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Photographien aus Steglitz

Neue Photographische Gesellschaft wurde zum Global Player

Die Neue Photographische Gesellschaft – Hauptsitz in Steglitz, Filialen in mehreren europäischen Hauptstädten und in New York.Archiv Jörg Becker
Die Neue Photographische Gesellschaft – Hauptsitz in Steglitz, Filialen in mehreren europäischen Hauptstädten und in New York.Archiv Jörg Becker
Erschienen in Lankwitz Journal April/Mai 2021
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Alles fing beinahe bescheiden in Schöneberg an, als der gebürtige Ostpreuße Arthur Schwarz in der Hauptstraße 7A seine Neue Photographische Gesellschaft – kurz NPG – mit zehn Mitarbeitern gründete. Man schrieb das Jahr 1894 und die Fotografie hatte sich bereits aus den Kinderschuhen heraus zu einem kommerziellen Produkt gemausert. Das erste bekannte Foto wurde 1826 von dem Franzosen Joseph Nicéphore Niépce entwickelt. Er brauchte acht Stunden, bis seine mit Asphalt beschichtetet Zinnplatte fertig belichtet war. Mittlerweile waren die Verfahren modernisiert und wesentlich schneller geworden. In der Hauptstraße 7A wurden Fotografien bereits maschinell hergestellt, außerdem fertigten die Mitarbeiter Fotopapier und alles für den fotografischen Bedarf an.

Umzug nach Steglitz

Arthur Schwarz‘ Unternehmen florierte und die Zahl der Mitarbeiter wuchs. Schon nach zwei Jahren benötigte die NPG mehr Platz. Schwarz erwarb ein Grundstück in der Steglitzer Siemensstraße 27, das sich bis an die Birkbusch- und Nicolaistraße, damals Luisenstraße, erstreckte. 1897 waren die ersten Gebäude fertiggestellt und die NPG zog um. In dem Unternehmen entwickelte man die lichtempfindlichen Bromsilberpapiere weiter und erfand die Verwendung des Fotopapiers in Rollenform. Die langen Rollen bekamen den Beinamen „Kilometerrollen“. Auch die Forschung zur Farbfotografie fand in Steglitz statt. Ab 1899 war die NPG eine Aktiengesellschaft und eröffnete Filialen in London, Paris, Rom und sogar New York. Die Zahl der Mitarbeiter stieg auf etwa 1000 an. Mit der steigenden Anzahl der Mitarbeiter wurde auf dem Steglitzer Areal gebaut. Es gab neben den Fabrikgebäuden eine Kantine, eine Bibliothek mit mehr als 1600 Büchern für die Mitarbeiter und ein Kasino mit Lesesaal, in dem sich auch eine Bühne befand. Hier fanden Theateraufführungen und Vorträge statt. Die Neue Photographische Gesellschaft war sehr sozial. Für die Mitarbeiter gab es eine firmeneigene Krankenkasse und Krankengeld. Ab einem Jahr Betriebszugehörigkeit gab es Urlaub bei voller Lohnfortzahlung und alle Mitarbeiter bekamen Weihnachtsgeld. Für weibliche Angestellte gab es freien Mittagstisch.

Eine Besonderheit war die 37 Mann starke Betriebsfeuerwehr. Sie war eine wichtige Einrichtung, denn die angsteinflößende Nachricht „Die Photographische brennt“ war den Anwohnern in der Umgebung geläufig.

Räumliche Eindrücke mit Stereobildern

Das Unternehmen fertigte auch die gefragten Stereobilder. Diese Doppelbilder wurden durch einen sogenannten Stereoskop-Apparat betrachtet und lieferten dem Betrachter einen räumlichen Eindruck der Fotografien. Die populären Stereoskope konnten mit den unterschiedlichsten Bildserien genutzt werden – Kinder, Landschaften, das sehr beliebte Motiv „Schöne Frauen“, und viele weitere. Auch zu Werbezwecken wurden die Stereoskope eingesetzt, unter anderem von den Unternehmen Suchard und Bally.

Ende nach dem Ersten Weltkrieg

In der Kaiserzeit waren die Hohenzollern natürlich ein bevorzugtes Motiv. Kaiser Wilhelm II. bedankte sich schriftlich bei der NPG für die hohe Zahl seiner Portraits, die in vielen öffentlichen Gebäuden hingen. Tragischerweise läutete das Ende des Kaiserreichs auch das Ende der Neuen Photographischen Gesellschaft ein. Firmengründer Arthur Schwarz hatte sich bereits 1912 aus dem Unternehmen zurückgezogen. Die Konkurrenz wuchs und die NPG hatte es immer schwerer, sich zu behaupten. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs gab es keine Möglichkeiten mehr, den internationalen Markt zu bedienen. Die NPG wurde von dem Dresdner Unternehmen Mimosa übernommen und verließ Steglitz. Mimosa führte die NPG noch bis 1948 weiter. Auf dem Steglitzer Gelände war ab Oktober 1932 das Dessauer Bauhaus beheimatet. Dabei handelte es sich nur um ein kurzes Zwischenspiel, denn schon im April 1933 schloss die Schule aufgrund der Repressionen durch die Nationalsozialisten.

Lichterfelder halten Erinnerung wach

Die Erinnerung an die Neue Photographische Gesellschaft ist dem Lichterfelder Ehepaar Wilma Gütgemann-Holtz und Wolfgang Holtz zu verdanken, das Teile seiner umfangreichen Sammlung im Jahr 2009 im Rahmen einer Ausstellung im Gutshaus Steglitz zeigte. An die Neue Photographische Gesellschaft erinnert auch eine Gedenktafel an dem früheren Firmenstandort an der Siemensstraße 27, heute ist dort das Institut für Medizinische Diagnostik ansässig. Weitere Informationen www.npg-steglitz.de .

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