Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal Oktober/November 2020
Als im Jahr 2018 der KulturKiosk in Zehlendorf-Mitte seine Bücherregale räumen musste, kam nicht nur bei den ehrenamtlichen Betreiberinnen Gudrun Krienke und Christine Wehner vom Kultur in Zehlendorf e. V. Wehmut auf. Auch die zahlreichen Stammkunden und Buchfreunde des über die Jahre etablierten Bücherkiosks machten lange Gesichter und wandten sich mit einer seitenlangen Unterschriftenliste gegen die Schließung an das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf.
Jetzt, zwei Jahre später, zeigt sich wieder einmal, dass manches Ende einen glänzenden Neuanfang in sich birgt:
So konnten am 4. September 2020 die beiden Kulturbegeisterten nun viele Gleichgesinnte im geräumigen KulturPavillon am U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim strahlend begrüßen.
„Fast alle waren zur Eröffnung des KulturKiosk am neuen Standort da, die auch vor zwei Jahren hinter uns gestanden haben“, freut sich Christine Wehner, die mit großem Herzen und beachtlichem Fachwissen auch im neuen KulturKiosk ehrenamtlich waltet und Ansprechpartnerin ist.
Seiner Aufgabe als aktualisierter Kultur-Treff machte der runde, in Blau-Weiß und mit viel Glas ausgestattete Pavillon bereits am ersten Tag alle Ehre und zog viele Gäste an: Im überdachten, offenen Außenbereich präsentierten auf der von Gudrun Krienke als Regisseurin und Leiterin des alpha-nova-werkstatttheater geschickt konzipierten Bühne etliche Autoren und Gesangskünstler vom Wilmersdorfer Künstlerkolonie Berlin e. V., zu dem auch zukünftig lebendiger Kontakt gehalten werden soll, „Coronaregel-gemäß“ ein abwechslungsreiches Programm: Ingrid Ihnen-Haas begeisterte mit Brecht-Liedern und animierte mit französischen Chansons und amerikanischem Blues zum Mitwippen, während passend zum Anlass Sigrun Kaspari und Anna Tortajada u. a. aus den „Buchstabengeschichten“ lasen.
Ein weiteres Highlight war der stimmungsvolle Beitrag auf der Harfe von Schauspielerin Mona Volmer, die damit Alt und Jung in ihren Bann zog. Und so fand schon bald in angenehmer Plauder-Atmosphäre der Tänzer aus Uganda ins Fachgespräch mit einer Tänzerin aus Teltow und die Brecht-Liebhaberin ins Diskutieren mit einer Autorin.
Christine Wehner betont: „Bereits am Eröffnungsnachmittag zeigte sich, wie erfolgreich Bücher – sozusagen als Katalysator – Menschen ungezwungen und selbstbestimmt zusammenbringen können. Darauf wollen wir mit unserem neueröffneten Kulturtreff verstärkt hinarbeiten.“
Wie ein erweitertes Schaufenster öffnet sich der neue KulturPavillon dem Besucher, der von zwei Seiten Zugang auf die Bücherregale hat. In der liebevoll gestalteten Theaterecke erwarten Information und Kulturangebote den Interessierten. Der neu gewonnene Raum erlaubt Innehalten an kleinen Tischchen unter Berücksichtigung der gebotenen Abstandregeln. Auch an die jüngsten Leser ist mit einer freundlich gestalteten Ecke gedacht, in der Jugend- und Kinderliteratur bereitliegt.
Ein Küchenbereich und Abstellräume erweitern das Raumangebot, das die Betreiberinnen nach jahrelangem Bücherdasein auf kleinstem Raum besonders zu schätzen wissen.
Einiges war zu tun, bis der ehemalige Imbiss „culturelike“ war. Mitglieder des Jugendwerkkurses halfen da beim Verputzen, Innenräume wurden gespachtelt. Christine Wehner dichtete mit Bitumen-Band gefährdete Stellen zwischen Dach und Glaswänden, und Regisseurin Krienke zeigte wieder einmal, welch Ideenreichtum in Sachen Ausstattung in ihr steckt. Beide Frauen sind sich einig: „Äußerst angenehm war die Zusammenarbeit mit Herrn Lindemann vom Bezirksamt.“ Und Bezirksstadträtin Maren Schellenberg habe sich zuverlässig eingesetzt, die Übernahme beschleunigt und unkompliziert Handwerker geschickt. Auch die Miete für den Pavillon sei akzeptabel.
Harmonisch fügt sich das Innere des neuen KulturKiosk mit seinen weißen Wänden, Glasflächen und dem gefliesten Fußboden unaufdringlich ins Bild. Und auch die grün-berankten Außenwände haben ihren besonderen Charme.
Das Konzept und die Beantragung der farbenfrohen Gestaltung des Außenbereiches (siehe Gazette 7/20) zur Vermeidung unkontrollierter Graffiti-Schmiererei in Kooperation mit der Künstlerin Marina Schulze liegt derzeit dem Bezirksamt vor. Und auch von Seiten der Bücher-Stammkunden werden vermehrt Ideen zur Gestaltung der Außenwände geäußert: Weniger Farbe, mehr Naturnähe, die dem rund um den U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim herrschenden Gesamtbild gerecht wird, wünscht sich da der Eine, während der Andere lediglich eine Wand bemalt sehen will und die Bänke eher schlicht gehalten. Ein Dritter könnte sich stärker begrünte Außenwände gut vorstellen, und wieder ein Anderer setzt auf die Rundumbemalung.
– So bringt der neue KulturKiosk bereits jetzt, kurz nach seiner Eröffnung, allein über die Frage um seine zukünftige Außengestaltung die Menschen zueinander.
Er ist regelmäßig von Montag bis Freitag in der Zeit von 15 bis 19 Uhr geöffnet.
Jacqueline Lorenz
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2022