Erschienen in Gazette Steglitz April 2020
Das Thema „Unsere alte Dorfaue Zehlendorf soll schöner werden“ ist in den verschiedenen Gremien und Bürgerinitiativen des Bezirks schon lange Gesprächsthema. Jetzt besteht Hoffnung, dass die Vision vom vielversprechenden Treffpunkt aller bei der Umsetzung in die Realität endlich Fahrt aufnimmt. Denn der Schlussbericht der an die Planungsgemeinschaft für Stadt und Raum in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstufe, was am alten Ortskern zwischen S-Bahnhof Zehlendorf und Potsdamer Straße überhaupt möglich gemacht werden kann, liegt nun vor und soll dabei helfen, diesen historisch bedeutsamen Ortsmittelpunkt wieder ins rechte Licht zu rücken.
Dabei stehen drei Zehlendorfer Bauprojekte derzeit im Vordergrund: Der Ausbau der den Teltower Damm überquerenden Bahnbrücke, die Sanierung des Rathaus Zehlendorf und Abriss und Neubau des Gebäudekomplexes in der Berliner Straße/ Ecke Clayallee.
Im Rahmen dieser Bauplanungen rückt auch die Wiederbelebung der in die Jahre gekommenen rund 4.500 Quadratmeter großen Dorfaue hin zur attraktiven neuen Mitte näher. Das Bezirksamt solle nun – im gemeinsamen Austausch mit den Bürgern – das Konzept der städtischen Rahmenplanung für die anstehende Sanierung des Dorfangers erstellen, beschloss der Stadtplanungsausschuss auf Vorschlag von FDP und Bürgerinitiative Zehlendorf.
Und auch in Steglitz tut sich bald was: Ende 2020 sollen dort die Bauarbeiten für den Neubau der maroden Autobahnbrücke am S-Bahnhof Rathaus Steglitz beginnen.
Umrahmt wird der mit Rasenfläche und Büschen aktuell wenig attraktive Zehlendorfer Dorfplatz von Rathaus, Standesamt und Kurfiss-Kiosk, nach vorne offen zum befahrenen Teltower Damm. Die Aufenthaltsqualität dieses einst mit Löschteich ausgestatteten Angers lässt deutlich zu wünschen übrig, es bröckelt an vielen Stellen.
Die befragten Stadtplaner kamen so auch zu der Erkenntnis, dass einiges geschehen müsse, um Zehlendorf-Mitte den fehlenden „Identifikationsmittelpunkt“ im öffentlichen Raum zu geben und damit den Reiz für Alt und Jung zu erhöhen.
Bereits vor dem Rathaus könnte damit begonnen werden: Wo derzeit regelmäßig Trödel- und Infostände unter die Kastanie locken, ist mehr Platz für Treffen und kleine Veranstaltungen denkbar, besonders, wenn die dort angelegten Parkplätze wegfielen und zusätzlichen Raum böten.
Sanierung und Neubau des Rathauses, für die bereits 70 Millionen Euro zugesagt sind, stehen auf der To-do-Liste von Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski ganz oben: Ein städtebaulicher Wettbewerb dazu ist in Vorbereitung. Den unter Denkmalschutz stehenden Altbau von 1929 erwartet eine umfangreiche Sanierung. Noch nicht klar ist, ob man Rathaus-Gebäudeteile aus den 60erm und 70ern durch einen räumlich großzügigeren Neubau ersetzt.
Für die Gebäude an der Berliner Straße steht das Abbruchkonzept, so dass laut Stadtplanungsamt zwischen 2021 und 2023 der Neubau eines Geschäftshauses mit Geschäften, Praxen und Büros erfolgen könnte.
Für die Zehlendorfer Bahnbrücke über den Teltower Damm, die eigentlich 2024 fertiggestellt sein soll, laufen noch Planungs-Überlegungen, welche die Neugestaltung des gesamten Bahnhof-Umfeldes mit einschließen. Während zwei Bahnhofs-Zugänge feststehen, ist der dritte in Höhe Postplatz erst einmal zurückgestellt, um weitere Einzelheiten wie Barrierefreiheit und Radweg tiefer zu erörtern.
Zu mehr Lebensqualität in Zehlendorfs Mitte würden auch Wartebänke an der Bushaltestelle am Anger und ein neuer Weg quer über die Dorfaue hin zum Standesamt mit Fotoinsel für Frischvermählte beitragen.
Geplant ist, die Fahrtrichtung der Einbahnstraße vor dem Standesamt zukünftig gen Kirchstraße zu führen, wohin auch der Taxistand verlegt werden soll.
Um einen attraktiven Gesamteindruck der „alten neuen“ Dorfaue zu erreichen, könnten neben landschaftlicher Neugestaltung sich wiederholende künstlerische Elemente auf dem Dorfplatz Verbindung schaffen, ausgehend vom denkmalgeschützten Kiosk mit Sitz-Außenbereich zum Eisessen.
Doch der Kiosk wurde vom 2018 neu bestellten Betreiber bis heute nur spärlich genutzt. Als Eiskiosk war er selbst im letzten heißen Sommer kaum geöffnet, so dass sich vermehrt Vandalismus einstellte. Der zuvor darin untergebrachte Kulturverein mit seinem Bücherangebot hatte als Ausweich-Standort im vergangenen Jahr vom Bezirksamt den Verkaufspavillon neben dem U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim zugesprochen bekommen, doch Bücher sucht man darin bis jetzt vergebens.
Zum derzeitigen Stand der Kioske befragt, erklärt Bezirksstadträtin Maren Schellenberg: „Der Mietvertrag mit dem Betreiber des Kiosk Zehlendorf-Mitte besteht weiterhin. Die mangelnde Entwässerung des Kiosks ist nach Aussage des Mieters die Hauptursache, weshalb der Kiosk bislang nicht öffnen konnte. Das Bezirksamt hat die Entwässerungssituation im Herbst 2019 von den Berliner Wasserbetrieben (BWB) überprüfen lassen. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass eingewachsene Wurzeln in den Entwässerungsleitungen vorhanden sind. Nach Angebotserstellung durch die BWB wurde ein neuer Hausanschluss beauftragt; die Arbeiten wurden begonnen und müssten in Kürze fertiggestellt sein. Das Bezirksamt rechnet mit der zeitnahen Öffnung des Kiosks als Eisverkauf.“
Zu dem Kiosk am U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim erklärt die Bezirksstadträtin: „Der Mietvertrag mit dem Verein Kultur in Zehlendorf e. V. wird aufgrund der jetzt erfolgten Einigung der vertraglichen Punkte fertiggestellt. Der Kiosk muss jedoch noch abschließend instandgesetzt werden. Bedauerlicherweise kam es durch Vandalismus zum Bruch einer Scheibe. Der Wasserschaden im Innenbereich ist noch nicht beseitigt, aufgrund der Witterung mussten Trocknungsgeräte und Radiatoren aufgestellt werden, die jetzt jedoch wegen der kaputten Scheibe abgezogen wurden.
Nach Abschluss der Glaserarbeiten kann ein weiterer Anlauf für die Beseitigung des Wasserschadens im Innenbereich erfolgen. Je nachdem, in welchem Zeitraum diese Arbeiten fertiggestellt werden können, ergibt sich, wann der Verein endlich einziehen kann.“
Ende 2020 soll die Sanierung der in den 60er-Jahren erbauten A103-Brücke an der Albrechtstraße starten. Die Bauzeit ist auf ein Jahr angesetzt.
Der Brückenneubau wird jedoch keinen Einfluss auf den von der BVV Tempelhof-Schöneberg geforderten eventuellen Rückbau der Westtangente haben. Sanierungsbeginn sollte bereits 2018 sein, musste jedoch wegen Klärung von Eigentumsfragen um zwei Jahre verschoben werden.
Zuerst wird eine Abstütz-Stahlkonstruktion unter der Brücke errichtet, erst dann werden laut Senatsverkehrsverwaltung die Pläne für den Neubau erstellt. Der Spannstahl aus den 60ern weist Korrosionsrisse auf, was eine wirtschaftliche Sanierung ausschließt und einen Neubau erfordert.
Unter der Brücke befinden sich ein Lebensmittelmarkt und Imbiss-Einrichtungen, die bedingt durch die raumgreifende Behelfsbrückenkonstruktion teilweise schließen müssen. Der gesicherte Zugang zum S-Bahnhof bleibt auch während der Bauarbeiten gewährleistet.
Jacqueline Lorenz
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