Erschienen in Lichterfelde Ost Journal Juni/Juli 2021
Wo einst in Lichterfelde-Ost in den Räumen der Telekom rund 800 Auszubildende u. a. zum Fachinformatiker, Kaufmann oder Elektroniker geschult wurden, herrscht seit 2018 und seit dem Verkauf der Immobilie immer noch Leerstand. – Das wundert die Anwohner und freut die Wildtiere, die sich indessen als „Zwischennutzer“ auf dem großen Gelände an der Lankwitzer Straße 13-17 gut eingerichtet haben.
Derzeit führt auf der Grünfläche vor dem Gebäude-Komplex Ehepaar Fuchs seine vier Welpen in ihren Lebensalltag ein und ist von ihren Halbstarken rund um die Uhr gefordert.
Zwischen den Trainingseinheiten bleibt dennoch Zeit für das ein oder andere Spielchen an den nahen Bahngleisen, der Ernst des Lebens kommt schließlich früh genug. Über den Köpfen der Füchslein jagen indessen Mäusebussarde, die hier ebenfalls ihre Kinderstube bezogen haben. Anwohner unterstützten 12 Greife in den fleischarmen kalten Wintermonaten mit frischen Hähnchenkeulen aus dem LIO, jetzt in wärmeren Tagen aber sättigt sie – wie auch die Fuchsfamilie – eine reiche Mäuseausbeute aus eigenem Fang ausreichend. Ein frohes Lied dazu singen ihnen vier Hausrotschwanzpaare, die als einstige Gebirgsvögel den Häuserleerstand als günstigen Ersatz zum Felsen für ungestörtes Brüten in leeren Rollladenkästen und auf unverputzten Leitungen erkannt haben.
– Doch vielleicht bald schon werden sie sich „ihr“ Gelände wieder mit menschlichen Lebewesen teilen müssen, die das Areal als Bürogelände neu erwecken möchten. Bezirksbürgermeisterin Cerstin-Richter-Kotowski spricht von einem privaten Investor, den sie nicht nennt. Nach unserer Recherche wird das Gelände derzeit unter einem neuen Betreiber weiterentwickelt und soll im 4. Quartal 21 / 1. Quartal 22 fertiggestellt sein. Auf Immobilien- und Büro-Suchportalen wird das aus vier-geschossigem Hauptgebäude mit Flachgebäude bestehende Geschäftsensemble aus dem Jahr 1905/1936 bereits als Bürobau für moderne Nutzer in einer Grafik-Vision präsentiert. Laut veröffentlichter Planung soll das Bestandsgebäude auf einer Fläche von rund 3.000 Quadratmetern aufgestockt und ein zusätzlicher Büroneubau mit einer Fläche von ca. 11.000 Quadratmetern und zweigeschossiger Tiefgarage errichtet werden. Das Ensemble abrunden werde ein Solitärgebäude mit einer Fläche von 614 Quadratmetern. Während auf den Portalen die Vermietung einzelner Bürovarianten mit konkreten Quadratmeter-Mietpreisen aufgeführt ist, ergab die Recherche aber auch, dass vom neuen Besitzer eine Gebäude-Gesamtvermietung anvisiert wird.
Als Gewerbegebiet festgelegt, ist das Gelände an der Lankwitzer Straße 13-17 für Mietwohnungen nicht zugelassen.
Ursprüngliche Überlegungen des Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, den Komplex für eine Schule, für geflüchtete Menschen oder gar als Ausweichquartier für Mitarbeitende des maroden Rathaus Zehlendorf zu nutzen, waren immer wieder als unrealisierbar verworfen worden.
So darf man weiterhin gespannt sein, was die nahe Zukunft und Entwicklung für den roten Gebäudekomplex, seine Zwischennutzer sowie Anwohner bringen wird. Während die Nachbarn auf Transparenz von Seiten des neuen Besitzers hoffen, rühren die Füchse die Aussichten auf Büroalltag wenig: Haben sie doch schon zu Telekom-Zeiten im dichten Buschwerk des Areals ein gemütliches Dasein geführt, wie der erfahrene Hausmeister des Geländes uns bestätigt hat.
Weiterführende Informationen auf Suchportalen unter dem Stichwort „Lankwitzer Straße 13-17“.
Jacqueline Lorenz
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2023