Erschienen in Lankwitz Journal Februar/März 2022
Die erste Erwähnung von Dahlem stammt aus dem Jahr 1375 – dann dauerte es 75 Jahre, bis der Ort erst 1450 erneut genannt wurde, als Rittergut der Familie von Milow. Diese mussten das Gut im Jahr 1483 aufgrund von Verschuldung an die Familie Spil abgeben. Die Familie Spil war übrigens zu jener Zeit auch Eigentümerin des Grunewaldsees, damals Spilsee genannt. Etwa 150 Jahre lang bewirtschafteten sie das Gut. Der Dreißigjährige Krieg führte wiederum zu einer Verarmung der von Spils, die das Gut verkaufen mussten. Georg von Pfuhl kaufte den Besitz im Jahr 1655, verkaufte ihn aber 1661 weiter an die Familie von Willmerstorff. Dieses märkische Adelsgeschlecht war 138 Jahre lang Eigentümer des Rittergutes. Leopold Heinrich von Willmerstorff war der letzte Vertreter dieser Familie. Er verkaufte das Rittergut nebst dem dazugehörigen Schmargendorf an Heinrich von Podewils. Einige Besitzerwechsel später ging das Gut an den Preußischen Domänenfiskus. Nun war es die „Königliche Domäne Dahlem“. Diese verpachtete das Gut bis in das Jahr 1901, in dem der Domänenfiskus – wohl auf Wunsch von „ganz oben“ – beschloss, die Ländereien aufzuteilen und zu verkaufen.
Allein 40 Hektar gingen an den Botanischen Garten, der von Schöneberg nach Dahlem umzog. Andere Ländereien gingen an wissenschaftliche Institute. Die Domäne Dahlem wurde immer kleiner und es war immer schwieriger, sie gewinnbringend zu bewirtschaften. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ging es weiter bergab – dennoch blieb das Gut landwirtschaftlicher Betrieb und verfügte 1955 noch über 62,5 Hektar Land, die allerdings weit verstreut lagen. Seine Hauptaufgabe war die Versorgung der Bevölkerung – vor allem der Berliner Kinder – mit Vorzugsmilch. 1976 wurde die Domäne als Stadtgut und landwirtschaftlicher Betrieb aufgelöst. Um eine Bebauung der letzten vorhandenen Äcker des früheren Ritterguts zu verhindern, gründete sich der Verein „Freunde der Domäne Dahlem“.
Heute präsentiert sich das historische Rittergut als Lern- und Erlebnisort für die ganze Familie. Mit den Museen im Culinarium und im Herrenhaus wird Kulturgeschichte präsentiert. Das Culinarium – im ehemaligen Pferdestall der Domäne untergebracht – zeigt eindrucksvoll, wo unser Essen herkommt. Unter dem Titel „Vom Acker bis zum Teller“ kann der Weg vom Feld – oder aus dem Stall – bis zum tischfertigen Nahrungsmittel nachvollzogen werden. Es ist ein Museum zum Mitmachen, so kann eine künstliche Kuh gemolken werden und im Obergeschoss, dem Kinderbereich, steht ein Butterfass, in dem man selbst ausprobieren kann, wie lange es dauert, bis aus Butter Sahne wird. Dort steht auch ein Fahrrad an einer Bonbonauswurfmaschine. Hier wird so lange gestrampelt, bis man die Kalorien runter hat, die ein Bonbon auf die Hüften bringt. Diese können allerdings auch gleich durch den ausgeworfenen Bonbon ersetzt werden. Auch über den historischen und modernen Handel sowie die Tischsitten im Wandel der Zeiten wird in dem Museum anschaulich informiert.
Das Herrenhaus bietet ebenfalls eine Fülle von Entdeckungen. Das Gebäude von 1560 geherbergt einen Kaufmannsladen von 1900, in dem eine holografische Figur Geschichten aus dem ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts erzählt. Rüdiger Buchmann, der viele Jahre lang bei dem Berliner Lebensmittelhändler Reichelt arbeitete, lieh der Figur Aussehen und Stimme. Auch eine Fleischerei, das Lebensmittellabor und das Armbruster-Zimmer – benannt nach dem Bienenkundler Professor Dr. Ludwig Armbruster- in dem die Imkerei und die Bienen im Mittelpunkt stehen, befinden sich im Herrenhaus.
Die Freiflächen bieten sich zum Spazieren gehen an und die angeschlossen Werkstätten, in denen historisches Handwerk zuhause ist, erfreuen sich großer Beliebtheit. Auch die Tierhaltung spielt auf der Domäne Dahlem nach wie vor eine große Rolle. Die Domäne ist ein Archehof. Das bedeutet, hier finden Tierarten ein Zuhause, die vom Aussterben bedroht sind, da ihre Haltung nicht wirtschaftlich ist. So begegnet man hier dem Rauwolligen Pommerschen Landschaf, dem Schwarzbuntem Niederungsrind und dem Roten Höhenvieh genauso wie seltenen Pferderassen wie dem Dülmener Wildpferd, Exmoorponys und Koniks. Auch Geflügel – Deutsche Sperber, Pommersche Landenten und Minorkas sowie Deutsche Sattelschweine werden in der Domäne gehegt und gepflegt. Wobei sowohl Federvieh als auch Schweine aufgrund der Geflügel- und Schweinepest eine Zeitlang vor Ansteckung geschützt werden mussten und für das Publikum nicht zu sehen waren.
Ein Highlight in Vor-Pandemiezeiten waren die vielen Veranstaltungen auf der Domäne. Ritterfest, Kartoffelfest, historischer Jahrmarkt, Weihnachtsmärkte und vieles weitere lockte Besucher aus ganz Berlin und dem Umland an. Die Domäne ist nach wie vor ein beliebtes Ausflugsziel für Groß und Klein. Die aktuellen Veranstaltungen und Hygienebedingungen finden Sie unter www.domaene-dahlem. de.
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