Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal Dezember/Januar 2020
Zum 1. Dezember 2020 übernimmt die gebürtige Wienerin Deborah Hartmann die Leitung über das Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin–Wannsee, eine der wichtigsten deutschen Gedenkstätten, die sich der Geschichte des Nationalsozialismus mit seinen Tätern und Opfern widmet.
Die studierte Politikwissenschaftlerin, die seit vielen Jahre im Bereich der Gedenkstättenpädagogik arbeitet, löst damit den Rechtshistoriker Dr. Hans-Christian Jasch im Amt ab, der nach fünf Jahren an der Gedenk- und Bildungsstätte ins Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat zurückkehrt.
Berlin und das Haus der Wannsee-Konferenz hatte Deborah Hartmann bereits während ihres Studiums kennengelernt, das sie auch kurz an die Freien Universität Berlin geführt hatte. In Wien schloss sie ihr Studium mit einer Forschungsarbeit zur europäischen Erinnerung an die Shoah ab. Nach dem Studium ging sie zwanzigjährig 2007 nach Israel und arbeitet seitdem an der International School for Holocaust Studies Yad Vashem.
Als wichtige frühe Stationen ihres Tätigkeitsfeldes mit den Schwerpunkten jüdische Geschichte, Nationalsozialismus, Holocaust und Antisemitismus bezeichnet die neue Leiterin nach ihrer Tätigkeit als Guide am Jüdischen Museum in Wien, das American Jewish Commite in Berlin sowie das Projekt an der Freien Universität Berlin „Zeugen der Shoah“.
Die deutschsprachige Bildungsabteilung in Yad Vashem leitet Deborah Hartmann seit 2015, wo sie zuvor als Repräsentantin der pädagogischen Abteilung für die deutschsprachigen Länder mit Sitz in Berlin tätig war.
Sie unterrichtete an der Universität Wien und verfasste zahlreiche Publikationen zu den Themen Erinnerungskultur und Holocaust Education für Fachblätter und -bände.
Was Deborah Hartmann besonders am Haus der Wannsee-Konferenz beeindruckt, erklärt sie mit den Worten: „Es ist ein Ort, der nationalsozialistisches Verbrechen mit der jüdischen Erfahrung der Shoah auf einzigartige Art und Weise verbindet.“ Dieses Spannungsverhältnis repräsentativ zu vermitteln, stelle eine große Herausforderung für sie dar. Gemeinsam mit dem 25-köpfigen Team der Berliner Gedenk- und Bildungsstätte wolle sie nun weitere Konzepte und Zugänge für Forschung und Vermittlung im lokalen und globalen Kontext entwickeln.
Dabei setzt die pädagogikerfahrene Leiterin auf ein umfangreiches Netzwerk. Die Grundlage dafür hat sie im Laufe ihrer internationalen Tätigkeiten erfolgreich aufbauen können und arbeitet nun an der Erweiterung dieses Pools.
Als frischgebackene Leiterin freut sich Deborah Hartmann auf eine ihrer ersten Aufgaben in der Gedenk- und Bildungsstätte am Wannsee: So ist sie Mit-Organisatorin der Veranstaltung zum Gedenken an den Jahrestag der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 2021. Das Gedenken soll erstmals simultan ins Englische übersetzt und sowohl analog wie digital stattfinden.
Und mit dem zukünftigen Seminargebäude am Haus der Wannsee-Konferenz, das mehr Platz für die Erinnerungskultur verspricht, sieht die neue Chefin gute Chancen, ihre Ideen zur nachhaltigen Bildungsarbeit erfolgreich international in die Realität umsetzen und ausbauen zu können.
Aus Reihen des Haus der Wannsee-Konferenz wird Deborah Hartmann als fachlich versierte Kollegin in der Gedenkstättenpädagogik geschätzt, die sich bereits bei gemeinsamen Programmen der deutsch-israelischen Bildungs- und Begegnungsarbeit als zielführende Partnerin in Yad Vashem erwiesen und bewährt hat.
Eher zufällig hatte sie von der Ausschreibung der Leiterinnen-Stelle am Haus der Wannsee-Konferenz erfahren und sich dafür beworben.
Dazu fasst der Senator für Kultur und Europa, Dr. Klaus Lederer, zusammen:
„…Frau Hartmann hat insbesondere mit zukunftsträchtigen, innovativen Ideen beeindruckt. Mit ihr gewinnt das Haus der Wannsee-Konferenz eine fachlich versierte, kompetente und international gut vernetzte Leitung, der die Weiterentwicklung der Bildungsarbeit besonders am Herzen liegt. Dass mit Frau Hartmann erstmals eine Frau an der Spitze des Hauses steht, freut mich außerdem.“ Das Haus der Wannsee-Konferenz sei ein wichtiger Eckstein der Berliner Gedenk- und Erinnerungslandschaft, dessen Geschicke, Weiterentwicklung, aber auch besonders wichtige Aufklärungs- und Bildungsarbeit man nun in kompetenten Händen wisse.
Deborah Hartmann, gerade in Berlin angekommen, betont, dass es ihr besonders wichtig sei, nach einer Phase des Kennenlernens und des Gedankenaustauschs am Haus gemeinsam mit den Kollegen Konzepte weiterzuentwickeln sowie Archiv, Bibliothek und Forschung zu erweitern und spannende Projekte zu erstellen, die auch die Bildungsarbeit vorantreiben.
Als Mutter zweier Kleinkinder wohnt sie derzeit noch bei den Schwiegereltern in Berlin-Schöneberg und pendelt zwischen Berlin und Israel, bis ihre Familie nachgekommen ist.
Jacqueline Lorenz
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