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Ein Theologe im Widerstand

Dietrich Bonhoeffer wurde vor 75 Jahren ermordet

Seit 1916 lebte die Familie Bonhoeffer in der Wangenheimstraße in Grunewald.
Seit 1916 lebte die Familie Bonhoeffer in der Wangenheimstraße in Grunewald.
Erschienen in Gazette Wilmersdorf April 2020
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Der Theologe Dietrich Bonhoeffer kam als sechstes Kind – das siebte war seine Zwillingsschwester Susanne – von Paula und Karl Bonhoeffer zur Welt. Sein Vater war Psychiater und Neurologe. Nach ihm wurden die Karl-Bonhoeffer-Nervenheilstätten in Wittenau benannt.

Mutter Paula, geborene von Hase, war ausgebildete Lehrerin für höhere Mädchenschulen. Sie unterrichtete ihre Kinder anfangs selbst. In dem weltoffenen Haus gab es zahlreiche Feste und interessante Besucher, von denen die Kinder viele Anregungen bekamen. Nach dem Abitur begann Dietrich Bonhoeffer ein Theologiestudium in Tübingen. Während des Studiums reiste Dietrich gemeinsam mit seinem Bruder Klaus nach Rom. Er war von der Stadt und der katholischen Kirche dort tief beeindruckt. Die erste Stelle nach seinem Studium trat Dietrich Bonhoeffer als Vikar in der deutschen evangelischen Gemeinde Barcelona an. Er war bei den Gemeindemitgliedern beliebt, bei seinen Predigten war die Kirche voll. Nach der Zeit in Barcelona absolvierte er an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin das Zweite Theologische Examen. Dank eines Stipendiums verbrachte er ein Jahr am Union Theological Seminary in New York. Einer seiner Mitstudenten war der französische Pazifist Jean Lasserre. Durch seine Anregungen begann der bis dato unpolitische Bonhoeffer, sich mit politischen Themen und Frieden auseinanderzusetzen. Dem Jahr in den USA folgte zunächst eine Lehrtätigkeit als Assistent an der Friedrich-Wilhelm-Universität. Im November 1931 wurde Dietrich Bonhoeffer Pfarrer in der St. Matthäuskirche in Tiergarten.

Kritik am Nationalsozialismus

Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten sah Bonhoeffer kritisch. Das schlug sich auch in seinen Veröffentlichungen und Predigten nieder. Er nutzte seine internationalen Kontakte, um auf die Judenverfolgung aufmerksam zu machen und engagierte sich von Anfang an in der Bekennenden Kirche. Gemeinsam mit Martin Niemöller gründete er den Pfarrernotbund, um Pfarrern jüdischer Herkunft zu helfen. Im Oktober 1933 verließ Dietrich Bonhoeffer Deutschland erneut und wurde Pfarrer für zwei deutsche Kirchengemeinden in London. 1935 kehrte er auf Bitten der Bekennenden Kirche nach Deutschland zurück. Er leitete in Finkenwalde ein Predigerseminar, das 1937 polizeilich geschlossen wurde. Die Arbeit ging im Untergrund weiter und endete erst 1940. Viele der Vikare, die dort teilgenommen hatten, waren mittlerweile in die Wehrmacht eingezogen worden. Auch Dietrich Bonhoeffer fürchtete die Einberufung und nahm eine Einladung zu einer Vortragsreise in den USA wahr, als der Musterungsbefehl kam. Nach sechs Wochen kehrte er nach Deutschland zurück, obwohl seine Freunde in den USA versuchten, ihn in Anbetracht der dortigen Gefahr zurückzuhalten. Doch Bonhoeffer hatte das Gefühl, seine Kirche, Familie und Freunde im Stich zu lassen, wenn er in den USA blieb. Auf der Rückreise besuchter er seine Zwillingsschwester und ihren Mann in London. Dort erfuhr Dietrich Bonhoeffer von der Ermordung Paul Schneiders, eines Pfarrers der Bekennenden Kirche, im KZ Buchenwald.

Tod durch Erhängen

Durch die Repressalien war die Bekennende Kirche immer schwächer geworden. Dietrich Bonhoeffer engagierte sich nun nicht nur kirchlich, sondern auch politisch. Nach seiner Rückkehr erhielt er wegen seiner „volkszersetzenden Tätigkeit“ erst Redeverbot, ein halbes Jahr später auch Schreibverbot. Am 30. Oktober 1941 musste Bonhoeffer in den Dienst der Nationalsozialisten. Er wurde für die Spionageabwehr eingesetzt. Tatsächlich nutzte er die Zeit, um den Widerstand voranzubringen. Über den Londoner Geistlichen George Bell ließ er der britischen Regierung Informationen über den Widerstand zukommen. Doch diese antwortete Bell nur, sie sei nicht an der Unterstützung des deutschen Widerstands interessiert. Nach den Anschlägen auf Hitler im März 1943 durch die Gruppe um Admiral Canaris und Dietrichs Bruder Klaus Bonhoeffer wurden Dietrich Bonhoeffer und sein Schwager Hans von Dohnanyi verhaftet. Das Strafverfahren wurde aber nicht eröffnet, weil der Heeresrichter Karl Sack, der ebenfalls zu den Kreisen der Widerständler zählte, das Verfahren aufhielt. Bonhoeffer und seinen Mitverschwörern konnte nichts nachgewiesen werden. Doch zufällig fand die Gestapo in einem Archiv Dokumente über Umsturzversuche, Tagebuchseiten von Canaris und Aufzeichnungen von Dohnanyi. Auch Karl Sack und weitere Mitglieder aus dem Kreis der Widerstandsgruppe waren mittlerweile verhaftet worden. Am 9. April 1945 wurden Dietrich Bonhoeffer, Hans von Dohnanyi, Hans Oster, Karl Sack, Wilhelm Canaris und Ludwig Gehre im KZ Flossenbürg gehängt.

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