Erschienen in Gazette Charlottenburg Mai 2021
Die Bronzeplastik des Mannes wirkt dynamisch. Schnellen Schrittes, mit wehendem Mantel und Hut in der Hand – so verließ der erste Kanzler der jungen Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949 bei seinem Antrittsbesuch den Sitz der Hohen Kommission in Königswinter bei Bonn. Adenauer zeigte Selbstbewusstsein. Er hatte die Anweisung missachtet, den Teppich nicht zu betreten, auf dem die Vertreter der Alliierten standen.
Konrad Adenauer kam im Jahr 1876 – vor 145 Jahren – in Köln zur Welt. Dank eines Stipendiums konnte er, der aus einfachen Verhältnissen stammte, Jura studieren. Schon früh war er Mitglied der Zentrumspartei und wurde 1906 Beigeordneter der Stadt Köln. Während des Ersten Weltkriegs unterstand ihm die Lebensmittelversorgung für die Stadt. Er versuchte auch, mit einem eigenen Patent für Wurst aus Sojamehl zur Ernährung der Kölner beizutragen. Allerdings ließen sich die Kölner von der Neuerung nicht überzeugen. 1917 wählten sie ihn zum Oberbürgermeister. Trotz des geschmacklich fragwürdigen Patents hatte er sich als pragmatischer und lösungsorientierter Politiker einen Namen gemacht. In seiner Regierungszeit wurde Köln zu einer fortschrittlichen Stadt ausgebaut, dazu gehörten die Ansiedlung der Ford-Werke, die Erweiterung des Rheinhafens und die Wiederbelebung der Messe. Schon in der Weimarer Republik galt er als einer der möglichen Kanzlerkandidaten.
1933 entließen die Nazis Adenauer als Kölner Oberbürgermeister. Sie verbannten ihn, der sich gegen das Regime wandte, aus Köln. Nach dem Attentat auf Hitler kam er sogar in Haft. Nach Kriegsende wurde er erneut Oberbürgermeister der Stadt. Allerdings nicht lange, denn er kritisierte die britische Besatzungspolitik und musste seinen Posten wieder räumen. Er machte Karriere in der CDU und wurde am 15. September 1949 der erste Bundeskanzler. Er führte das Amt 14 Jahre lang aus.
Berlin und das gesamte Land östlich der Elbe mochte er nicht. Es heißt, er soll auf seinen Zugreisen in die Stadt nach der Überquerung der Elbe die Vorhänge zugezogen haben, um „die sibirische Steppe“ draußen nicht sehen zu müssen. Die Berliner hingegen gehörten auch nicht zu seinen größten Fans. Trotzdem ernannte ihn die Stadt nach seinem Rücktritt im Jahr 1963 zum Ehrenbürger. Als der Kaiserdamm nach dem Tod Adenauers zu seinen Ehren in „Adenauerdamm“ umbenannt wurde, protestierten die Berliner jedoch so lange, bis die Umbenennung rückgängig gemacht wurde. So bekam der zuvor namenlose Adenauerplatz den Namen des Kanzlers.
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