Erschienen in Gazette Steglitz März 2021
Neue Technologien erfordern neue Maßnahmen zur Sicherheit: Das wurde spätestens nach einer Detonation von wasserstoffgefüllten Gasflaschen auf dem Tempelhofer Feld im Jahr 1894 deutlich. Doch das Preußische Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten hatte schon viel früher die Initiative ergriffen – es veranlasste im Jahr 1871 die Errichtung der Mechanisch-Technischen Versuchsanstalt (MTV). Sie war mit der Technischen Hochschule zu Berlin verbunden. Ein weiteres war die Chemisch-Technische Versuchsanstalt, die der Bergakademie zu Berlin angehörte. Sie sollte im Auftrag von Privatleuten und Behörden chemische Prüfungen durchführen. Außerdem gab es noch die Prüfungsstation für Baumaterialien, die von der Bauakademie gegründet wurde.
Seit 1884 befand sich die Mechanisch-Technische Versuchsanstalt auf dem Gelände der Technischen Hochschule in Charlottenburg. Dort wurde es bald zu eng. Adolf Martens (1850-1914), Vorsteher der Versuchsanstalt, setzte sich für einen Neubau ein. Er war erfolgreich. Auf den früheren Äckern der Domäne Dahlem im Ort Lichterfelde wurde ein Neubau geschaffen. 1903 zogen sowohl die MTV als auch die Chemisch-Technische Versuchsanstalt dort hin. Kurz darauf fusionierten die beiden Institute und die Prüfungsstation für Baumaterialien zum Königlichen Materialprüfungsamt. Leiter des Amtes war wiederum Adolf Martens. Der Standort an der Potsdamer Chaussee, heute „Unter den Eichen“, ist nach wie vor Hauptsitz des Instituts.
Nach dem Ersten Weltkrieg, im Jahr 1919, wurde das Königliche Materialprüfungsamt in Staatliches Materialprüfungsamt (MPA) umbenannt. 1920 errichtete das Reichsministerium des Innern die Chemisch-Technische Reichsanstalt (CTR), die eine Nachfolgeeinrichtung des 1899 gegründeten Militärversuchsamts war. Sie wurde als Zentralversuchsstelle für Explosivstoffe geschaffen. 1945 führte der Berliner Magistrat das MPA und die CTR zusammen.
1954 übernahm die Bundesrepublik Deutschland MPA/CTR unter der Bezeichnung Bundesanstalt für mechanische und chemische Materialprüfung (BAM). Dieser Name wurde bereits zwei Jahre später in Bundesanstalt für Materialprüfung geändert. Ein zusätzlicher Auftrag war die Durchführung der amtlichen Materialprüfungen für das Land Berlin.
Seit 1969 ist die BAM Bundesoberbehörde. Anlass war das Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz). Weitere Aufgaben im Bereich der öffentlichen technischen Sicherheit kamen durch das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter im Jahr 1975 auf die Behörde zu. 1977 übernahm die BAM das ehemalige Gelände des Stubenrauch-Krankenhauses an der Fabeckstraße. Für den Umbau bewilligte die Bundesregierung 50 Mio. DM. Der Name ändert sich im Jahr 1987 erneut: Die BAM heißt jetzt Bundesanstalt für Materialforschung und Prüfung. Mit der Wiedervereinigung kam Personal des aufgelösten Amtes für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung sowie von der ebenfalls aufgelösten Akademie der Wissenschaften der DDR in die BAM. Nach und nach wurden die amtlichen Materialprüfungen für das Land Berlin aufgegeben. 1992 bezog die BAM ein Zweiggelände in Adlershof. Außerdem verfügt sie nahe Baruth über ein 12 Quadratkilometer großes Gelände, auf dem unter anderem Explosionsversuche mit hoher Sprengwirkung durchgeführt werden. Für die Bevölkerung ist die BAM vor allem vor Silvester präsent, wenn sie die Feuerwerkskörper prüft und zulässt. Denn „ohne BAM kein Bumm“.
Am 4. März feierte die BAM ihr 150-jähriges Jubiläum mit einem digitalen Symposium zum Thema „Vertrauen in Zukunftstechnologien“. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Veranstaltungen und Vorträge zum Thema „Wissenschaft mit Wirkung“ das ganze Jahr über geplant.
„Zukunftstechnologien und Innovationen sind wichtige Treiber für die Entwicklung der Gesellschaft und für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen unerlässlich“, so Prof. Dr. Ulrich Panne, Präsident der BAM. „Wissenschaft spielt eine wichtige Rolle, um diese Technologien zu testen und Vertrauen in sie zu schaffen. Das erfordert von uns auch das Selbstverständnis, mit unserer Arbeit nicht nur Fakten zu schaffen, sondern Wissenschaft auch für die Gesellschaft erklärbar zu machen.“
Spannende Geschichten rund um die BAM und alle wichtigen Events im Jubiläumsjahr können Besucherinnen und Besucher unter www.150.bam.de und im neuen BAM Report 2020/21 entdecken.
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