Erschienen in Wannsee Journal Oktober/November 2020
Die schöne, fast verwunschene Kirche hoch über der Havel ist wieder geöffnet. Im September fand die feierliche Wiedereröffnung im kleinen Kreis statt. Die fast 170 Jahre alte Kirche zu sanieren war ein umfangreiches Projekt. Während der Arbeiten wurden mehr und mehr Problemstellen gefunden und auch coronabedingt klappte nicht alles wie geplant. Doch nun hat St. Peter und Paul eine neue Heizung, das Dach ist erneuert und die Glockentürme wieder dicht. Alle Arbeiten sind beendet und die Besucher können das Gotteshaus über den ebenfalls frisch sanierten Vorplatz wieder betreten. Eine tägliche Besichtigung ist leider aus Personalmangel nicht möglich. Die Evangelische Kirchengemeinde sucht noch Ehrenamtliche, die sich zur Verfügung stellen. Doch jeden Sonntag kann der Gottesdienst um 15 Uhr besucht werden.
Das Gotteshaus im Wald wurde im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. erbaut. Charlotte von Preußen, das dritte Kind und die erste Tochter von König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise heiratete1817 den Großfürsten Nikolaus Pawlowitsch, später Zar Nikolaus I. Als Geschenk und zum Zeichen der Verbundenheit zwischen dem russischen und dem preußischen Herrscherhaus ließ Friedrich Wilhelm III. im Jahr 1819 das Blockhaus Nikolskoe im Stil eines russischen Bauernhauses bauen. Der Anlass war der Besuch seiner Tochter, die nach dem Übertritt zum russisch-orthodoxen Glauben den Namen Alexandra Fjodorowna trug. Nikolskoe (gesprochen Nikolskoje) bedeutet frei übersetzt „Nikolaj gehörend“. 1834 wurde mit dem Bau der Kirche begonnen. Am 13. August 1837 konnte Kirchweih gefeiert werden. Die Kirche entsprach einem persönlichen Wunsch der Königstochter, die 1825 zur Zarin wurde. Sie wollte der Überlieferung nach gerne Glocken über der Havel hören. Der Standort für St. Peter und Paul wurde der Erzählung nach auf eine sehr eigenwillige Weise gefunden: Der König platzierte Marinesoldaten auf den Anhöhen neben der Havel. Diese mussten an Bäumen Fahnen hissen. Friedrich Wilhelm III. ließ sich in einem Segelboot den Fluss entlangfahren und bestimmte so den künftigen Bauplatz.
Entworfen wurde die Kirche von Friedrich August Stüler und Albert Dietrich Schadow, einem Neffen des Bildhauers Gottfried Schadow. Sie wurde Pfarrgemeinde für die Gläubigen von Klein Glienicke und der Pfaueninsel. So konnte der König den Bau auf Staatskosten errichten lassen. Die Innenausstattung entspricht in großen Teilen der aus den Anfangszeiten. Hier ist die Handschrift Schinkels zu sehen, auf den die „Berliner Vorstadtkirche“ zurückgeht. Durch große Fenster wirkt das Kircheninnere sehr hell. Die Fenster sind mit Blumenornamenten und Sternen geschmückt. Dem aufmerksamen Betrachter fallen viele Details auf – die Säulen sind mit Bildern versehen und im oberen Bereich vielfältig verziert. Auf der hohen, hölzernen Kanzel sind Medaillons der Namensgeber Petrus und Paulus zu sehen. Die römischen Mosaike waren ein Geschenk von Papst Clemens XIII. an Friedrich den Großen. Einige Treppenstufen führen hoch zum Altar in der Apsis. Ihm wurden nachträglich zwei Bronzestatuen zugefügt, die der Kirche von Prinz Carl von Preußen vermacht wurden. Ein wahres Prachtstück ist die Orgel. Sie stammt von der Firma Turley aus Treuenbrietzen. In ihren Grundbeständen ist sie die älteste Kirchenorgel in Berlin, die sich noch an Ort und Stelle befindet. Unter der Kirche befindet sich eine Gruft. Der preußische Prinz Carl, Sohn von König Friedrich Wilhelm III., ließ sie 1877 bauen. In ihr fanden seine Frau Marie und er selbst die letzte Ruhestätte.
St. Peter und Paul ist nicht nur ein Fest für das Auge – hier gibt es auch Hörenswertes. Das Glockenspiel – einst das umfangreichste Berlins – besteht aus 24 Glocken, die 1985 geweiht wurden und vier weiteren, die 1987 dazu kamen. Ab 10 Uhr erklingt es bis zum Sonnenuntergang zu jeder vollen Stunde mit verschiedenen Melodien. Täglich um 12 Uhr wird nach dem Choral „Lobet den Herrn“ noch die Melodie „Üb‘ immer Treu und Redlichkeit“ gespielt, die einst in der Potsdamer Garnisonskirche erklang.
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