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Walter-Benjamin-Platz

Vom 7. bis 9. August wird das zweite „Wein & Kultur Festival“ gefeiert

Auf den Walter-Benjamin-Platz wird vom 7. bis 9. August gefeiert.
Auf den Walter-Benjamin-Platz wird vom 7. bis 9. August gefeiert.
Erschienen in Gazette Charlottenburg August 2020
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Als Charlottenburg in den Gründerjahren wuchs, kamen viele neue Gebäude und schöne Plätze dazu. Am südlichen Ende der Leibnizstraße, kurz vor der Grenze zu Wilmersdorf, blieb hingegen lange eine Brache. Erst 1910 kehrte hier Leben ein – Kinder aus den benachbarten Wohnhäusern tobten über einen neu erbauten Spielplatz. Im Zweiten Weltkrieg zog man Baracken für Zwangsarbeiter hoch. Nach Kriegsende lagerten hier Kohlen, später gab es eine Schlittschuhbahn, danach wurde das Gelände als Parkplatz genutzt.

Stadtplatz mit Kolonnaden

Die Parkmöglichkeit verschwand, als 1997 die Genehmigung zur Bebauung vorlag. Bereits 1984 war geplant, einen überdachten Park auf dem Areal anzulegen. Nach dem Mauerfall änderten sich die Pläne: Nun sollte hier ein Stadtplatz mit Kolonnaden entstehen. Der Entwurf für den anfangs „Leibniz-Kolonnaden“ genannten Platz stammt von Hans Kollhoff und Helga Timmermann. Im Jahr 2000 wurde er fertiggestellt. Das Ergebnis ist umstritten. Die Einen finden es edel, die Anderen fühlen sich an Plattenbauten erinnert. Hellgraue, dunkelgraue, rote und anthrazitfarbene Marmorplatten bilden unter den Kolonnaden ein Muster. Kunststeinsäulen runden das Bild ab. Die freie Fläche des Platzes ist mit Granitplatten bedeckt. Wasserspiele – wenn sie denn laufen – zeigen immer wieder andere Formen des kühlen Nass. „CityTrees“, Holzquader mit Moosen und Flechten im Innern sollen die Luft verbessern. An beiden Seiten des Platzes stehen Gebäude im neoklassizistischen Stil. Im unteren Bereich tragen die Kolonnaden mit ihren Restaurants und Läden zu einem schönen Bild bei. Sie werden durch Lampen im Stil des Art déco beleuchtet. 2001 bekam der Platz den Namen Walter-Benjamin-Platz.

Auf dem Walter-Benjamin-Platz kam es zu einer Kontroverse, da im Zuge des Platzbaus eine Bodenplatte mit einem antisemitischen Zitat aus einer Gedichtesammlung von Ezra Pound auf dem Platz verlegt wurde. Die Platte wurde im Januar dieses Jahres entfernt.

Kulinarik und Kulturgenuss

Vom 7. bis 9. August findet zum zweiten Mal das „Wein & Kultur Festival“ statt. Veranstalter ist Antonio Bragato, der das Edelrestaurant „Il Calice“ betreibt. Schon früh kündigt eine Installation aus bunten Sonnenschirmen das Festival an. Bereits bei der Premiere im vergangenen Jahr fanden sich mehr als 4000 Gäste ein, die im Weingarten köstliche Tropfen probierten und italienische Köstlichkeiten genossen. Lesungen, Kunstwerke und Musik deckten den kulturellen Teil ab. Tickets für die Veranstaltung können im Restaurant Il Calice, Walter-Benjamin-Platz 4, 10629 Berlin, restaurant@ilcalice.de, erworben werden.

Walter Benjamin, Schriftsteller und Philosoph

Der 1892 in Charlottenburg geborene Walter Benjamin war das erste Kind des Ehepaares Pauline und Emil Benjamin, zwei weitere folgten. Er wurde in eine Familie gutbürgerlicher assimilierter Juden hineingeboren. Die Familie lebte in der Delbrückstraße in Grunewald. Seine Schulzeit absolvierte er in einem reformpädagogischen Internat in Thüringen und am Kaiser-Friedrich-Gymnasium in Charlottenburg. Nach dem Abitur studierte Walter Benjamin Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie. Er schloss sich dem sogenannten Westender Kreis an, der dem linken Flügel der bürgerlichen Jugendbewegung angehörte. Nach seiner Hochzeit im Jahr 1917 zog Benjamin nach Bern, damit er nicht am Ersten Weltkrieg teilnehmen musste. Nach dem Ende der Kampfhandlungen kam er zurück nach Berlin und arbeitete als Schriftsteller. Er übersetzte Gedichte von Baudelaire, Honoré de Balzac und Marcel Proust, gab philosophische Schriften heraus und versuchte sich als Zeitungsherausgeber, was allerdings scheiterte. Sein Weg führte nach Paris, Moskau und – nach seiner Scheidung im Jahr 1930 – nach Ibiza. Dort schrieb er Reiseerzählungen. 1933 brach er seine Zelte in Deutschland aufgrund der Machtübernahme der Nazis endgültig ab. Er ging nach Paris und lebte in ärmlichen Verhältnissen. Seine frühere Ehefrau und seine Schwester Dora unterstützten ihn finanziell, außerdem bekam er ein kleines Honorar für seine Mitarbeit am Institut für Sozialforschung. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde Benjamin mit anderen deutschen Flüchtlingen für drei Monate in einem Lager interniert. Nach seiner Freilassung flüchtete er weiter durch Frankreich und kam im September 1940 nach Spanien. Dort nahm er sich das Leben, da er seine Auslieferung an die Deutschen fürchtete.

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