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Sieben Mal Wilmersdorf

Allein fünf „Wilmersdörfer“ in Brandenburg

Erschienen in Gazette Wilmersdorf Mai 2020
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Im Norden Brandenburgs, in der eiszeitlich geprägten Uckermark, liegt Wilmersdorf, ein kleines Dorf mit nicht viel mehr als 230 Einwohnern. Hünengräber zeigen, dass hier bereits in der Jungsteinzeit Menschen siedelten. Der um 1250 gegründete Ort wurde 1321 erstmals urkundlich erwähnt. Der Name stammt vermutlich von Wilhelm. Im Zuge der Wanderung der deutschen Bevölkerung nach Osten erhielten sogenannte Lokatoren die Verantwortung für die Siedlungen. Es handelte sich meistens um Männer aus niederem Adel, die über die Mittel verfügten, die Menschen anfangs zu unterstützen. So wurde das Risiko für den Landesfürsten niedrig gehalten. Als Gegenleistung bekamen sie mehr Land als die anderen Siedler und hatten die Stellung des Dorfschulzen sowie der Gerichtsbarkeit inne. Sie zahlten in der Regel auch keine oder weniger Abgaben als die anderen Siedler. Manche Siedlungen wurden nach den Lokatoren benannt. Wilmersdorf ist etwa drei Kilometer von der Autobahn 11, Abfahrt Pfingstberg entfernt. Sehenswürdigkeiten sind die als Fachwerk gebaute Dorfkirche, das Gutshaus und das Bahnhofsgebäude in Ziegelbauweise.

Ebenfalls nördlich liegt Wilmersdorf bei Pritzwalk in der Nähe von Heiligengrabe. In der ersten schriftlichen Erwähnung des Ortes im Jahr 1351 wird es als villa Wilmerstorp bezeichnet. Der Ort ist Teil des Landkreises Pritzwalk. Die 1813 erbaute evangelische Dorfkirche ist ein Baudenkmal.

Zweimal Wilmersdorf im Landkreis Oder-Spree

Das Wilmersdorf in Briesen/Mark (Landkreis Oder-Spree) ist der am östlichsten gelegene Ort mit diesem Namen. Die ersten Erwähnungen aus dem Jahr 1354 bezeichnen es noch als Willemsdorp und Willmersdorf. Später wurde es als Wilhelmsdorff und 1424 Wilmerstorpe genannt. Die besondere Sehenswürdigkeit in dem Ort ist auch hier die Dorfkirche. Das genaue Datum der Erbauung ist unklar. Da bereits 1405 vier Hufen (altes Flächenmaß) für den Pfarrer erwähnt werden, gab es damals mit großer Wahrscheinlichkeit eine Kirche. Das heutige Gotteshaus wurde auf dem Feldsteinsockel eines Vorgängerbaus errichtet. In der Kirche befindet sich eine Figurengruppe Anna selbdritt aus dem 14. Jahrhundert, die die Kirchengemeinde als einmalig in Brandenburg bezeichnet. Außerdem ein Taufengel aus dem 18. Jahrhundert und vermutlich frühgotische Figuren von Simon Petrus und Paulus von Tarsus. Der Ort Wilmersdorf wurde 2001 zu Madlitz-Wilmersdorf eingemeindet und gehört seit 2014 als Ortsteil zur Gemeinde Briesen (Mark).

Auch der Ort Wilmersdorf, der zu Rietz-Neuendorf gehört, liegt im Landkreis Oder-Spree. Er ist nicht weit vom Scharmützelsee und dem bekannten Bad Saarow entfernt. Das idyllische Rundplatzdorf wurde 1459 erstmals erwähnt. Doch schon viel früher siedelten in der Gegend Menschen, das beweist ein nahe gelegenes Gräberfeld aus der Bronzezeit, das bis zum Jahr 300 vor Chr. für Bestattungen genutzt wurde. Funde aus dieser Gegend kamen ins heutige Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin. Im Mittelalter betrieb man bei Wilmersdorf ein Alaunbergwerk, von dem heute allerdings keine Spuren mehr zu sehen sind. Von 1934 bis 1945 gab es im Ort eine Munitionsanlage, die nach Kriegsende von der sowjetischen Armee als Stützpunkt genutzt wurde. Heute ist dort Gewerbe untergebracht.

Von Wendisch Wilmersdorf zu Märkisch Wilmersdorf

Nicht weit von Berlin entfernt liegt der Ort Märkisch Wilmersdorf. Dieser Name stammt laut „Brandenburgisches Namensbuch“ von Dorf des Wilmar. Wilmar hat seinen Ursprung im althochdeutschen Willamar – was etwa Großer Wille bedeutet. Um dieses Wilmersdorf von dem nicht all zu weit entfernten Namensvetter in Berlin zu unterscheiden, taufte man es Wendisch Wilmersdorf, ab 1937 Märkisch Wilmersdorf. Das Gutshaus des Ortes wird als Schloss bezeichnet. Bauherr war Friedrich Bogislaw von Schwerin, der das Dorf von seinen Vorfahren erbte. Er errichtete allerdings nur einen eingeschossigen Putzbau. Dieser wurde 100 Jahre später in ein repräsentatives Gebäude im Tudor Stil umgebaut. Zu DDR-Zeiten war ein Kinderheim dort untergebracht. Heute befindet es sich in Privatbesitz.

Ein weiteres Wilmersdorf liegt in Thüringen nahe der Grenze zu Niedersachsen. Es ist Teil des Städtchens Ellrich im Südharz.

Deutsch Wilmersdorf, heute Charlottenburg-Wilmersdorf

Last not least natürlich „unser“ Wilmersdorf. Das 1293 erstmals urkundlich erwähnte „Willmerstorff“ gehörte der adeligen Familie von Willmerstorff. Das Dorf lag dort, wo heute die Wilhelmsaue ist. An dem Dorf war ein großer See, so dass die Dorfbewohner neben Ackerbau und Nutztierzucht – vor allem Schafe – auch von der Fischerei lebten. Als die Bevölkerung der Stadt Berlin im 18. Jahrhundert immer schneller wuchs, wurden die Wilmersdorfer Äcker zu gefragtem Bauland. Und die Bauern zu „Millionenbauern“. Am Wilmersdorfer See öffnete ein stark frequentiertes Ausflugslokal, in dem manche Millionenbauertochter einen verarmten adligen Offizier kennenlernte und heiratete. 1906 änderte sich der Name zu Deutsch-Wilmersdorf und 1907 bekam das mittlerweile stark gewachsene Dorf Stadtrechte. 1912 wurde der Name auf Berlin-Wilmersdorf geändert. Der See verlandete zusehends und wurde 1915 zugeschüttet. An seiner Stelle befinden sich heute Abschnitte vom Volkspark Wilmersdorf. Seit 1920 ist Wilmersdorf Bezirk von Berlin. 2001 fusionierte Wilmersdorf im Zuge der Verwaltungsreform mit dem Nachbarbezirk Charlottenburg, so dass die Bezirksbezeichnung seitdem Charlottenburg-Wilmersdorf lautet.

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