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Der erste funktionsfähige Computer

Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik in Dahlem erinnert an den Erfinder

Der Z3, der erste funktionsfähige Digitalrechner der Welt. Foto mit freundlicher Genehmigung von Professor Dr. Dipl.-Ing. Horst Zuse
Der Z3, der erste funktionsfähige Digitalrechner der Welt. Foto mit freundlicher Genehmigung von Professor Dr. Dipl.-Ing. Horst Zuse
Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal Juni/Juli 2021

Denkende Maschinen faszinierten den gebürtigen Wilmersdorfer Konrad Zuse (1910 – 1995) schon seit seiner Jugend. Bereits mit 14 Jahren baute er „Zuses Mandarinenautomat“, der dem Nutzer sowohl Obst als auch Wechselgeld herausgab. Für den Kohlenverladekran, den er aus einem Stabil-Baukasten erstellte, bekam Zuse eine Ehrenurkunde des Baukasten-Herstellers. Nach seinem Studium, in dem er zwischen Maschinenbau, Architektur und Bauingeneurswesen wechselte, hatte er zunächst eine Stelle als Statiker bei den in Schönefeld ansässigen Henschel Flugzeug-Werken. Schon im Studium hatte er die zahlreichen Berechnungen im Bauingenieurswesen als stupide empfunden. Das konnten seiner Ansicht nach auch Maschinen erledigen! Folgerichtig gab er seine Arbeitsstelle auf und verkündete seinen Eltern, dass in ihrer Wohnung nun eine vollautomatische Rechenmaschine entstehen würde.

Vor 80 Jahre wurde der erste funktionsfähige Digitalrechner der Welt gebaut

1938 stellte er den Z1 fertig. Der Rechenmaschinenfabrikant Kurt Panke gab dem jungen Ingenieur 1500 Reichsmark dazu. Er war zwar der Ansicht, dass es im Bereich der Rechenmaschinen nichts mehr zu erfinden gab, aber dennoch interessierte ihn, was Zuse auf die Beine stellen würde. Gemeinsam mit der Familie wurde mit der Z1 die erste programmgesteuerte Rechenmaschine erbaut – im Wohnzimmer der Eltern in der Kreuzberger Methfesselstraße. Eine Berliner Gedenktafel erinnert an die ersten Rechenanlagen Z1 bis Z4, die in Kreuzberg entstanden. Die Häuser wurden im Krieg zerstört. Die Z1 arbeitete als erster Rechner mit binären Zahlen. 1939 wurde die Z2 fertiggestellt. Sie beherrschte die vier Grundrechenarten. Die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt begutachtete die Z2 und gab Zuse 25.000 Reichsmark, damit er die Z3 bauen konnte. Mit der Z3 baute Zuse 1941 den ersten funktionsfähigen Digitalrechner der Welt. Die drei ersten Rechner fielen im Zweiten Weltkrieg den Bomben zum Opfer. Ein zu Ausstellungszwecken angefertigter Nachbau der Z3 steht im Deutschen Museum in München. Die Z4 war der einzige funktionierende Computer in Kontinentaleuropa. Sie wurde an die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich vermietet und gilt auch als erster kommerzieller Computer. Auch wenn Konrad Zuse nie Mitglied der NSDAP war, galt er als unabkömmlich. Er bekam zwar zwei Einberufungsbefehle, nahm aber nie an Kriegshandlungen teil.

Entwicklung nach Kriegsende

Nach dem Krieg gründete Zuse im hessischen Neukirchen die Zuse KG. Die Firma Leitz bestellte 1950 dort die Z5. Mit einem Gewicht von ca. 2 Tonnen gilt sie als erster Großrechner Deutschlands. Für die Fertigung hatte das Unternehmen 330.000 Euro vorab an die Zuse KG überwiesen. Die sechste Rechenmaschine bekam den Namen Z11. Sie war vor allem im Vermessungswesen beliebt, wurde aber auch in der optischen Industrie eingesetzt. Von der Z11 baute man 48 Anlagen, von denen die meisten in Westdeutschland zum Einsatz kamen. Aber auch International wurde dieser Rechner, der sogar bis nach Japan geliefert wurde, genutzt. Die Z12 war eine Sonderanfertigung für die Firma Carl Schenck. Sie war im Aufbau der Z11 ähnlich. 1955 ging die nächste Generation aus der Firma Zuse an den Start: Die universelle Rechenanlage Z22 wurde als erster kommerzieller Serien-Röhrenrechner entwickelt. Die darauf folgende Z23 war die Weiterentwicklung der Z22 in Transistortechnik. Die darauf folgende Z25 erwies sich als problematisch in der Serienproduktion. Der Grund war ein neuer Transistortyp, der verwendet wurde und eine spezielle Löttechnik erforderte. Die Zuse KG erlitt dadurch Millionenverluste und wurde von Rheinstahl übernommen.

Mit der Übernahme seiner Firma durch Rheinstahl im Jahr 1964 schied Konrad Zuse aus seinem Unternehmen aus. In den darauf folgenden Jahren schrieb er die Bücher „Rechnender Raum“ (1969) und „Beschreibung des Plankalküls“ (1977). Er war als Berater tätig und widmete sich seinem Hobby, der Malerei. Eines seiner letzten Werke war ein Bild von Bill Gates, das er dem Gründer von Microsoft auf der CeBit 1995 überreichte.

Zentrum für Informationstechnik nach Zuse benannt

Konrad Zuse wurden zahlreiche Ehrungen zuteil. Der Chaos Computer Club ernannte ihn zu seinem Ehrenmitglied. 1984 bekam das Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik in Dahlem seinen Namen. Es hat zwar seinen Sitz auf dem Gelände der Freien Universität Berlin, ist aber eine außer-universitäre Forschungseinrichtung. Hier beschäftigt man sich mit der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Informationstechnik und kooperiert dabei mit vielen anderen wissenschaftlichen Einrichtungen.

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