Erschienen in Wannsee Journal Februar/März 2020
Noch bevor die erste Glienicker Brücke die Havel überquerte, stand ein kleines Häuschen auf einem Hügel. Es stand auf dem Gelände, das heute als Glienicker Park bekannt ist. Damals diente es einem Weinmeister, der die Aufgabe hatte, die nahen Weinberge zu bewachen. Dieses erste Gebäude wurde im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt, später jedoch erneut aufgebaut. Als der Hofrat und Arzt Johann Jakob Mirow das Gelände kaufte, gehörte das Weinmeisterhäuschen zu dem Gut, das Mirow errichten ließ. Doch schon bald ging dem Hofrat das Geld aus und das Gut wurde versteigert. Karl August Graf zu Lindenau war einer der späteren Besitzer des Guts. Nach einem eiskalten Winter gingen die Weinreben in der Gegend ein, so dass das Weinmeisterhäuschen keine Bedeutung mehr hatte. Es wurde zu einem Wohnhaus für Angestellte.
Im Jahr 1824 kaufte Prinz Carl von Preußen das Gut und baute es um. Der Prinz begeisterte sich für vieles – unter anderem für Schiffe. So ließ er zu seinem Vergnügen eine kleine Havelflotte über den Jungfernsee fahren. Hierzu benötigte er vier Matrosen. Als Wohnhaus für die Matrosen wurde das ehemalige Weinmeisterhaus ausgewählt und von dem Baumeister Ludwig Persius umgestaltet. Besonderer Blickfang des Hauses ist ein kleiner Turm. Persius ließ ihn damals mit einer Spitze ausstatten, die an einen Narwal-Zahn erinnerte. Am Giebel zierte ein Delfin das Haus und deutete zusätzlich auf den maritimen Beruf der Bewohner hin. Diese wurden nach dem Tod des Prinzen Carl nicht mehr gebraucht, seine Erben hatten kein Interesse an der Jacht und den Matrosen. Später wurde es zu einem normalen Wohnhaus. Heute steht das Haus unter Denkmalschutz und sieht ziemlich restaurierungsbedürftig aus.
Der Potsdamer Ludwig Persius (1803 – 1845) begann nach dem Abschluss des Gymnasiums an der Bauakademie Berlin eine Ausbildung zum Feldmesser. Als Baukondukteur arbeitete er erstmals mit Karl Friedrich Schinkel zusammen. Nachdem er Mitglied im Architektenverein zu Berlin wurde, konnte er als bauausführender Architekt unter der Leitung von Schinkel am Bau von Schloss Glienicke mitarbeiten. 1834 wurde er königlicher Hofbaumeister und 1841 Hofarchitekt vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. Er führte auch Arbeiten für Fürst Pückler-Muskau aus. Zu seinen Werken im Park Glienicke gehören neben dem Matrosenhaus das Stibadium, das Gärtner- und Maschinenhaus, die Teufelsbrücke, die Orangerie und die Treibhäuser. Auch beim Umbau des Schlosses in Glienicke war er federführend beteiligt.
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