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Vom Rathausplatz zum Mahnmal

Hermann-Ehlers-Platz im Wandel der Zeit

Ein kleiner, dreieckiger Platz als Zierde vor dem Rathaus - der noch namenlose Platz, ca. um 1900. Sammlung Jörg Becker
Ein kleiner, dreieckiger Platz als Zierde vor dem Rathaus - der noch namenlose Platz, ca. um 1900. Sammlung Jörg Becker
Erschienen in Gazette Steglitz Januar 2021
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Was heute ein mäßig attraktiver, verkehrsumtoster Platz ist, begann als liebevoll begrünte, dreieckige Fläche vor dem Rathaus. In seinen Anfängen wurde der Hermann-Ehlers-Platz, von 1955 bis 1958 Ehlersplatz, nach der Fertigstellung des neuen Rathauses in Steglitz angelegt. Preußens größtes Dorf war stolz auf sein Rathaus, das im neugotischen Stil einer kleinen Trutzburg glich. Der namenlose Platz – inoffiziell Rathausplatz genannt – sollte zu dem Glanz beitragen. Spätestens nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war es mit dem Grün auf dem dreieckig angelegten Platz vorbei und Autos parkten auf dem Areal.

Mit dem Bau der Autobahn – genauer gesagt der Westtangente sowie dem Bau des Kreisels einige Jahre später wurden die letzten Überreste des alten Dorfes Steglitz beseitigt. Der Platz wurde dafür größer und erstreckte sich auf seiner heutigen Fläche bis an die Autobahn heran. Das Kunstwerk „Day and Night“ von Peter Sedgley stand seit 1975 auf dem Platz. Elf weiße Wände wurden von 16 farbigen Scheinwerfern beschienen. Die weißen Wände riefen allerdings auch Graffiti-Sprayer auf den Plan. Ein weiteres Gestaltungsobjekt war ein Kaskadenbrunnen mit blauen Fliesen, der den Betrachter an ein Freibad erinnern sollte. Sowohl Kunstwerk als auch Brunnen wurden immer wieder beschädigt. Schließlich sah man sie nicht geeignet an, um dauerhaft auf dem Platz zu bleiben. Zur 750-Jahr-Feier Berlins ersetzte man den Brunnen durch den heutigen aus rotem Klinker. Auch das Kunstwerk von Segdley wurde entfernt.

Seit 1995 steht die Spiegelwand auf dem Hermann-Ehlers-Platz. Ein Mahnmal, das heftig umstritten war. Auf der hochglanzpolierten Chromstahlwand sind 1723 Namen jüdischer Mitbürger eingraviert, die während der Nazizeit deportiert und ermordet wurden. Die Bezirksverordnetenversammlung hatte das Mahnmal mit den Stimmen der CDU, FDP und Republikaner abgelehnt. Der damalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) zog den Vorgang an sich und sorgte dafür, dass der Errichtung der Spiegelwand nichts mehr im Weg stand. Entworfen wurde die Wand von den Künstlern Wolfgang Göschel und Joachim von Rosenberg. Die Spiegelwand steht in der Nähe des Hauses Düppelstraße 41, auf dessen Hinterhof sich die Synagoge Steglitz befand, die der Kaufmann Moses Wolfenstein auf seinem Grundstück errichten ließ. Das Gebäude steht noch, ist aber nicht öffentlich zugänglich.

Hermann Ehlers

Der Namensgeber des Platzes wurde 1904 in Schöneberg geboren und besuchte die Oberrealschule in Steglitz, heute Hermann-Ehlers-Gymnasium. Nach dem Abitur studierte er Jura und wurde 1931 Richter auf Probe. Da er der Kirche nahe stand und sich weigerte, NSDAP-Mitglied zu werden, wurde er 1939 aus dem Staatsdienst entlassen. Nach Kriegsende trat er in die neu gegründete CDU ein. Er wurde 1953 der zweite Bundestagspräsident der Bundesrepublik Deutschland. Sein früher Tod mit nur 50 Jahren löste parteiübergreifende Trauer aus, Bundeskanzler Konrad Adenauer brach eine Amerika-Reise ab, um an der Trauerfeier teilnehmen zu können.

Verschönerung des Platzes geplant

Die Aufenthaltsqualität auf dem Hermann-Ehlers-Platz soll verbessert werden! Dafür stehen 600.000 Euro aus Landesmitteln zur Verfügung. Zu wenig für eine Sanierung und Umgestaltung. In die Veränderungen auf dem Platz sollen Vorschläge des „Runden Tischs Zehlendorf-Mitte“ einfließen, der bereits 2019 einen Ideenwettbewerb ausgerufen hatte. Die Pläne zur Umgestaltung sollen 2021 abgeschlossen werden.

Titelbild

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