Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal Februar/März 2020
Es heißt, Gott habe Eva aus einer Rippe Adams gestaltet – und auch der Frauenchor Zehlendorf 1952 ist aus dem „Männergesangsverein 1873 Zehlendorf“ hervorgegangen, wurde am 3. März 1952 gegründet.
Die weibliche Selbstständigkeit aber ist vorangeschritten, und während sich der Männerchor wegen Nachwuchsmangels inzwischen aufgelöst hat, jubilieren 34 aktive Sanges-Damen weiter in klaren Tönen und denken nicht daran, aufzuhören, auch wenn sie die gemeinsamen Auftritte mit dem Männerchor manchmal vermissen.
Einige sind schon weit über 40 Jahre dabei, manche zwischen 25 und 30 Jahren. Die meisten kommen aus dem Bezirk und aus Nachbarbezirken. Das Durchschnittsalter der Chorsängerinnen liegt zwischen 60 und 70 Jahren, neue singfreudige weibliche Mitglieder – auch unter sechzig oder über siebzig – sind in dem Laienchor zum Mitsingen herzlich willkommen. Besonderer Bedarf besteht an mittleren Stimmen wie Sopran 2 und Alt 1. Jeden Mittwoch von 19 – 21 Uhr ist Probe im Hans-Rosenthal-Haus, Bolchenerstraße 5 in Berlin-Zehlendorf, bei der sich potentielle Sängerinnen vorstellen können. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt 120 Euro.
So ist das Motto des Frauenchors, der die soziale Komponente in seinen Reihen als wichtigen Aspekt pflegt. So haben die Frauen, die mit ganz unterschiedlichen musikalischen Vorerfahrungen eintraten, alle gut zusammengefunden und treffen sich auch mal privat zum Wandern oder Kinobesuch. Sie sind im Dachverband Steglitz-Zehlendorfer Seniorenvereinigungen und angeschlossen an den Chorverband Berlin, an dessen Veranstaltungen sie aktiv teilnehmen. Außerdem verbindet sie eine über 50-jährige Freundschaft mit dem niedersächsischen Frauenchor Lauenau. Beide Chöre besuchen sich in regelmäßigen Abständen.
Zu dem Teltower Männerchor ist ein neuer Kontakt entstanden, den es nun auszubauen gilt. Gern gesehener Gast ist der Frauenchor auf der Steglitzer Woche und in den Senioreneinrichtungen des Bezirks, dann meist mit weißer Bluse und pink oder orange Schal.
Heidrun Nicking ist seit nahezu 46 Jahren als 1. Sopran im Frauenchor dabei. Im Urlaub hatte sie eine Sängerin kennenglernt, und da sie bereits im Schulchor gerne gesungen hatte, ging sie zum Probesingen und blieb. Inzwischen ist sie 2. Vorsitzende des Dachverbandes und als 1. Vorsitzende der gemeinnützigen Chorvereinigung deren organisatorische Leiterin. „Einer muss den Hut ja aufhaben“, erklärt die ehemalige Chefsekretärin, erfreut über die vor kurzem geschlossene Zusammenarbeit mit dem gemischten Chor des Deutsch-Japanischen Zentrums: „Eine gegenseitige Bereicherung, wir versprechen uns von dem Chor frische Impulse und neue Herausforderungen.“
Am 26. April tritt der Frauenchor beim diesjährigen Hanami-Kirschblütenfest in Teltow auf.
Der vierstimmige Frauenchor Zehlendorf verfügt über ein breites und recht anspruchsvolles Repertoire, wobei besonders die Vielfalt zählt. Etwa 150 internationale und deutsche Volkslieder, Stücke alter Meister, aber auch zeitgenössische Kompositionen beherrschen sie. Und dann sich da noch die über 120 Weihnachtslieder, deren Noten nach dem alljährlichen Höhepunkt – dem Konzert in der Ev. Pauluskirche in Zehlendorf – nun erst einmal wieder nach unten gepackt worden sind.
Seit einem Jahr ist die Sängerin und Gesangspädagogin Marta Herrera musikalische Leiterin. Die temperamentvolle Spanierin ist Nachfolgerin von Gustavo LaCruz, der den Frauenchor 16 Jahre leitete und nun im Thüringischen Schmölln Kantor geworden ist.
„Ich bin von den Frauen sehr gut aufgenommen worden“, erklärt Marta, die in Madrid Gesang studierte und vor 12 Jahren ihr Gesangsdiplom am britischen Associated Board of the Royal Schools of Music erwarb. Ergänzend an der Universität Mozarteum in Salzburg ausgebildet, besitzt sie umfangreiche Ensemble- und Solo-Erfahrung mit Schwerpunkt Kammermusik. Chorleitung studierte die Spanierin in den Chorleiterseminaren des Chorverbandes Berlin.
Dass das vorgetragene Repertoire genau auf den jeweiligen Anlass zugeschnitten ist, nicht nur Marta Herrera ist das wichtig. Und sie betont: „Doch möchte ich nicht am Repertoire kleben bleiben“, und denkt dabei an neue Stücke und spannende musikalische Herausforderungen für die Frauen.
Die Mittwochs-Proben beginnen mit Lockerungsübungen und Einsingen, bevor Titel aus dem Repertoire vom Blatt gesungen vertieft werden. Nach der Pause, in der Organisatorisches besprochen wird, geht es weiter. „Beachtet die Dynamik besser! Bei den Tönen nach unten denken! Nicht so lange den Ton halten, dann habt ihr mehr Zeit zum Einatmen“, sind nur einige der fachkundigen Ratschläge, die Chorleiterin Marta den Frauen gibt. Es geht dabei freundlich, aber diszipliniert zu – und das Ergebnis später vor Publikum kann sich hören lassen.
Jacqueline Lorenz
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2022