Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Juni 2021
Liebe Bürgerinnen und Bürger in Charlottenburg-Wilmersdorf!
Ich habe mir heute einmal das Grußwort aus dem Juni des vergangenen Jahres angesehen. Es ist viel passiert seither. Vieles, wie den Griff nach der Maske, bevor man das Haus verlässt, haben wir in die Routine unseres Alltags eingebaut. Wer hätte gedacht, dass wir so lange mit dieser schrecklichen Pandemie würden leben müssen? So viele Menschen sind gestorben, viele sind wieder genesen, müssen aber mit schweren Langzeitfolgen leben. Das Virus gibt nicht so einfach klein bei. Auch, wenn die Zahl der Geimpften endlich erfreulich schnell anwächst die Inzidenz sinkt und damit Sicht am Ende des Tunnels zu sehen ist: Lassen sie uns gemeinsam weiter wachsam bleiben und einander mit Respekt begegnen!
Wachsam müssen wir auch sein mit Blick auf Rassismus und Antisemitismus in unserer Gesellschaft! Beides sind Themen, die – wie ich finde – weder Ironie und auch keine Wortspiele erlauben. Zu schnell kommt es zu Missverständnissen und zu Verletzungen. Worte sind wie Pfeile: Erst einmal abgeschossen, kann man sie nicht mehr zurückholen. Wir müssen achtsam mit unseren Mitmenschen und deshalb auch achtsam mit unserer Sprache umgehen. „Sprachhygiene“ nennen das Experten… An einer ganz anderen Form der „Hygiene“ habe ich mich im 8. / 9. Mai wieder beteiligt. Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Singularität der Shoa beendet. Aktuell erinnern allein in Charlottenburg-Wilmersdorf 3440 Stolpersteine an die vor allem von den Nazi-Schergen entrechteten und ermordeten jüdische Menschen. Zahlreiche Stolpersteine wurden poliert, allein 40 (!) vor der Synagoge Pestalozzistraße. Ich bin sehr dankbar, dass mich Sara Nachama, Kulturdezernentin der Jüdischen Gemeinde, und Rabbiner Jonah Sievers dabei unterstützt haben. Über dieses wichtige Gedenken hinaus ist es unser aller Verantwortung, im Alltag jede Form von Antisemitismus zu bekämpfen. Dies gilt in besonderer Weise angesichts der aktuellen Entwicklung im Nahen Osten. Jedem Versuch, dies zum Anlass für Angriffe auf hiesige jüdische Einrichtungen und Schmähungen gegenüber den in unseren Nachbarschaften lebenden jüdischen Menschen zu nehmen, ist entschieden entgegenzutreten.
Das im Bezirk etablierte interkulturelle Vereinszentrum „Pangea-Haus“ in Wilmersdorf wurde nach erfolgreicher Sanierung und Neustrukturierung am 19. Mai wiedereröffnet. In dem berlinweit einmaligen Zentrum für interkulturelle Beratungs-, Bildungs- und Begegnungsangebote arbeiten auf fünf Etagen künftig auf Grundlage des im Haus erarbeiteten Leitbildes 22 vorwiegend migrantische Selbstorganisationen sowie Vereine und Institutionen mit interkulturellen und integrationspolitischen Ansätzen in einem neuen Miteinander zusammen. Dank der Förderung des Bundes und des Senats konnten die die Begegnungsräume neugestaltet werden. Ich bin schon sehr gespannt auf die ersten Veranstaltungen in diesem lebendigen Haus der Vielfalt, dass ein wichtiger Pfeiler der Willkommenskultur unseres Bezirks ist.
2020 wurden viele kleine und große Jubiläen verschoben. Mit der erfolgreichen Pandemiebekämpfung können diese step by step nachgeholt werden. Ein weiteres Beispiel dafür ist eine verschobene und aufgeholte Feierlichkeit anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Lietzenseeparks. Am Wochenende, 12. / 13. Juni 2021 wollen die Vereine "Bürger für den Lietzensee" und "ParkHaus Lietzensee" die Grünanlage feiern, die Gartenbaudirektor Erwin Barth 1920 der Bevölkerung übergeben hatte. Heute ist die künstlich geschaffene Landschaft eines der schönsten Gartendenkmäler und ein wichtiges Naherholungsgebiet. Ich freue mich drauf!
Die sonst so engen, gut gepflegten Partnerschaften mit Städten und Landkreisen im In- und Ausland habe ich als Quelle inspirierenden kommunalpolitischen Austauschs in den vergangenen Monaten sehr vermisst. Darum freut es mich besonders, dass uns am 8. Juni Landrätin Kirsten Fründt aus dem Marburg-Biedenkopf-Kreis und am 18. Juni Landrat Dr. Hermann Ulm, jeweils mit einer kleinen Delegation, aus dem oberfränkischen Forchheim besuchen wird. Beide Patenschaften bestehen dieses Jahr seit 30 Jahren und deshalb je einen Baum pflanzen. Beide Delegationen werden sich auch in das Goldene Buch des Bezirks eintragen.
Unsere Jugendkunstschule am Mierendorffplatz ist ein unverzichtbarer Teil der Kreativität und Vielfalt, das unseren Bezirk prägt. Schon als Jugendstadtrat habe ich mit großem Staunen diese wertvolle Bildungsarbeit begleitet. Es ist für mich immer wieder ein kleines Wunder, was das tolle Team um die Leiterin Karin Fortriede-Lange gemeinsam mit den Kindern unterschiedlichen Alters kreiert. Eines der Highlights ist seit einigen Jahren eine jährlich wechselnde Skulptur, die die Jugendkunstschule für den Mittelstreifen Kurfürstendamm und Uhlandstraße erschafft. Am 22. Juni dürfen wir wieder gespannt sein, womit uns Fantasie und Gestaltungsmut wieder überraschen werden.
Für Ihre Anregungen, Lob und Kritik bin ich für Sie erreichbar unter naumann@charlottenburg-wilmersdorf.de.
Herzlich grüßt Sie Ihr
Reinhard Naumann
Bezirksbürgermeister
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