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Gründung des bezirklichen Frauenbeirates

Vorgestellt: Zehn starke Frauen, die mitreden und bewegen

Erstes Videotreffen des neuen Frauenbeirates mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler. Foto: BA Tempelhof-Schöneberg
Erstes Videotreffen des neuen Frauenbeirates mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler. Foto: BA Tempelhof-Schöneberg
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Mai 2021
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„Ich freue mich, dass sich so interessierte und engagierte Frauen* zusammengefunden haben, um die gleichstellungspolitische Arbeit im Bezirk voranzubringen“, erklärt Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler und begrüßt damit den neuen, aus über 20 Bewerbungen im Rahmen einer Jurysitzung ausgewählten Frauenbeirat. Zukünftig diskutieren zehn Frauen auf alle zwei Monate stattfindenden Treffen über gleichstellungspolitische Themen oder aktuelle Problemlagen und haben außerdem die Möglichkeit, gegebenenfalls eigene Stellungnahmen oder Anfragen einzubringen.

Das erste Kennlern-Treffen im März konnte pandemiebedingt nur als Videokonferenz stattfinden. Neben der Bezirksbürgermeisterin und den ausgewählten Frauen nahmen daran auch der Vorstand des Frauenbeirates Mitte sowie die Gleichstellungsbeauftragte von Mitte teil, um von ihren langjährigen Erfahrungen zu berichten.

Die unterschiedlichen Lebenswege, Erfahrungen und Arbeitsschwerpunkte der Beiratsfrauen versprechen eine spannende und ergebnisreiche Zusammenarbeit.

Die GAZETTE stellt die zehn Frauen, die im Alter zwischen 19 und 75 Jahren sind, in alphabetischer Reihenfolge vor:

Emily Chmiel, 30 Jahre, ist studierte Politik- und Verwaltungswissenschaftlerin. Im Rahmen einer Dolmetschertätigkeit bei der Caritas International beschäftigte sich die gebürtige Münsteranerin mit den Themen Zwangsprostitution und Menschenhandel. Auslandserfahrung bringt sie u. a. von ihren Südamerika-Aufenthalten mit. Sie arbeitete in einer Flüchtlingsunterkunft und entwickelte ein Gewaltschutzkonzept für Flüchtlingsunterkünfte mit Schwerpunkt Frauen.

Ehrenamtlich engagiert sie sich gegen Ausgrenzung und für nachbarschaftliches Miteinander. Derzeit arbeitet sie in der Kommunalberatung und lebt in Berlin-Schöneberg.

Im Frauenbeirat will sie sich vor Ort aktiv für Frauenrechte einsetzen, besonders von Betroffenen in marginalisierten Positionen. Sie will ihre Situation in Flüchtlingsunterkünften, Obdachlosigkeit und Sexarbeit verbessert sehen. Gerade in der Pandemie müsse zur Entlastung der Frauen beigetragen sowie besserer Schutz vor häuslicher Gewalt geboten, gendergerechte Stadtplanung vorangetrieben und die politische Teilhabe von Frauen gestärkt werden. – Beispielsweise im Frauenbeirat durch mit Behinderung oder Migrationsgeschichte lebende Frauen. Ihnen will sie Mut machen und dazu selbst wichtige Vorarbeit leisten.

Vera Grandke blickt auf 75 erfahrungsreiche Jahre zurück, ohne den Blick auf die Zukunft verloren zu haben. Die Schönebergerin lebt seit 50 Jahren im Bezirk. Als Sozialarbeiterin war sie mehrere Jahrzehnte im Bezirksamt Mitte tätig und stellvertretende Frauenvertreterin. Heute engagiert sie sich ehrenamtlich in der Seniorenvertretung des Bezirks. Frauen in Altersarmut – ein Thema, das Vera Grandke besonders am Herzen liegt. Im Frauenbeirat will sie dafür sensibilisieren und Frauen mit Grundsicherung ins Gespräch bringen. – Sind für diese Frauen manchmal doch schon die 50 Cent für die Benutzung einer öffentlichen Toilette zu viel. Erleichterungen will sie für diese in Altersarmut lebende Zielgruppe im Beirat erarbeiten. Um sie besser erreichen und ihre Sorgen und Nöte zur Sprache bringen zu können, versteht sich Vera Grandke in ihrer neuen Tätigkeit als aktives Bindeglied zwischen ihnen und der Politik.

Kirsten Heininger, 52 Jahre. Die Tempelhoferin bringt als studierte Wirtschaftskorrespondentin und Dolmetscherin sowie als Unternehmerin und interkulturelle Trainerin fundiertes Wissen aus den Bereichen Frauen & Bildung sowie Klimaschutz/Klimawandel mit. Im Rahmen von Projektarbeit mit Frauen ausländischer Studienabschlüsse, die in Weiterbildung zu Klimamentorinnen weiterqualifiziert werden, ist sie einerseits für das Fachkonzept zum Klimawandel zuständig und führt außerdem Schulungen im Bereich Klimaschutz durch. Als zertifizierter Coach für kommunalen Klimaschutz kennt sie sich im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm bestens aus.

Außerdem betreibt sie einen Übersetzungsbetrieb und hat gerade eine Agentur für Geschlechtergerechtigkeit gegründet. Ein Zweitstudium und ihr Interesse für die Auseinandersetzung mit der sozial-ökologischen und Geschlechterforschung führte sie zum Thema Geschlechtergerechtigkeit im Energiebereich. Dafür will sie sich auch in ihrem Wohnbezirk weiter einsetzen sowie im Frauenbeirat ehrenamtlich für den gleichberechtigten Zugang von Frauen zu Bildung und Arbeit.

Lotte Langer, 27 Jahre. Für ihr Master-Studium „Urbane Zukunft“ an der Fachhochschule in Potsdam zog sie nach Berlin-Schöneberg. Sie arbeitet außerdem im Bereich Partizipation, Bezug Stadtentwicklung.

Bei einer Studienrecherche wurde sie auf den Frauenbeirat aufmerksam. Sie bewarb sich, um in ihrer direkten Umgebung politisch aktiv zu werden und die in der Stadtentwicklung unterrepräsentierten feministischen Perspektiven voranbringen zu helfen. Auch sieht sie darin eine gute Gelegenheit, beratend auf politische Entscheidungsträger einwirken und sich für eine feministische Perspektive stark machen zu können. Neben ihrem Fokus auf Stadtentwicklung will die Studierende das Gremium nutzen, um Angebote für Frauen zu erarbeiten sowie stärkere Aufmerksamkeit auf unterrepräsentierte Themen zu lenken.

Alexandra Paul, 45 Jahre. Die gebürtige Ostfriesin studierte Jura und stieg die Karriereleiter bis zur Leitung Rechts- und Vertragswesen in einem Oldenburger Informatik-Forschungsinstitut auf. In Berlin arbeitete sie seit 2007 als Bundesbeamtin in verschiedenen oberen und obersten Bundesbehörden, u. a. im Bundeskanzleramt.

Alexandra Paul lebt mit zwei Kindern im Kita-Alter in Schöneberg.

Das Berufsleben verbrachte sie in männerdominierten Arbeitsumfeldern und erlebte dort immer wieder direkte und indirekte Benachteiligung von Frauen. Dies zu ändern, bestehe deutlicher Nachholbedarf. So ist sie dem Frauenbeirat beigetreten, um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und speziell Müttern zu stärken und für mehr Wertschätzung aller und gesellschaftliche Vielfalt einzutreten. Die Juristin ist überzeugt, dass die besten Arbeitsergebnisse aus heterogenen Teams entstehen. Mütter müssten gleiche Karrierechancen erhalten wie Männer und kinderlose Frauen. Temporäres berufliches Zurücktreten von Frauen dürfe nicht zu Altersarmut führen. – Dafür will sie sich stark machen.

Celina Schröder ist mit ihren 19 Jahren die Jüngste im Beirat. Aus Strausberg ist sie nach Berlin zum dualen Studium Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe gekommen. Drei Tage pro Woche arbeitet die für die Probleme andere Menschen offene junge Frau im Jugendamt Tempelhof-Schöneberg in der Jugend- und Familienförderung. Soziales Engagement beweist sie mit vollem Körpereinsatz, indem sie zweimal wöchentlich Blutplasma spendet.

Über ihre Tätigkeit hat Celina Schröder erstmals den Bezug zur Mädchenarbeit bekommen.- Ein Bereich, den sie – ebenso wie die Frauenarbeit – stärker thematisiert sehen will, mit mehr Toleranz für die LGBTQ+ Community und Prävention gegen körperliche und emotionale Gewalt. Das weibliche Gesellschaftsbild verändere sich immer weiter. Stärke und Emanzipation könne nur verdeutlicht werden, indem sich Frauen und Mädchen zu Wort melden. Celina hat sich für den Frauenbeirat gemeldet, setzt sich dort für ihre Ziele ein und zeigt Gesicht: Gewalt, Ausgrenzung und Benachteiligung will sie zur Sprache bringen, zeigen, dass starke Frauen eine eigene Meinung haben, und will im Bezirk beweisen: Wir greifen die Belange der Frauen auf, hören hin und sehen nicht weg.

Britta Starke, 55 Jahre. Ihr ist es nicht neu, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und bezirkliche Gestaltungsprozesse positiv zu unterstützen:

Als Kurs- und Projektleiterin im Goldnetz e. V. beschäftigte sie sich vorrangig mit der Chancengleichheit von Frauen und setzte sich in unterschiedlichsten Arbeitsgruppen für die Belange Alleinerziehender ein. Im November 2020 hat sie nun die Koordinationsstelle für Alleinerziehende in Tempelhof-Schöneberg übernommen und sieht ihren Einsatz im Frauenbeirat als wunderbar sinnvolle Ergänzung, um Themen der Gleichstellung und den Kontakt zu Frauen im Bezirk zu vertiefen. Stärker in den Fokus rücken will sie dabei unter Aufzeigen geschlechterspezifischer Zusammenhänge vernachlässigte Unterthemen wie Diskriminierung, Familie, Arbeit und Beruf, Gesundheit und Wohnen – und für die Frauen im Bezirk Vorschläge zum Abbau von Benachteiligungen entwickeln.

Im Frauenbeirat will sie helfen, Ressourcen zu bündeln und zu stärken. Mit dem Ziel: Bessere Lebensqualität für Frauen!

Judith Treiber ist 25 Jahre und nach Studienjahren in Heidelberg und Frankfurt 2019 nach Berlin gezogen, um hier ihren Master in Psychologie zu machen. Seit einem Jahr wohnt und fühlt sie sich zu Hause in Schöneberg. Um sich dort, wo sie lebt, für die Frauen im Bezirk einzusetzen, hat sie sich für den Frauenbeirat beworben. Spannend sei es, das Leben dort mitzugestalten. Interessiert an politischen Themen, will sie dabei helfen, den Bezirk für alle Frauen, die dort leben, sicherer, gerechter und lebenswerter zu machen. Am Herzen liegen auch ihr Themen wie Gleichstellung der Geschlechter, Abbau von Stereotypen und strukturelle Ungleichheit sowie intersektionaler Feminismus.

Joanna Zander, 39 Jahre. Aufgewachsen in Britz und Kreuzberg, lebt die Fahrradmechanikerin, die außerhalb von Pandemiezeiten auch Events für Frauen organisiert, nun schon seit vielen Jahren in Tempelhof.

Vom Frauenbeirat erfuhr sie über eine Bekannte, welche die Ausschreibung in der Bezirkszeitung entdeckt hatte. Da sie Verbesserungsbedarf in vielen Bereichen – so auch in vielen frauenspezifischen – sieht, bewarb sich Joanna Zander.

Sie ist überzeugt, dass ihre Erfahrungen und Ansichten durchaus eine Bereicherung sein können, doch müsse sich erst zeigen, inwieweit sie zu einer Verbesserung beitragen werden. Zu früh sei es, jetzt, wo sie die Möglichkeiten des Frauenbeirates noch nicht genau kenne, über Ziele zu sprechen.

Doch eines weiß Joanna Zander schon heute: Dort zu helfen, wo es am Nötigsten ist, sollte groß auf der Beiratsfahne stehen.

Anke Zeitschel, 45 Jahre. Die studierte Germanistin und Ostslawistin lebt und arbeitet als Projektleiterin und Dozentin schon seit vielen Jahren in Tempelhof, wo sie längst zu Hause ist. Seit 1 ½ Jahren arbeitet sie als Jobcoach und als Dozentin für Deutsch für einen Bildungsträger in Tempelhof, in Kooperation und im Auftrag des Jobcenter Tempelhof. In ihrer Projektarbeit begegnet Anke Zeitschel überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund und multiplen Sorgen.

Eher zufällig entdeckte die Dozentin die Ausschreibung zum Frauenbeirat. Sie bewarb sich, bewogen von den Lebensrealitäten ihrer Kursteilnehmerinnen, Frauen, die kaum Bildung in ihrem Leben erfahren haben. – Ein Thema, das Anke Zeitschel umtreibt: Ihr Ziel ist es, Frauen – auch fortgeschrittenen Alters – über niedrigschwellige Bildungsangebote Perspektiven zu geben und sie gesellschaftlich besser zu integrieren. Weitere Themen für den Frauenbeirat liegen der Dozentin am Herzen, die „coronagemacht“ sind: Aus eigener Erfahrung, berufstätig mit zwei Grundschulkindern, fragt sie sich, warum Homeschooling meist Müttersache ist? Aber auch der Anstieg häuslicher Gewalt und die zunehmende Zahl an Femiziden sollte den Frauenbeirat beschäftigen und der Politik mehr Aktivität abfordern. Themenfelder gibt es also mehr als genug. Und wenn der Frauenbeirat als Gruppe zukünftig einen erfolgreichen Beitrag zur Gleichstellung von Frauen im Bezirk leistet, findet nicht nur Anke Zeitschel das einfach nur großartig.

Nachfragen und Informationen zum Frauenbeirat an die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Julia Selge unter E-Mail julia.selge@ba-ts.berlin.de

Jacqueline Lorenz

*Lediglich aus platztechnischen Gründen verzichten wir im Text auf Gendern.

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