Erschienen in Wannsee Journal Juni/Juli 2020
In der gemeinnützigen Stiftung Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin (JDZB) kommen Menschen zusammen, die sich engagiert der japanisch-deutschen und internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft widmen. Die Anregung zur Stiftungsgründung im Jahr 1985 kam von den damaligen Regierungschefs der Bundesrepublik Deutschland und Japans, Dr. Helmut Kohl und Nakasone Yasuhiro.
In dem Zentrum in der Saargemünder Straße 2 in Berlin-Dahlem treffen sich mittwochs von 17.30 – 19.30 Uhr japanische und deutsche Mitglieder des gemischten Chores der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Berlin zur Probe, um zwischen beiden Völkern musikalisch eine Brücke zu schlagen.
Der Chor wurde 1987 gegründet, zeitgleich mit der Eröffnung des Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin, das zu diesem Zeitpunkt seinen Sitz noch im Gebäude der ehemaligen wiederaufgebauten Japanischen Botschaft in der Tiergartenstraße hatte. Mit Verlegung des Deutschen Regierungssitzes von Bonn nach Berlin zog das JDZB im Jahr 1998 in die Saargemünder Straße an seinen heutigen Standort.
Die Deutsch-Japanische Gesellschaft Berlin e. V. (DJG Berlin), welcher der Chor angehört, blickt auf eine 130-jährige Tradition zurück: 1890 war sie als „Wa-Doku-Kai“ durch Mitglieder des Seminars für Orientalische Sprachen an der Königlichen-Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin gegründet worden; mit festen Statuten für u. a. Vortrags- und Musikveranstaltungen, Wohltätigkeitsbälle zugunsten Japans, Dinners, wissenschaftliche und gesellige Ausflügen sowie Kunstaustellungen.
Zu Beginn waren Professoren und Studenten Mitglieder, später auch Geschäftsleute und Diplomaten.
Inzwischen ist die DJG Berlin die älteste der rund 50 Deutsch-Japanischen Gesellschaften in Deutschland. Aufnahme im Verein finden Menschen, die sich für Japan und seine Menschen, seine Geschichte und Kultur interessieren.
Ein wichtiges Stück Kulturpflege leistet der Chor der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Berlin mit seinem deutsche und japanische Lieder umfassenden Liedgut, beherrscht darüber hinaus aber auch größere Chorwerke wie Beethovens Neunte. Auftrittsmöglichkeiten findet der Chor bei Veranstaltungen der DJG wie dem MANGA- Wettbewerb, auf HANAMI- und Sommerfesten sowie zu unterschiedlichsten Anlässen wie der Steglitzer Woche. Dabei kommt es auch zu gemeinsamen Auftritten mit dem Frauenchor Zehlendorf 1952 (siehe Gazette 2/20).
„Wir werden aber auch gerne von anderen japanischen Chören besucht“, betont die Vorsitzende des Chores, Yukiko Kishi-von Heyden. Einzelne Chormitglieder würden auch schon mal für größere Chorwerke und Messen an den Berliner Dom oder die Philharmonie „ausgeliehen“.
Musikalische Leiterin des Chores, der sich aus Mitgliedsbeiträgen selbst finanziert und den Probenraum am JDZB mietfrei nutzen kann, ist seit 2015 SaikoYoshida-Mengk, die im Alltag Kantorin ist. Zunächst hatte sie selbst im Chor mitgesungen, bevor sie die musikalische Leitung übernahm. Von Zeit zu Zeit gesellt sich Stimmtrainerin Yuko Takemichi dazu, um den Chorstimmen den letzten Schliff zu geben.
Das Durchschnittsalter der zu einem Drittel deutschen und zu zwei Drittel japanischen Sängerinnen und Sänger liegt bei 50 Jahren, das jüngste Mitglied ist 18 das älteste 82 Jahre, Chormitgliedschaften von über 10 Jahren gibt es einige.
„Die MANGA-Bewegung bringt auch jüngere Sänger in unseren Chor“, erklärt Frau Kishi-von Heyden, die als Dolmetscherin das richtige Rüstzeug mitbringt, um die japanischen Liedtexte verständlich ins Deutsche zu übersetzen, und selbst seit über 20 Jahren mitsingt. „Denn schließlich müssen diejenigen Sänger, die Japanisch nicht beherrschen, ja wissen, was sie singen“, fährt sie fort. Japanische Sprachkenntnisse sind also nicht erforderlich, um Chormitglied zu werden. Jedoch ist die Vereins-Mitgliedschaft im DJG Berlin Voraussetzung, dazu kommt der Jahresbeitrag als Chormitglied.
Das rund 60 Lieder umfassende Repertoire für die Stimmen Sopran, Alt, Tenor und Bass reicht von Volks-, Wander- und Kinderliedern bis hin zu traditionellen japanischen Titeln.
Zu Beginn steht meist das auf Deutsch, nach der Melodie von Marc-Antoine Charpentiers komponierter „Eurovisionshymne“ gesungene Begrüßungslied „Willkommen ihr lieben Gäste“. – Dass Musik keine Grenzen kennt und in alle Ewigkeit klingt, – eine schöne Ansage in diesen Tagen.
Frohe Stimmung verbreiten auch die japanischen Lieder, in der Originalsprache gesungen. Da wird zuvor als „Classic meets alle meine Entchen“ auf Deutsch das beliebte Kinderlied in Operetten- und Opernvariationen präsentiert, in „Hana no Machi“ dann aber die Blumenstadt in Japanisch besungen, die voller Blumen ist dank des Frühlings und des Windes, der im Kreis über die Täler weht. Und in einem weiteren Lied aus Japan findet ein fröhliches Erntedank-Dorffest statt, mit dem glücklich den Göttern gedankt und Mut gemacht wird: „Don don cha lala don cha lala“ klingt es fröhlich vierstimmig über den Flur des Japanisch-Deutschen Zentrums, und die strahlenden Gesichter der Sägerinnen und Sänger beweisen einmal mehr: Musik kennt keine Grenzen.
Interessentinnen und Interessenten, die im Chor mitsingen möchten, sind herzlich willkommen. Sie können unter Telefon 0175 2101007 oder E-Mail yukiko@vonheyden.com Kontakt aufnehmen.
Weitere Informationen unter www.chor-djg-berlin.de .
Jacqueline Lorenz
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