Erschienen in Lankwitz Journal April/Mai 2020
Bereits 1841 fuhr die Bahn an Lankwitz vorbei. Damals noch ohne Halt, denn niemand sah ein, wofür ein Bahnhof zwischen den Äckern gut sein sollte. Hier sauste die Anhalter Bahn entlang, die zwischen dem Anhalter Bahnhof in Berlin und Halle an der Saale verkehrte. Doch 1895 wurde auch in Lankwitz der erste Bahnhof eröffnet. Ein entscheidender Vorkämpfer war August Bruchwitz. Bis heute gilt der Bahnhof in Lankwitz als sein entscheidender Verdienst.
August Bruchwitz (1838 – 1914) war zwischen 1892 bis 1898 Gemeindeverordneter des Ortes. Er wusste, dass der Bahnhof essenziell für das Wachstum von Lankwitz war. Auch hier wollte man an der Entwicklung teilhaben, die sich durch die wachsende Bevölkerung Berlins anbahnte. Häuser und Grundstücke „im Jrünen“ waren gefragt. Und auch die Gastwirte profitierten vom immer beliebter werdenden Ausflugsverkehr. Doch ohne Eisenbahnhalt würde es schwierig werden, neue Bewohner aus Berlin anzulocken, die das Steueraufkommen in der Gemeinde verbessern würden. Warum alles Groß-Lichterfelde überlassen? Auch Lankwitz bot frische Luft, Idylle und reichlich Bauland.
Der 1895 eröffnete Bahnhof trug anfangs den Namen Lankwitz-Viktoriastraße und lag anfangs auf Straßenniveau nördlich der heutigen Leonorenstraße, die bis 1937 Viktoriastraße hieß. 1899 wurde die Trasse hochgelegt um Konflikte mit kreuzendem Straßenverkehr zu vermieden. Der Bahnhof wurde an seinem heutigen Standort neu gebaut. Er bekam den Namen „Lankwitz“. Hier hielt ab 1901 die elektrisch betriebene Anhalter Vorortbahn, die in Lichterfelde Ost endete. Fernzüge hielten nicht mehr in Lankwitz. Denn durch die steigende Nutzung der Bahn entschied man sich dafür, Fernbahn und Vorortbahn zu trennen. Die Vorortbahn bekam eigene Gleise.
Sie war die erste elektrifizierte Bahn im Raum Berlin und der Vorläufer der heutigen S-Bahn, die seit 1929 in Lankwitz hielt und die Vorortbahn ablöste. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof während der Lankwitzer Bombennacht zerstört und nach dem Krieg nutzte die S-Bahn die Strecke eingleisig. Nachdem die BVG die S-Bahn 1984 übernahm, legte sie den Bahnhof Lankwitz still. Die Bahnbrücke über die Leonorenstraße ließ man abreißen. Erst nach dem Mauerfall wurde die Strecke wieder bedeutsam. Nach vielen Umbauarbeiten konnte der Bahnhof am 28. Mai 1995 wieder eröffnet werden.
Im September 1868 wurde der Bahnhof Lichterfelde an der Strecke der Anhalter Bahn eröffnet. Die Kosten trug Johann Wilhelm Carstenn, der Ländereien in Giesensdorf und Lichterfelde gekauft hatte, um Villenkolonien zu gründen. Der Bahnanschluss war auch hier die Bedingung für den Erfolg seiner Projekte. So trug er die Kosten für den neuen Haltepunkt. Das erste Bahnhofsgebäude hatte das Äußere einer Scheune. Carstenns Villenkolonien wurden zu einer Erfolgsgeschichte. Nur für den Investor selbst nahm es kein gutes Ende. Denn mit dem Bau der Hauptkadettenanstalt und dem Börsenkrach von 1873 geriet er in finanzielle Schwierigkeiten. Da half auch der neu verliehene Adelstitel nichts. Er starb in der Nervenheilanstalt Maison de Santé in Schöneberg. Die Villenkolonie Groß-Lichterfelde hingegen verschaffte der Bahn so viele Fahrgäste, dass ab 1901 die Vorortbahn auf separaten Gleisen hinzukam. Sie hatte hier bis 1943 ihren Endbahnhof, danach fuhren die Züge weiter bis zum Bahnhof Lichterfelde Süd.
Von 1913 bis 1916 wurden die Bahngleise, die bisher auf Straßenniveau gelegen hatten, hochgelegt. Der Bahnhof bekam drei Bahnsteige, außerdem verliefen hier fünf Gütergleise. Somit war er schon damals ein wichtiger Umsteigebahnhof. Das Bahnhofsgebäude wurde nun nach Plänen von Karl Cornelius in repräsentativer Form aufgebaut. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg erfolgte der Wiederaufbau allerdings vereinfacht. Die Fernbahn hielt ab 1952 nicht mehr in Lichterfelde Ost, dafür fuhr die S-Bahn von 1951 bis zum Mauerbau weiter bis nach Teltow. 1984 stellte man den S-Bahnverkehr ein. Der Dornröschenschlaf dauerte 11 Jahre, am 28. Mai 1995 konnten Fahrgäste hier wieder in die S-Bahn steigen. Heute fahren hier drei Linien der Regionalbahn und zwei S-Bahnlinien.
Der Bahnhof hatte seit seiner Eröffnung viele Namen. Zuerst nur ganz schlicht Lichterfelde. 1884 erfolgte die Umbenennung in Groß-Lichterfelde, zu dem nicht nur das heutige Lichterfelde Ost und Lichterfelde West gehörten, sondern auch Giesensdorf. Um der Verwechslungsgefahr mit dem Bahnhof Groß-Lichterfelde (Potsdamer Bahn), heute Lichterfelde West, entgegen zu wirken, bekam der Bahnhof den Zusatz B. H., da hier die Bahnlinie Berlin – Halle verlief. Der Bahnhof in Lichterfelde West hingegen bekam den Zusatz B. M. für Berlin – Magdeburg. Ob die Verwirrung mit der Namensähnlichkeit sich durch diese Maßnahme besserte, ist nicht überliefert. Fest steht aber, dass der Name ab 1899 Groß-Lichterfelde Ost lautete. Diesen Namen büßte der Bahnhof 1925 ein, dann hieß er nur noch Lichterfelde Ost. Seit 1936 lautet der vollständige Name Berlin-Lichterfelde Ost.
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