Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal Oktober/November 2020
Traurige Augen an einem sonnigen Sonntagmorgen: Die Familie mit den Picknickkörben stand vor rot-weißem Absperrband und musste sich für ihren freien Tag einen anderen Platz im Grünen suchen. Auf die große Wiese im Glienicker Park ging es auf jeden Fall nicht. Schon seit April ist ein großer Teil des Glienicker Landschaftspark für das Publikum gesperrt. Nach aktuellen Meldungen soll die Sperrung noch lange andauern. Erst 2021 könnten Teile des Parks, dessen korrekte Bezeichnung „Landschaftspark Klein-Glienicke“ ist, wieder für Öffentlichkeit zugänglich sein.
Der Grund: Viele Bäume sind in die Jahre gekommen, einige sind über 200 Jahre alt. Das Alter, aber auch die beiden vergangenen außergewöhnlich heißen und trockenen Sommer sowie Schädlinge haben den Bäumen zugesetzt. Damit kein Besucher verletzt oder gar von herabstürzenden Ästen oder umstürzenden Bäumen getötet wird, hat das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf den Landschaftspark abgesperrt. Die Schäden zu sichten und zu beseitigen ist ein umfangreiches Unterfangen. Der Schnitt der Bäume hat so zu erfolgen, dass das Landschaftsbild erhalten bleibt. Eine Mammutaufgabe für die Mitarbeiter des Grünflächenamtes, die auch in den anderen Parks und Grünanlagen in Steglitz-Zehlendorf voll gefordert sind. Darüber hinaus spielen die Nachwirkungen des Lockdowns eine Rolle. Zudem müssen die Maßnahmen im Landschaftspark, der nicht nur zum Weltkulturerbe zählt, sondern für den auch die strengen Regeln der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gelten, mit dem Senat abgestimmt werden.
Wann der gesamte Landschaftspark wieder geöffnet werden kann, ist noch nicht absehbar. Umrunden kann man ihn aber: An den Bäumen, die die umlaufenden Hauptwege säumen, wurden bereits im April die notwendigsten Maßnahmen vorgenommen. Ein langer Spaziergang rund um das Areal ist also möglich. Der Pleasureground rund um das Schloss Glienicke bleibt für das Publikum geöffnet. Doch auch nach Beendigung der Arbeiten gilt, dass die Besucher des Parks, der zum Weltkulturerbe zählt, auf den Wegen bleiben müssen. Ein Picknick auf der Wiese ist nach den geltenden Regeln ohnehin nicht erlaubt.
Der Landschaftspark erhielt um 1860 seine heutige Ausdehnung. Prinz Karl, der Besitzer von Schloss und Park, ließ das Ensemble anlegen. Die Entwürfe stammen von Peter Joseph Lenné, der bereits den Vorläufer des Landschaftsparks gestaltet hatte. Für die Öffentlichkeit war das Gelände nicht zugänglich. Nach dem Tod des Prinzen verwilderte das Gelände nach und nach, da die Erben nur wenig Interesse an dem Landsitz zeigten. Sein Enkel Prinz Friedrich Leopold verpfändete die Ländereien sogar an die Dresdner Bank. Über Umwege kam der Landschaftspark so 1934 in den Besitz des Landes Berlin. Als Propagandamaßnahme wurde er 1935 als Volkspark Glienicke für die Allgemeinheit zugänglich gemacht. Das Schloss Glienicke und der Pleasureground hingegen blieben im Besitz des Adels. Doch auch diese Liegenschaften wurden 1939 an die Stadt verkauft.
Seitdem gehören Schloss und Landschaftspark Glienicke zu den beliebten Ausflugszielen. Mit dem Ende der Pflegemaßnahmen – die im Fall des Landschaftsparks voraussichtlich noch lange andauern werden – können die Besucher die schöne Landschaft nahe der Havel wieder genießen.
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