Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Januar 2020
Seit einigen Jahren suchte das Bezirksamt eine entsprechende Liegenschaft bzw. ein Gebäude, sowie einen Betreiber für ein Unterbringungsangebot für obdachlose Menschen in der kalten Jahreszeit in Steglitz-Zehlendorf. Seit 1. November nunmehr steht eine Einrichtung für 30 Personen in der Bergstraße in Wannsee zur Verfügung. Auch in der Bezirksverordnetenversammlung wurde dieses Thema diskutiert. Im Folgenden stellen die Fraktionen ihre Sicht hierzu dar.
Wenn der Winter kommt, ist es Zeit für die Kältehilfe. Denn nicht für jeden ist es eine Selbstverständlichkeit, ein Dach über dem Kopf zu haben. Die Kältehilfe wird von der zuständigen Senatsverwaltung als gesamtberliner Aufgabe wahrgenommen. Pünktlich zum Stichtag am 1. November 2019 ist unser Bezirk mit seiner Kältehilfe in der Bergstraße 4 (Wannsee) an den Start gegangen. Eine geeignete Immobilie ist gefunden sowie ein verlässlicher Partner als Betreiber gewonnen worden. Insgesamt stehen 30 Betten zur Übernachtung zur Verfügung. Es gibt Duschen, Essen und Getränke. Außerdem wird warme Kleidung bereitgestellt. Die Kältehilfe ist aber nur ein letztes Notsystem. Nachhaltige Lösungen sind gefordert, um die Ursachen von Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Denn das Senatssystem der permanenten Ausweitung der Kältehilfe ist der falsche Weg. Mit immer mehr Plätzen wird das eigentliche Problem nicht gelöst. Es muss endlich mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Doch auch hier versagt der Senat auf der ganzen Linie.
Ralf Fröhlich
Auch in Steglitz-Zehlendorf gibt es 2019/2020 endlich wieder einen Kältehilfe-Standort. Noch vor ein paar Wochen sah dies allerdings anders aus. Im September 2019 konnte seitens des Bezirksamtes kein konkreter Termin für die Inbetriebnahme der neuen Kältehilfe-Einrichtung in der Bergstraße in Wannsee genannt werden. Dies hätte möglicherweise ein weiteres Jahr in Steglitz-Zehlendorf ohne einen Kältehilfe-Standort bedeutet – trotz eines BVV-Beschlusses zum Standort Bergstraße seit Anfang des Jahres. Aus diesem Grund war es für uns selbstverständlich, dass wir die Kältehilfe seit September bis zur Mitteilung des Eröffnungstermins immer wieder auf die Tagesordnung der BVV geholt haben. Mit der Eröffnung Anfang November endet – hoffentlich nicht nur kurzfristig – die langwierige Debatte um einen Kältehilfe-Standort im Bezirk. Für uns als SPD-Fraktion ist immer klar gewesen, dass auch wir im Bezirk Kältehilfe-Plätze benötigen, um obdachlosen Menschen unbürokratisch in der kalten Jahreszeit Übernachtungsplätze anbieten zu können. Diesen Prozess haben wir immer begleitet und werden dies zukünftig auch weiter tun.
Olemia Flores Ramirez
Seit dem 1. November 2019 hat auch Steglitz-Zehlendorf eine Notunterkunft für obdachlose Menschen. Die „Kältehilfe“ befindet sich in der Bergstraße in Wannsee und sie bietet 30 Personen Platz.
In einer Stadt wie Berlin, in einem Land wie Deutschland, sollte es eigentlich niemanden geben, der auf der Straße leben muss. Wird es im Winter zudem gefährlich kalt, sollte eine solche Unterkunft eine Selbstverständlichkeit sein.
Wir Freie Demokraten (FDP) haben die Einrichtung der Kältehilfe stets eingefordert, angemahnt und unterstützt. Wir verstehen es daher nicht, warum der Bezirk für die Einrichtung dieser Übernachtungsmöglichkeit Jahre gebraucht hat. Die Einrichtung der „Kältehilfe“ ist eine elementare bezirkliche Aufgabe und es drängt sich die Frage auf, wie leistungsfähig die Bezirksverwaltung tatsächlich ist, wenn man bereits für solche Sozialstandards Jahre zur Realisierung braucht. Ob die 30 Plätze ausreichen, bleibt abzuwarten und hängt natürlich vom Winter ab. Auf Nachfrage verweist Stadtrat Mückisch auf die gesamtstädtische Verantwortung der Sozialarbeit in Berlin. Wollen wir hoffen, dass es ein milder Winter wird.
Andreas Thimm
20 Fußminuten vom S-Bahnhof Wannsee entfernt liegt die neue Kältehilfe-Einrichtung des Bezirkes. Maximal 30 Menschen finden dort Platz – leider kein Grund zum Feiern und sich selbst auf die Schulter Klopfen.
Das Bezirksamt leistet nur eine minimale Notversorgung. Ende 2019 gab es in den anderen 11 Bezirken insgesamt rund 1100 Plätze. Mangels politischen Willens war unser Bezirk im letzten Winter sogar der einzige ohne Kältehilfe. Erschreckend ist auch, dass CDU und Grüne mehrmals in der BVV sagten, Obdachlose sollen doch in anderen Bezirken übernachten. Diese Haltung ist ignorant, verantwortungslos und unsozial.
Steglitz-Zehlendorf steht weiter in der Pflicht, ein mit anderen Bezirken vergleichbares Angebot einzurichten. Das verlangen wir von der schwarz-grünen Zählgemeinschaft! Es fehlen auch bei uns Familien- und Mutter-Kind-Plätze sowie Unterkünfte für Menschen mit Tieren. Am 29.1.2020 werden in Berlin in der „Nacht der Solidarität“ Obdachlose von fast 4000 Freiwilligen gezählt, befragt und mit Informationen versorgt. Der R2G-Senat wird anhand der Ergebnisse seine Hilfsangebote ausrichten. So geht soziale Verantwortung!
Dennis Egginger-Gonzalez
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