Erschienen in Gazette Zehlendorf Dezember 2020
105 Jahre ist es her, dass Hugo E. Walter in der Tempelhofer Theodorenstraße 5a sein Unternehmen zur Herstellung feinster Schokoladenwaren gründete. Seitdem steht die Manufaktur für edelste Berliner Pralinen, Schokoladen und Gebäcke und hat die Marke Walter besonders für Nougat- und Marzipanspezialitäten seit Generationen zu einer festen Instanz im Berliner Westen werden lassen.
Nun wird seit zwei Jahren aus der Feder der Nachfolge-Betreiber ein neues, spannendes und zukunftsweisendes Kapitel der über 100-jährigen Firmengeschichte geschrieben, ohne dabei über die Jahrzehnte erfolgreich Entwickeltes aus den Augen verlieren und aufgeben zu wollen.
Mit ihrer Übernahme der sich zu dieser Zeit in schwieriger finanzieller Lage befindlichen Confiserie stellten sie sich im Jahr 2018 der Herausforderung, altbewährte Qualität behutsam mit frischen und jüngeren Ideen zu veredeln, dem Zeit-Geschmack näher zu bringen und das Unternehmen damit wieder auf festere Füße zu stellen.
An der Spitze des Traditionshauses stehen seitdem mit ganzem Herzen die Geschwister Caroline und Philipp Thiedig, die aus einer eingesessenen Eisen- und Stahlbau-Unternehmerfamilie kommen. Walter-Spezialitäten gehören zu ihren Kindheitserinnerungen, standen an besonderen Tagen stets auf dem Tisch. Ihr Vater träumt noch heute von seiner ersten, mit einer Nuss gekrönten Marzipan-Praline von Walter, die er in schlechten Zeiten einmal als ganz besondere Leckerei überreicht bekommen hatte, und die ein Leben lang seine Lieblingspraline bleiben sollte.
An Unternehmens-Seite wirkt als zweiter Geschäftsführer neben der in erster Linie im Marketing Operations Management tätigen Geschäftsführerin Caroline Thiedig der aus dem Catering- und Delikatessenbereich erfahrene Nils Hölterhoff, der in dieser nicht immer leichten Auf-, Umbau- und Kennlernphase der Manufaktur für die Bereiche Betrieb und Personal zuständig ist und das notwendige Know-how für den Genusswarenbereich mitbringt. Der erfolgsversprechende Austausch innerhalb des Führungsteams eröffnet unterschiedliche Blickwinkel und schließt einseitig angedachte Entscheidungen und Veränderungen damit aus.
Ohne staatliche Unterstützung saniert das Unternehmerteam nun aus eigener Tasche die zuvor angeschlagene Firma, die ihren aktuellen Produktionssitz auf dem Rausch-Schokoladen-Gelände an der Tempelhofer Wolframstraße bezogen hat, da der Platz am vorherigen Produktionsort in der Großbeerenstraße zu eng geworden war. Zwischen Walter und Rausch, das auf eine ähnlich lange Traditionsgeschichte als Berliner Schokoladenhersteller zurückblicken kann, besteht inzwischen eine geschäftliche Kooperation.
Rund 30 Walter-Mitarbeiter, von denen fast die Hälfte langjährige Kollegen der altehrwürdigen Berliner Schokoladenfirma sind, arbeiten derzeit in der Manufaktur mit Patisserie und Konditorei, multi-kulturell bereichert durch neu hinzugekommene Arbeitskräfte, darunter zwei Auszubildende mit Flucht-Hintergrund.
Die Produktionsleitung hat mit seiner unverzichtbaren Fachkompetenz Carsten Sikora, der dem Traditionsunternehmen Walter seit Jahren familiär verbunden ist.
Die leckeren Erzeugnisse der Produktion werden in Partner-Confiserien und in den vier Berliner Walter-Filialen angeboten: Am Teltower Damm 27 in Zehlendorf, im einstigen Firmengründungbezirk Tempelhof am Tempelhofer Damm 182-184, in Charlottenburg am Olivaer Platz 17 und in Mitte in der Brunnenstraße 13.
Das Geschäft am Olivaer Platz sieht als älteste Filiale einer zeitgemäßen, aber behutsamen Renovierung entgegen.
Im „Innovationszentrum“ in der Brunnenstraße werden neue Schokoladenrezepte ausprobiert, sollen – so Corona will – bald wieder Back- und Pralinenevents stattfinden.
Alte Maikäfer-Schokoladenformen, Rezeptbücher und Werbetafeln aus Anfängen der Walter Confiserie sind die besonderen Schätze von Caroline Thiedig. Mit viel Humor und fröhlichen Werbetafeln warb Gründer Hugo E. Walter einst für seine Schoko-Leckereien, annoncierte mit witzigen Sprüchen regelmäßig im Wochenblatt nach dem Motto: Wer Walter-Ware weise wählt, wird Walter weiter wünschen.
Daran will die Geschäftsführung anknüpfen und den richtigen, hier und da witzigen Ton finden, der auch den jüngeren Kunden anspricht. – Waren es in den vergangenen Jahren doch eher ältere Stammkunden, die Walter-Produkte kauften. Neue zeitgemäße Verpackungen, spannende Filialen, die Jung und Alt zum Kaufen verführen: Schritt für Schritt sollen diese Veränderungen das in die Jahre gekommene Walter-Image aufpolieren und jüngeres Klientel ansprechen.
Eines aber wird versichert: Beste Zutaten, höchste Walter-Qualität und handwerkliches Können bei der Produktion sollen erhalten bleiben und weiter ungebremsten Appetit auf die ganz besonderen Leckereien der Manufaktur machen. Denn gerade in Corona-Zeiten gönnt man sich gerne einen besonderen Genuss, und das nicht nur zur Weihnachtszeit:
Da sind die Dominosteine, die es in neun Sorten gibt, und die zu Deutschlands besten zählen. Für das sogenannte Lagerprodukt wird bereits im Frühjahr der Teig angesetzt. Mit Beginn der Weihnachts-Produktion, die bis kurz vor den Festtagen läuft, werden die Teigplatten dann gebacken, um später nach mehreren Zwischenschritten mit Gelee bestrichen – nach altbewährtem Rezept nicht zu süß – Schritt für Schritt ihrem (oft nur kurzem) Dasein als Dominostein zugeführt zu werden. Und da sind die mandelreichen handeingepackten Marzipanbrote, das haselnussduftende Nougat oder die zartschmelzenden Champagner-Trüffel, raffinierten Pralinen und butterzarten Gebäckvariationen; Baumkuchen: 2001 war die Steglitzer Marke Faustmann-Gebäck von Walter gekauft worden und gehört bis heute zum Verkaufsschlager, auch wenn das Gebäck zukünftig unter dem Marken-Namen Walter laufen wird. Zusätzlich im Sortiment sind neuerdings auch leckere Törtchen, die, zu Kaffee oder Tee gereicht, manch Schleckermäulchen in höchste Entzückung versetzen.
Wer einmal in die Produktion Einblick nehmen und erleben durfte, in wie liebevoller Hand- und Kleinarbeit da Trüffel über die „Igelgitter“ gerollt, Schokolade in großen Kesseln gerührt und besagte Dominosteine in mundgerechte Stücke geschnitten werden, der wird sich die Leckerei mit Hochachtung zwischen die Lippen schieben und nicht ohne Ehrfurcht vor der hohen handwerklichen Leistung der Walter-Mitarbeiter genüsslich auf der Zunge zergehen lassen.
Und wem nun das Wasser im Mund zusammenläuft: Außer in den Walter-Filialen findet er dann auch beim diesjährigen erstmalig geplanten Walter-Weihnachts-Werksverkauf in den Produktionsräumen an der Wolframstraße 95-96 in 12105 Berlin-Tempelhof all die süßen Köstlichkeiten, vom witzig-historischen Walter-Adventskalender bis zu saftigen Nougat-Dominosteinen, weichen Riesen-Marzipankartoffeln und bunten knackfrischen Schokotalern.
Der genaue Zeitpunkt des Werkverkaufs wird noch bekannt gegeben und ist von der aktuellen Corona-Lage abhängig. Näheres unter www.walter-confiserie.de .
Jacqueline Lorenz
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