Erschienen in Lankwitz Journal Februar/März 2021
Noch sind die dunklen Tage nicht vorbei und der Frühling ist fern. – Genau die richtige Zeit für Kinder und Erwachsene, auf der Couch dick in eine Decke eingekuschelt Geistern, Riesen, Wichtelfrauen und Kobolden zu begegnen und mit dem neu im Marzellen-Verlag erschienenen „Das Berliner Märchenbuch“ in die Welt der regionalen Sagen, Legenden und Mythen einzutauchen – egal ob beim Selberlesen oder Vorlesen.
In 18 von der Kinder- und Schulbuchillustratorin Gisela Specht bunt-illustrierten Märchen und Sagen des Buchautors Andreas Hartmann wird in Märchenform regionale Geschichte humorvoll und kurzweilig vermittelt, die Berlin und sein Umland betrifft. Hinter jeder Geschichte wird in einem Infokasten erklärt, welchen wahren Hintergrund die märchenhafte Erzählung hat, und auch Geografisches kommt nicht zu kurz. – Ein ebenso unterhaltsames wie lehrreiches Kinderbuch, das auch Erwachsenen Spaß macht.
Viele der Berliner Märchen und Legenden stammen aus Brandenburg, da die Metropole Berlin als einstige kleine Siedlung erst durch das Zusammenfinden mit der Schwesterstadt Cölln und durch die Eingemeindung weiterer Dörfer des Umlandes an Größe und Bedeutung gewann.
Ursprünglich ließen sich Menschen ganz vielfältiger Kulturen im Urstromland und seiner Umgebung nieder, die Berlin und sein Umland maßgeblich geprägt haben. Diese Lebendigkeit und der Abwechslungsreichtum spiegeln sich in den Geschichten des Buches wider. Dabei trifft der junge oder junggebliebene Leser auf Kobolde, Wassergeister und beeindruckende Wesen, die vor der Durchsetzung des Christentums in der Region nicht selten für unerklärbare Ereignisse verantwortlich gemacht wurden. – Je nach Ereignis waren sie gut, böse oder einfach nur stur.
So war da einmal ein etwas unordentlicher Riese in den Müggelbergen, die Wassergeister vom Heiligensee soll es gegeben haben, und auch die Geschichte vom Hauptmann von Köpenick wird erzählt. Man erfährt, was es mit den Wichtelfrauen und dem Babelsberg auf sich hat, und wer im Plötzensee die Fischernetze zerrissen hat. Aber auch über Grunewald und Schildhorn gibt es Spannendes zu lesen.
Durch die im Einband integrierte Karte lässt sich nachverfolgen, an welchen Orten sich die legendären Begebenheiten ereignet haben.
Gleichzeitig ist sie eine Aufforderung, diese Gegenden mit einem kleinen Ausflug aufzusuchen und – vom Buch motiviert – mehr von Berlin und seiner Umgebung kennenzulernen.
Fällt es in der Großstadt Berlin auch etwas schwer, sich die Fabelwesen, Wassergeister und Riesen inmitten brodelnden Verkehrs vorzustellen, ist ihr Treiben doch an den Stadträndern der Hauptstadt, im Grunewald oder an den Ufern der Havel viel eher vorstellbar.
Autor Andreas Hartmann wurde 1973 in Berlin geboren, lebt und arbeitet noch heute mit seiner Frau und zwei Töchtern hier. Bereits in der vierten Klasse wollte er Schriftsteller werden, las viel und dachte sich Geschichten aus. Doch erst einmal studierte er Erziehungswissenschaften, arbeitete dann als Schauspieler und in ganz unterschiedlichen Berufen.
Inzwischen ist er über das Übersetzen wieder zum Schreiben gekommen.
2008 erschien sein erstes Kinderbuch „Herr der Wolken“ bei rowohlt, womit er als bester Nachwuchsautor den Goldenen Bücherpiraten gewann. Weitere Veröffentlichungen folgten. Warum er für Kinder schreibt? – Das lässt sich nur mit einer Gegenfrage beantworten: Warum schreiben andere Autoren für Erwachsene, was ist daran der Reiz?
Gisela Specht wurde 1962 in München geboren, noch heute lebt sie in der Nähe der Stadt zusammen mit ihrem Sohn. Von Kindesbeinen an zeichnet sie.
Als ausgebildete Gestalterin und Raumausstatterin reiste sie viel und restaurierte alte Möbel, das Zeichen und das Malen aber blieben ihre ständigen Begleiter.
Seit Ende der 90er-Jahre arbeitet Gisela Specht als Illustratorin für Kinder- und Schulbücher.
Der Marzellen Verlag Köln bietet seit rund 25 Jahren Regionalliteratur für Erwachsene und Kinder. Nach „Das Stuttgarter Märchenbuch“ hat sich der Kölner Verlag nun mit der Neuerscheinung „Das Berliner Märchenbuch“ auch unserer Hauptstadt angenommen.
Jacqueline Lorenz
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