Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal Dezember/Januar 2020
Ein Vertreter des alten preußischen Adels, der die Post reformierte und dem Pferderennsport zugetan war: Victor von Podbielski, dessen Vorfahren einst aus Polen stammten, jedoch bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts den preußischen Herrschern dienten, schlug zunächst die militärische Laufbahn ein. So folgte er der Familientradition. Der 1844 geborene Victor trat nach der Ausbildung in der Kadettenanstalt im Jahr 1862 seinen Dienst im 2. Brandenburgischen Ulanen-Regiment Nr. 11 an. Acht Jahre später nahm er als Offizier am Krieg gegen Frankreich teil. Seine Zeit beim Militär endete 1891 nach der Beförderung zum Generalmajor. In der Folgezeit widmete er sich seinem Besitz: Er war Erbe des Gutshofes Dallmin in der Westprignitz. Hier beschäftigte er sich vor allem mit der Molkerei und Schweinezucht. In späteren Jahren nahm von Podbielski viele Um- und Neubauten vor. Außerdem gründete er eine Stärkefabrik, die bis heute noch besteht. Er setzte sich für moderne Zucht- und Produktionsmethoden in der Landwirtschaft ein. Als er 1896 in den Reichstag gewählt wurde, machte man ihn nur ein Jahr später zum Leiter des Reichspostamts. Von seinen Kritikern wurde die Beförderung in das neue Amt zunächst misstrauisch beäugt. Doch der genauso energische wie scharfzüngige von Podbielski konnte durch Engagement und Neuerungen überzeugen. Er reformierte die Post umfassend und ihm zu Ehren bekam der erste deutsche Kabelleger, ein Arbeitsschiff zur Verlegung von Seekabeln, den Namen Von Podbielski.
Von 1901 bis 1906 war Podbielski preußischer Landwirtschaftsminister. Ein Amt, das ihm als Gutsherr vermutlich sehr entgegenkam. Doch er stolperte über eine Bestechungsaffäre – den Skandal um die Firma Tippelskirch & Co. Dieses Unternehmen hatte einen Vertrag mit dem Kolonialamt ausgehandelt, der es dazu berechtigte, die Kolonialtruppen des Deutschen Reichs mit allem außer Waffen auszustatten. Dafür flossen Schmiergelder. Vermittlerin zwischen Beamten und Firma soll niemand anders als Margarethe von Podbielski gewesen sein, die Frau des Landwirtschaftsministers. Dieser geriet ebenfalls in den Strudel der Ereignisse und musste seinen Rücktritt erklären.
Danach widmete sich der ehemalige Kavallerist dem Sport, genau gesagt, dem Pferdesport. Er wurde geschäftsführender Vizepräsident des Union-Klubs, der sich der Vollblutzucht und Rennen widmete. In seiner Funktion setzte er sich für den Bau der Rennbahn in Grunewald ein – heute befindet sich dort der Ortsteil Westend. Bis zu seinem Tod 1916 setzte er sich aktiv für den Sport ein und war auch an den Vorbereitungen für die Olympischen Spiele beteiligt, die 1916 in Berlin stattfinden sollten, aufgrund des Ersten Weltkriegs jedoch ausfielen.
Nach ihm wurde eine Traubeneiche am Olympiastadion und die Podbielskiallee in Dahlem benannt.
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