagende Symbolpolitik zur Selbstrechtfertigung wichtigtuender Politiker. Man doziert über ein Problem und geht zum Alltag über, oder zum nächsten Problemtag. Die Bürger erwarten, dass über Probleme (z.Zt. verniedlichend „Herausforderungen“) nicht doziert wird, sondern Lösungen gefunden werden. Gewalt gegen Frauen ist – wie auch jede Gewalt gegen sonstige Menschen und Sachen – umfassend abzulehnen. Die Ächtung von Gewalt ist eine der zivilisatorischen Errungenschaften unserer Kultur, im privaten wie im öffentlichen Raum, die keiner von uns zur Diskussion stellen oder gar missen möchte. Umso betrüblicher ist es, dass derzeit ein zivilisatorischer Rückschritt im öffentlichen wie im privaten Raum erfolgt und ein erheblicher Anstieg der Gewaltvorfälle zu registrieren ist. Die vielfach gepriesenen pädagogischen Ansätze zur Prävention haben nicht gewirkt. Der Staat muss Härte gegen die Täter zeigen und unnachgiebig – unabhängig von der kulturellen Prägung des Täters – harte, abschreckende Sanktionen verhängen. Wir dulden keine Gewalt und wollen und werden dies auch jedem klarmachen.
Torsten Hippe
B‘90/Grünen-Fraktion
Vor wenigen Tagen wurde in Zehlendorf eine 36-jährige Frau von ihrem Ex-Mann ermordet. Jede vierte Frau erlebt im Laufe ihres Lebens physische oder sexualisierte Gewalt, häufig in Beziehungen. In Deutschland wird alle zwei Tage eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Im vergangenen Jahr gab es elf Femizide in Berlin und 331 deutschlandweit. Über 132.000 Frauen sind von Partnerschaftsgewalt betroffen und das sind nur die erfassten Fälle. Dies geschieht in allen Gesellschaften und Schichten, patriarchale Strukturen sind tief verwurzelt. Ein Beispiel ist Gisèle Pelicot, die neun Jahre lang von ihrem Ehemann und weiteren 50 Männern vergewaltigt wurde. Auch aktuelle Vorfälle auf dem Oktoberfest zeigen, dass sexualisierte Gewalt nach wie vor präsent ist: Drei von vier Kellnerinnen berichten von Belästigung. Wir Grüne fordern mehr Opferschutz, eine konkrete Betrachtung der einzelnen Schicksale mit Fallkonferenzen, mehr Mittel für Hilfssysteme und die Prüfung elektronischer Fußfesseln mit Smartwatches. Wir müssen jetzt entschlossen für den Feminismus kämpfen und rückschrittlichen Trends entgegenwirken.
Birgit Vasiliades
SPD-Fraktion
Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, wird weltweit auf häusliche Gewalt aufmerksam gemacht. Auch in Berlin bleibt dieses Problem präsent, wie ein besonders drastischer Fall in Steglitz-Zehlendorf zeigt, bei dem vor wenigen Wochen eine 36-jährige Frau mutmaßlich von ihrem Ex-Mann getötet wurde. Bei Fällen wie diesem wird gerne auf den Migrationshintergrund des Täters verwiesen, was jedoch von der eigentlichen Problematik ablenkt: Gewalt gegen Frauen findet mitten in der Gesellschaft statt und kann jede treffen! Trotzdem fehlen im Bezirk und ganz Berlin noch immer ausreichend Schutzunterkünfte für Frauen, die im Notfall adäquate Hilfe leisten können – insbesondere für Frauen mit Kindern sowie für Frauen mit Behinderungen gibt es kaum Plätze. Gleichzeitig setzen wir uns für den Ausbau von präventiven Maßnahmen ein, etwa für Aufklärung an den Schulen. Für eine größere Sensibilisierung im Stadtbild sorgen die „Roten Bänke“, die Gewalt an Frauen thematisieren. Dialogdisplays mit anonymisierten Falldaten könnten zudem die tragischen Zahlen verdeutlichen und zeigen: Gewalt an Frauen geht uns alle an!
Carolyn Macmillan
FDP-Fraktion
116016 – sechs Zahlen, die jede Frau kennen sollte. Das bundesweite Hilfstelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist täglich rund um die Uhr anonym, kostenfrei und mehrsprachig erreichbar. Immer noch ist jede dritte Frau in Deutschland von sexueller oder körperlicher Gewalt betroffen. Meist stehen physische Handlungen gegen Frauen im Fokus der Öffentlichkeit. Erst im Spätsommer erschütterte uns der Mord an einer Mutter in Zehlendorf. Doch Gewalt gegen Frauen beginnt schon viel früher: Obszöne Worte oder Gesten sind für Frauen eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit. Es kann nicht sein, dass Frauen im öffentlichen, beruflichen oder privaten Raum bestimmte Orte oder Situationen meiden müssen, um Belästigungen oder Bedrohungen zu entgehen. Das darf niemand tolerieren! Wir Freie Demokraten (FDP) verurteilen jegliche Form geschlechtsspezifischer Gewalt. Frauen, die Gewalt erleben, müssen sich unserer Unterstützung sicher sein. Dafür braucht es noch mehr Frauenhäuser, verstärkte Präventions- und Täterarbeit, eine bessere Koordination der verschiedenen Akteure in Bund und Ländern und mehr Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen.
Katharina Concu
AfD
„Das junge Mädchen entwickelt einen Waschzwang. Sie dusche 5-6 Mal am Tag, heißt es in den Gerichtsakten, … Nach jedem Duschen habe sie stets ein frisches Handtuch benutzt und frischgewaschene Kleidung angezogen. … Darüber hinaus hat sie nach der Tat eine Schlafparalyse entwickelt, bei der sie immer wieder denselben Traum hat, in dem sie wehrlos auf dem Bett liegt und ein Mann auf sie einsticht. Deshalb befinde sie sich aktuell in einer Therapie, um das Erlebte zu verarbeiten“, Textauszug aus ‚Die Vergewaltigungs-Akte Schlachtensee‘, nius.de, 1.10.24. Das Mädchen (14) wird im Frühsommer 2023 Opfer einer Gruppenvergewaltigung. Der Fall wird zum bundesweiten Politikum. 2023 zählt Berlin insgesamt 111 Gruppenvergewaltigungen – Tendenz steigend. 2024: Februar, U3 Krumme Lanke, eine Frau (63) wird vergewaltigt. August: Zehlendorf Mitte, eine Frau (36) wird auf brutalste Weise niedergestochen. Die Täter haben alle eins gemeinsam: keinen Respekt vor Frauen, einer linksgrünen Gesellschaft und einem Rechtsstaat, der zu oft die Täter als die Opfer schützt. Kein Wunder, dass junge Leute in Scharen die AfD wählen. Machen Sie das auch!
Peer Lars Döhnert
Die Linke
Alle vier Minuten erleben Frauen in Deutschland Gewalt und jeden zweiten Tag kommt es zu einer Tötung. Deswegen braucht es klare Maßnahmen und auch eine klare Sprache bei Gewalt an Frauen! Femizide müssen benannt werden: Die Linke fordert eine Definition von Femiziden durch die Bundesregierung sowie deren Erfassung durch eine unabhängige Beobachtungsstelle. Auch muss zu Femiziden geforscht werden, damit gezielte Maßnahmen zur Verhinderung entwickelt werden können. Das aktuelle Sexualstrafrecht („Nein heißt Nein!“) muss um den Grundsatz „Nur Ja heißt Ja!“ und die Aufnahme von weiteren Straftatbeständen ergänzt werden. Es braucht einen bundesweiten Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Sexismus, der mindestens Fortbildungen der Polizei sowie schulische Weiterbildungen zum Thema Sexismus und Gleichberechtigung der Geschlechter umfasst. Auch die bedarfsgerechte und langfristige Finanzierung von Frauenschutzhäusern, Beratungs- und Hilfsangeboten; ein flächendeckendes und kostenloses Angebot an psychologischer Betreuung sowie an Kursen zur Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen müssen sichergestellt werden.
Dennis Egginger-Gonzalez
Weitere Informationen zur BVV und den Sitzungsterminen finden Sie unter www.berlin.de/-ii23015