Erschienen in Nikolassee & Schlachtensee Journal April/Mai 2020
Mit einer bezirksübergreifenden, von der Wirtschaftsförderung Steglitz-Zehlendorf initiierten U-Bahn-Kampagne „Vom Hot-Spot zum Kult-Spot“ will Steglitz-Zehlendorf auf seine inneren Werte aufmerksam machen und mehr Besucher in den grünen Südwesten locken. Zu den erkundungswerten Anziehungspunkten des Außenbezirks Steglitz-Zehlendorf zählen ebenso Natur, Grün und Wasser wie die drei gut ausgebauten Radrouten, die auf jeweils 20 Kilometer Länge vorbei an kulturellen Sehenswürdigkeiten des Bezirks führen. Kampagne-Partner ist der Innenstadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg, derzeit gleichermaßen beliebter Partybezirk bei Touristen wie Anrainern.
Eine Kreuzberger Werbeagentur hat für die vom Berliner Tourismuswerber „VisitBerlin“ auf drei Monate angelegte Aktion vier tierische Werbeplakat-Motive entwickelt, von denen 400 Stück seit dem 1. März in den U-Bahn-Linien U1, U2, U3 – die Linie, mit der man direkt von Friedrichshain-Kreuzberg nach Steglitz-Zehlendorf durchfahren kann – und U4 hängen.
Hintergrund der Aktion ist die steigende Eroberung der Berliner Innenbezirke durch Touristen und Berliner, während Außenbezirke eher spärliche Besucherzahlen aufweisen. So klagt Friedrichshain-Kreuzberg vermehrt über die Müll-Hinterlassenschaften und Ruhestörungen als Begleiterscheinung der Besucherströme, während Steglitz-Zehlendorf sich mit seinem besonderen Kultur- und Naturangebot gerne besser wahrgenommen sähe – sowohl von Touristen als auch von Bewohnern aus eigenen Reihen.
Um auf humorvolle Weise zu zeigen, dass „jenseits von Mitte“ nicht weniger attraktiv sein muss, haben beide Bezirke der U3-Strecke Krumme Lanke – Warschauer Straße das Plakat-Projekt gemeinsam Ende Februar auf dem Bahnsteig des U-Bahnhof Warschauer Straße gestartet.
Cerstin Richter-Kotowski, Bezirksbürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, lud mit einem Augenzwinkern diejenigen, welche zu viel im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sind, zu sich nach Steglitz-Zehlendorf ein, den Bezirk zu erobern. Das Rad hatte sie gleich mitgebracht und überreichte eine Minimodellversion an den Wirtschafts-Bezirksstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Andy Hehmke, der sich bei ihr mit der Übergabe einer fair-kiez-Fahrradtasche revanchierte, die für das Projekt seines Bezirks um mehr Rücksichtnahme der Besucher wirbt.
Cerstin Richter-Kotowski wies auf die Vorteile ihres Außenbezirkes für den Radtourismus hin, indem sie erklärte:
„Die U3 verbindet unseren Bezirk Steglitz-Zehlendorf mit Friedrichshain-Kreuzberg. Man kann direkt von der Warschauer Straße bis Krumme Lanke durch fahren. Hier warten Attraktionen wie die 2018 eröffnete Dahlem Radroute, auf der Gäste eine Vielzahl von Kultureinrichtungen finden: Das Museum Europäischer Kulturen, die Domäne Dahlem oder den Botanischen Garten. Das wollten wir bekannter machen. Steglitz-Zehlendorf hat touristisch unheimlich viel zu bieten, und wir würden gern noch mehr Gäste begrüßen.“
Und Michael Pawlik, Leiter der Wirtschaftsförderung Steglitz-Zehlendorf, ergänzte zum aus Mitteln der Senatsverwaltung finanzierten Projekt: „Wir wollen den Südwesten auf diese Weise etwas anders bewerben…Die Kreuzberger Agentur Heldisch hatte eine tolle Idee mit dem Bock und dem witzigen Spruch. Wir haben mit der Dahlem-Route, der Wannsee-Babelsberg-Route und der Nikolassee-Route drei tolle Radrouten entlang vieler Highlights, wie z. B. das Brücke-Museum, dem Strandbad Wannsee und natürlich dem UNESCO-Welterbe mit Pfaueninsel und Schloss Glienicke. Das wollen wir auf witzige Art kommunizieren.“
Mit dabei war auch Burkhard Kieker, Geschäftsführer von visitBerlin, der mit der U-Bahn-Kampagne die Berliner und ihre Gäste dafür begeistern möchte, von weiter weg auch mal unbekanntes Terrain zu entdecken.
Passend zum Saisonstart ist anstelle der bisherigen Webseite zu den Radtouren in Berlin Südwest ein neu gestalteter „One Pager“ entstanden, der unter www.tourismus-suedwest.berlin ebenso zur Radrouten-Information aufgerufen werden kann wie die digitale Navigation auf allen Radrouten Südwest über die Plattform Komoot.
Gäste können entweder eigene Räder nach Steglitz-Zehlendorf mitnehmen oder an den Bahnhöfen U3 Onkel Toms Hütte oder S7 Griebnitzsee ein Fahrrad mieten. Die Fahrradvermietung in der Ladenstraße am Bahnhof Onkel Toms Hütte wurde im Zuge der Dahlem Route bei „Fahrrad Lippke“ eingerichtet. In einem Pocketflyer, den die Bezirksämter anbieten, sind alle drei Routen mit Kartendarstellungen und kurzen Beschreibungen abgebildet. – Damit findet man auch den Weg zu Berlins einzigem Bauerngut mit U-Bahnanschluss, der Domäne Dahlem.
Bleibt zu hoffen, dass Bock, Gans, Falter und Schaf auf ihrem Weg dorthin kräftig in die Werbepedale treten und mit ihren Plakaten die Menschen neugierig auf Natur und Kultur in Steglitz-Zehlendorf machen – und nicht mit Gras und Alkohol zum Partymachen und Abhängen an Schlachtensee und Krumme Lanke locken. Denn ein Partybezirk ist Steglitz-Zehlendorf nicht und will auch keiner werden.
Jacqueline Lorenz
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