Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal Juni/Juli 2021
Kaum jemand erinnert sich noch, dass zwischen 1945 und 1955 ein sowjetischer Panzer auf einem Sockel mitten auf der Potsdamer Chaussee stand. Dort, wo heute das Kreuz für die Opfer des 17. Juni 1953 steht. Und beide hängen zusammen.
Nach dem Sieg über die Nazis stellte die sowjetische Armee einen Panzer Typ IS-2 auf einen Sockel. Er sollte an die Soldaten der Panzerarmee unter General Leljusenko erinnern, die bei Kämpfen im Südwesten Berlins gefallen waren. Jahrelang blieb der Panzer relativ unbeachtet. Bis nur wenige Tage nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR. Dort hatten viele Bewohner – beginnend in Berlin und bald darauf in der gesamten DDR – gegen das Regime und die schlechte Versorgungslage protestiert. Die SED schlug den Aufstand mit Hilfe der sowjetischen Armee nieder. Bereits am 26. Juni stellten Menschen, die am Aufstand teilgenommen hatten und anschließend in den Westen Berlins geflohen waren, das große Holzkreuz vor der Kanone des Panzers auf. Vier Wochen später – am 24. Juli wurde das – aus dem Anlass blumengeschmückte – Kreuz eingeweiht. Der Panzer stand nur noch für zwei weitere Jahre an dieser Stelle.
Er hatte die Berliner Bevölkerung ohnehin nicht auf seiner Seite. Bereits seit 1951 wurde er häufig beschädigt und sogar mit Benzin übergossen und angezündet. Da sich das Denkmal im Amerikanischen Sektor befand, waren die US-Alliierten für seine Bewachung zuständig. Sie baten die Sowjets, den Panzer woanders aufzubauen. Diese weigerten sich, denn angeblich lag unter dem Sockel das Grab von gefallenen Angehörigen der Roten Armee. So bauten die Amerikaner sogar einen Zaun als „Käfig“ um den Panzer, um weitere Attacken zu vermeiden. Nach dem Aufstellen des Kreuzes wurde die Stelle schnell zum Gedenkort für den Aufstand. Das passte den Sowjets nicht und so wurde der Panzer samt Sockel im Jahr 1955 doch entfernt. Sterbliche Überreste von Menschen kamen dabei nicht zum Vorschein. Ein anderer Panzer stand seit dieser Zeit kurz vor dem Grenzübergang Dreilinden auf einem hohen Sockel und wurde nach der Wende durch einen rosa gestrichenen Schneelader ersetzt, eine Aktion, die der Berliner Künstler Eckhart Haisch initiierte.
Das Kreuz mit der Inschrift: „Den Opfern und unerschrockenen Kämpfern für Menschenrecht, Menschenwürde für Wahrheit und Freiheit 17. Juni 1953“ steht nach wie vor zwischen den beiden Fahrbahnen der Potsdamer Chaussee. Es ist eines der wichtigsten Denkmale für den Volksaufstand, an dem jedes Jahr am 17. Juni eine kleine Gedenkfeier stattfindet und Blumen niedergelegt werden. Ihm gegenüber befindet sich ein Gedenkstein, der an russische Armeeangehörige erinnert, die von ihren eigenen Kameraden getötet wurden, da sie sich weigerten, auf die protestierenden Menschen im Osten Berlins zu schießen. Doch ob es diese Erschießungen wirklich gab, ist nicht belegt.
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