Erschienen in Wannsee Journal April/Mai 2021
Dank einer Förderung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste startet die Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin e. V. das erste umfangreiche Projekt zur Provenienzforschung (Herkunftsforschung) der Kunstsammlung des Trägervereins der Liebermann-Villa am Wannsee. Ziel des auf ein Jahr angelegten Projekts ist die Untersuchung der Provenienzen von 73 Kunstwerken aus der Sammlung, 71 davon aus der Hand Max Liebermanns. Die zu untersuchenden Werke kamen in den Jahren 1995 bis 2013 als Ankäufe oder Schenkungen in die hauseigenen Bestände. Erforscht werden Ölgemälde, Zeichnungen, Pastelle, Aquarelle und druckgrafische Arbeiten.
Dr. Lucy Wasensteiner, Direktorin der Liebermann-Villa am Wannsee: „Wir freuen uns sehr über die großzügige Förderung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste. Sie ermöglicht uns als privat getragenes Museum ohne öffentliche Grundförderung, aktiv an der NS-Provenienzforschung sowie fairen und gerechten Lösungen mitzuwirken. Max Liebermann steht immer wieder im Fokus solcher Forschungsprojekte. Als weltweit einziges Museum, das sich dem bahnbrechenden Künstler widmet, streben wir neue Erkenntnisse zum Werk Liebermanns an, die über die hauseigene Sammlung hinausgehen und einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden sollen.“
Im Rahmen der Förderung hat die Max-Liebermann-Gesellschaft zwei Provenienzforscherinnen eingestellt. Die Projektleitung übernimmt Denise Handte, die zuvor an der Berlinischen Galerie tätig war und dort die Ausstellung „Provenienzen. Kunstwerke wandern“ begleitete. Unterstützt wird sie bei ihrer Forschungsarbeit von Alice Cazzola. Die Fortschritte und Ergebnisse werden von einer kontinuierlichen Berichterstattung über die Online-Kanäle der Liebermann-Villa sowie in Führungen und Veranstaltungen vorgestellt. Ende 2021 ist eine wissenschaftliche Konferenz zum Thema der NS-Provenienzforschung und Max Liebermann geplant.
Als Künstler ist Max Liebermann in Provenienzforschungs- und Restitutionsfällen stets präsent. Seine Werke wurden vor 1933 im deutschsprachigen Raum breit gesammelt. In den Sammlungen, die zur Zeit des Nationalsozialismus verloren gingen oder enteignet wurden, befanden sich unzählige Liebermann-Werke. Das wohl bekannteste Beispiel ist das Gemälde Zwei Reiter am Strand (1901), das 2012 in der Sammlung Cornelius Gurlitts auftauchte und vor 1933 dem jüdischen Zuckerfabrikanten David Friedmann gehörte. Zudem war Liebermann als jüdischer Künstler von den Maßnahmen des NS Regimes direkt betroffen. 1933 wurde er gezwungen, sein Amt als Präsident der Akademie der Künste aufzugeben. In den darauffolgenden Jahren wurden seine Werke aus zahlreichen deutschen Museen entfernt. Die Ehefrau des Künstlers, Martha Liebermann, wurde nach seinem Tod im Jahr 1935 verfolgt und enteignet. Die Kunstsammlung der Familie – darunter viele Liebermann Werke – gingen nach 1935 weitgehend verloren. 1943 beging Martha Liebermann Suizid, um der drohenden Deportation in das KZ Theresienstadt zu entgehen.
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