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Schul- und Stadtteilmuseum Friedenau zu Gast bei Dilek Kalayci

2. Ausstellung der Friedrich-Bergius-Schule präsentiert historische Ansichten

Schulleiter Michael Rudolph und Senatorin Dilek Kalayci.
Schulleiter Michael Rudolph und Senatorin Dilek Kalayci.
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau März 2020
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Deutschlands einzige Schule, die Träger eines eigenen Museums ist, stellt im Stadtteilbüro der Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Dilek Kalayci zum zweiten Mal aus: Die Friedrich-Bergius-Schule präsentiert „Friedenau in farbigen historischen Ansichten“.

Nach einer ersten erfolgreichen Ausstellung zum Thema „Sportpark Friedenau“ hat die Arbeitsgemeinschaft der Schule nun aus rund 2.000 historischen Postkarten des Schul- und Stadtteilmuseums neun Karten ausgewählt, mit denen sie in 80 x 100 cm Vergrößerung dem Betrachter Einblick ins Friedenau vor dem ersten Weltkrieg gewährt. Ansichtskarten von der Rheinstraße, der Kaiser-Allee und der Rubensstraße grüßen von damals.

Damit leistet die Friedrich- Bergius-Schule gemeinsam mit dem Stadtteilbüro einen wichtigen Beitrag für das Geschichtswissen und seine Bedeutung.

Schulleiter Michael Rudolph betonte dazu anlässlich der Ausstellungseröffnung vor den zahlreichen Gästen, zu denen auch der Bürgermeister von Berlin-Schöneberg a.D. und Kunstpädagoge Michael Barthel zählte: „Die Geschichte wird heute kein hoher Stellenwert mehr beigemessen. Wie aber will man aktuelle Europa- und gar Welt-Politik verstehen, wenn das grundlegende Geschichtswissen fehlt?“

Hausherrin Dilek Kalayci dankte der Schulinitiative für ihr Engagement mit den Worten: „Eine sehenswerte Ausstellung, der Einmaliges zu Grunde liegt: Eine Arbeitsgruppe junger Historiker bewahrt gemeinsam mit Lehrern und ihrem Schul-Museum Geschichte und macht sie hochspannend sichtbar.“

Die Ausstellung an der Schmiljanstraße 17 ist bereits die 21., die im Friedenauer Büro der Senatorin stattfindet. In jeweils rund dreimonatigem Präsentations-Zeitraum gibt sie Künstlern und der Kunst Gelegenheit, sich der Öffentlichkeit vorzustellen.

Gestern in Deutschland und Friedenau

Schulleiter Michael Rudolph, der trotz pensionsfähigen Alters noch ein weiteres Jahr im Schuldienst und für seine Schüler verständnisvoller Ansprechpartner bleiben dürfte und bekannt für seine präzise vorbereiteten und spannenden Vorträge ist, fesselte die ersten Ausstellungs-Besucher dann auch mit seiner kurzweiligen Ausführung über die Geschichte der Postkarte und des Farbdruckes:

Die älteste Postkartenvorlage der Ausstellung ist vom 28. September 1899, wie auf der Vorderseite der Karte zu lesen ist. Beschriften war zu dieser Zeit nur auf der Vorderseite der Postkarten gestattet, die Rückseite war ausschließlich der Adresse und der Marke vorbehalten.

Gibt es heute kaum noch Postkarten über Friedenau zu erwerben, war die Auswahl um die Jahrhundertwende erstaunlich, wie der umfangreiche Karten-Fundus der Friedrich-Bergius-Schule beweist. Man war stolz auf das Haus, in dem man in Friedenau wohnte, auf seinen Stadtteil und zeigte das gern auf der Postkarte auch anderen, hatte der Begriff „Heimat“ doch eine besondere Bedeutung.

Galt die als eine der ersten am 5. Dezember 1866 versandte „Correspondenz Carte“ wegen ihres offen lesbaren Inhalts noch als „unmoralisch“, sollte sich das bald ändern.

Der deutsche Generalpostdirektor Heinrich von Stephan war es, der den Weg der Postkarte ebnete: Am 15. September 1874 führte er Postvertreter aus 22 Staaten in Bern zum ersten Weltpostkongress zusammen. Der dort gegründete „Allgemeine Postverein“ war die Vorstufe des später gegründeten „Weltpostvereins“ und des 1878 geschlossenen Weltpostvertrages zur Einführung einheitlichen Standards im internationalen Postverkehr. Ende des Jahrhunderts gehörten ihm alle wichtigen Staaten der Erde – außer China – an.

Der als Organisator des deutschen Postwesens geltende Generalpostmeister gründete 1872 das noch heute bestehende Deutsche Postmuseum in Berlin. Er schloss 1875 das Telegrafenwesen der Post an und verband darüber nahezu alle wichtigen deutschen Städte mit Telegrafenkabeln.

Mitte der 1890er-Jahre erlangte die Ansichtskarte im deutschsprachigen Raum ihren Durchbruch.

Pioniere

Die damaligen sogenannten Farbpostkarten, wie sie auch in der Ausstellung zu sehen sind, waren handkolorierte schwarz-weiß-Aufnahmen und Lithografien (Steindrucke). Den Farbdruck gab es noch nicht. Postkarten wurden fortlaufend auf Rollen gedruckt und dann zurechtgeschnitten.

Einer seiner Pioniere, der wertvolle Vorarbeit für den späteren Farbdruck leistete und Grundkenntnisse lieferte, kam aus Friedenau: Der 1881 in Berlin geborene Rudolf Fischer besuchte das Gymnasium Steglitz an der Heesestraße und studierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität Chemie.

1906 trat er in die Neue Photografische Gesellschaft in Steglitz ein und erwarb auf dem Gebiet der Farbfotografie wichtige Erkenntnisse, die auf dem Prinzip der Dreifarbenmischung (Blau, Grün, Rot) beruhten. 1913 meldete Fischer Patente zur Herstellung farbiger photographischer Bilder an, doch der Erfolg blieb ihm aufgrund der zu dieser Zeit noch mangelhaften Emulsionstechnik verwehrt.

Erst nach dem 1. Weltkrieg und der Inflation ging es mit der Farbfotografie voran: Den Firmen AGFA/Wolfen und Kodak/Rochester gelangen nach Entwicklung brauchbarer Verfahren für die Farbfotografie erste Versuchsaufnahmen anlässlich der Olympiade 1936. Fünf Jahre später wurde als erster deutscher Farbfilm „Frauen sind doch bessere Diplomaten“ gedreht.

Aber auch an weitere „Pioniere“ aus dem Bezirk erinnerte Schulleiter Rudolph bei der Ausstellungseröffnung: Ein altes Grammophon mit Schellackplatten aus dem Museumsfundus lockerten den Abend mit musikalischen Erinnerungen auf: Da sangen die in den Zwanzigern in Friedenau großgewordenen Comedian Harmonists Seemanslieder, und Marlene Dietrich – in Schöneberg geboren und auf dem Friedhof an der Stubenrauchstraße beigesetzt – schmetterte die „kesse Lola“ aus dem „Blauen Engel“.

Junge Historiker

Und auch drei junge Historiker der Museums-Arbeitsgruppe aus der Friedrich-Bergius-Schule, welche die Ausstellung mit vorbereitet hatten, waren bei der Vernissage anwesend, darunter Toni aus der 10. Klasse, die von der 7. bis zur 9. Klasse zur AG gehörte. Die Beweggründe, darin mitzuarbeiten, beschreibt die Schülerin so: „Mich hat Neugier dazu veranlasst. Es ist wirklich interessant, zu erfahren, wie es früher war, alte Gegenstände aus dieser Zeit zu beschreiben und Texte zu den Exponaten zu verfassen.“ Das Interesse daran hatte ihr Klassenlehrer Alexander Bauwe geweckt, der engagiert in erster Reihe für AG und Museum steht.

Inzwischen gibt es zum Thema Schul-Museum auch ein Wahlpflichtfach an der Schule, in dem weitere „junge Historiker“ aktiv werden können.

- Bereits in Vorbereitung ist eine dritte Ausstellung des Schul- und Stadtteilmuseums zum Thema Optische Anstalt C. P. Goerz in Friedenau, die zu späterem Zeitpunkt ebenfalls in die Räumen von Senatorin Dilek Kalayci einziehen wird.

Interessierte des Schulmuseums in der Friedrich-Bergius-Schule können Besichtigungs-Termine vereinbaren unter Telefon 030-90277 – 7910.

Infos zur laufenden Ausstellung „Friedenau in farbigen historischen Ansichten“ im Stadtteilbüro siehe Plakat.

Jacqueline Lorenz

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