Erschienen in Nikolassee & Schlachtensee Journal August/September 2017
Lärmende Erholungssuchende gegen ruhesuchende Anwohner – ein Streit, der über Jahrhunderte immer wieder aufflammt. So kam es auch am ruhigen Wannsee zu Konflikten – die Villenbesitzer, die die Ruhe ihrer beschaulichen Sommersitze genießen wollten, beschwerten sich über die lärmenden Besucher im Strandbad Wannsee.
Mit der Bahnverbindung Richtung Wannsee kamen nicht nur die Bewohner der Villenkolonie problemlos hierher. Auch viele Arbeiter, die in lichtarmen, engen Wohnungen hausten, entdeckten die Vorzüge der guten Verkehrsanbindung. Das Wannseeufer mit seinem Strandbad und den vielen Ausflugslokalen bot Licht, Sonne und Badespaß. Die perfekte Erholung und Ablenkung vom grauen Alltag. Den Bewohnern eines „der vornehmsten und ruhigsten Wohnorte in der Nähe Berlins“ schmeckte das gar nicht. Sie blieben nicht untätig und so ging am 28. Januar 1912 ein vierseitiger Brief bei der königlichen Regierung in Potsdam ein, in dem sich 28 Wannsee-Villenbesitzer, unter ihnen auch Max Liebermann – über die „eingerissenen Zustände“ am gegenüberliegenden Wannseeufer, beschwerten. Der Lärm machte eine „geistige Konzentration oder ein Ausruhen unmöglich“, so die Beschwerdeführer.
Die Ausstellung Streit am Wannsee untersucht den Konflikt zwischen Villenbesitzern und Ausflüglern des Strandbades unter künstlerischem Aspekt. Mit einer Auswahl von Werken, u. a. von Max Liebermann, Philipp Franck, Hugo Vogel, Paul Paeschke und Heinrich Zille werden diese zwei Seiten des Lebens am Wannsee vorgestellt, die unterschiedlicher nicht sein konnten: einerseits der Wannsee als Rückzugsort für die Berliner Oberschicht andererseits als „Badewanne“ für Berliner Arbeiterfamilien.
Die Ausstellung Streit am Wannsee – von noblen Villen und Strandbadfreuden ist bis zum 3. Oktober in der Liebermann-Villa zu sehen, www. liebermann-villa.de.
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