Erschienen in Gazette Steglitz Februar 2017
Bereits im Jahr 2016 zeigte das Museum eine kleine Ausstellung zum Radio und seinem Lichterfelder Erfindergeist Manfred von Ardenne (1907-1997). Damit wurde ein tragendes Element der Medienkommunikation angesprochen, das in unserem kulturellen Bewusstsein einen unverrückbaren Platz einnimmt.
Ardenne schuf eine technische Neuheit, mit der das Tonmöbel „Radio“ entstehen konnte. Der Rundfunk war die eigentliche Botschaft, die im ausgehenden 20. Jahrhundert unsere Medienkultur beeinflusste, prägte und veränderte. Der Rundfunk schuf ein völlig neues kulturelles Bewusstsein, das Menschen in den Bann zog, sie in den 1920er-Jahren von den Leiden des Ersten Weltkrieges und der Wirtschaftsinflation über Unterhaltung entlasten sollte, der sie bilden sollte und jedem auch dem ärmsten Wissen bringen sollte.
Doch der Rundfunk blendete auch ganze Volksmassen und zog sie schließlich in den 1940er-Jahren erneut in Ruinen, aus denen die Menschen wieder auferstehen mussten. Der Rundfunk wirkte als Kraft und Mutspender um sich aus den Kriegstrümmern aufzurichten und das Leben wieder neu zu ordnen. Er wirkte mobilisierend, führte die Menschen durch das Wirtschaftswunder und verstand es besonders in Berlin eine Brücke zwischen zwei Welten zu bauen. Schließlich setzte der Rundfunk wiederum neue Maßstäbe der Kommunikation und Verständigung mit einem einigen Deutschland.
Der Schriftzug „Telefunken“ stand als Markenzeichen auf dem Radio, und die Telefunkenuhr am Telefunkenturm in der Goerzallee war weithin in Lichterfelde zu sehen. Das Radio wurde in den großen Werksanlagen vom Reißbrett bis zum fertigen Produkt hergestellt. Die Telefunken wurde zu einem Wahrzeichen Lichterfelder Industrieproduktion. Doch das Werk, das Tausende von Arbeitern schluckte, wurde auch ein Faktor sozialer Ausprägungen. Das Telefunkenwerk dehnte sich im Berliner Südwesten mit Wohnquartieren aus und schuf Lebens- und Familienbilder.
Doch in der eigentlichen Botschaft war und ist der Rundfunk ein bedeutender Kulturfaktor, der mit Persönlichkeiten die Lebensbilder der Menschen prägte. Fröhlichkeit und Unterhaltsamkeit brachte der Lichterfelder Hans Rosenthal im Nachkriegsberlin durch den „Äther“ und „Onkel Tobias vom RIAS“ haben die Menschen auch heute noch in der Erinnerung. Der erste Intendant des RIAS war ein Lichterfelder der eine Schlüsselrolle in dem von Sektoren geteilten Berlin spielte.
Aber wie kann uns die Botschaft Rundfunk als Hörer erreichen? Im Radio steckt Technik und Physik. An Versuchsstationen kann man den Empfang von Radiowellen ausprobieren, womit die Geschichte begann. Rundfunkempfang erzeugte in den 1920er-Jahren leidenschaftsvolle Hobbyfunker und Radiobastler. Mit dem Kopfhörer konnte man die ersten Konzerte und Rundfunkansagen empfangen. Und jede Sendung endete mit den Worten: „Vergessen Sie nicht ihre Antenne zu erden!“ Diese hochohmigen Kopfhörer waren ein Hit und das Familiengeschenk schlechthin. Den Anfang aber bildete der Morsefunk, und diese Versuchsstation sollte man in der Ausstellung nicht vergessen. Morsen kann eine spannende Tonzeichensprache sein, die Sie unbedingt versuchen sollten. Das komfortable Radio der 1930er-Jahre brachte das „Magische Auge“ hervor, und wie das funktioniert, muss man im Versuch selber erkunden.
Unsere PC-Technik erlaubt uns auch komplizierte Techniken sichtbar zu machen, so verhält es sich mit der Sprache, die sich im technischen Medium zeigen muss, um sie zu senden. Hier ist wieder der versuchsfreudige Besucher eingeladen, diesen technischen Vorgang selbst zu ergründen.
Die Ausstellung folgt den Spuren des Altphilologen Johannes Stroux, der nach dem Zweiten Weltkrieg als erster regulärer Rektor der Humboldt-Universität und als erster Präsident der Akademie der Wissenschaften amtierte. In die Zeit seines Rektorats fällt der Wiederaufbau des Universitätsbetriebs. Zugleich verschärften sich im Nachkriegsberlin die politischen Gegensätze zwischen den Besatzungsmächten, was sich auch auf die Hochschulen der Stadt auswirkte. Die Entwicklung führte 1948 zur Gründung der Freien Universität (FU) im Berliner Südwesten.
Erinnert werden soll an Siegfried Borris, der als Komponist, als Musikpädagoge, als Musikwissenschaftler gleichermaßen Bedeutendes geleistet und der als Musikpolitiker nach 1945 am Wiederaufbau und an der Organisation des Musiklebens in Deutschland sowie an der Neugestaltung internationaler musikalischer Beziehungen und Verbindungen maßgeblich mitgewirkt hat.
Alle drei Ausstellungen werden vom 4. Februar bis zum 3. Dezember 2017 gezeigt. Steglitz Museum, Drakestraße 64A, 12205 Berlin, www.heimatverein-steglitz.de. Geöffnet Di bis Fr und So von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Führungen bitte im Museum anfragen oder der Website entnehmen. Geplante Gruppenführungen sind jederzeit möglich.
Gabriele Schuster, Heimatverein Steglitz
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