Gazette Verbrauchermagazin

Neues Tourismuskonzept für den Bezirk

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Touristenmagnet Schloss Charlottenburg.
Touristenmagnet Schloss Charlottenburg.
Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Juli 2021
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SPD Charlottenburg-WilmersdorfATALA GmbH & Co.

Welche Form von Beteiligung in Charlottenburg-Wilmersdorf ist beabsichtigt? In den folgenden Beiträgen nehmen die Fraktionen der BVV zu dem Thema Stellung.

SPD-Fraktion

Auf Hochtouren wird zurzeit an einem neuen Tourismuskonzept für den Bezirk gearbeitet. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann ist die von der Coronakrise gebeutelte touristische Infrastruktur ein Herzensanliegen und deswegen auch Chefsache. Die bezirkliche Wirtschaftsförderung arbeitet bei der Erstellung mit der Agentur Gröschel Branding zusammen, um eine Bestandsaufnahme zu erstellen und die Potentiale im Bezirk zu ermitteln. Dazu erfolgen derzeit Interviews sowie eine Onlinebefragung vor allem bei Hotels und der Gastronomie. Wenn der erste Zwischenbericht vorliegt, sind die Bürgerinnen und Bürger dazu eingeladen Ihre Vorschläge und Ideen in den weiteren Prozess mit einzubringen. Informationen dazu erhalten sie demnächst auf der Bezirkshomepage und in verschiedenen sozialen Medien.

Ziel ist es, die Tourismusströme auch zu entzerren und eine Profilierung des Bezirks insgesamt zu erreichen. Ein gelungenes Beispiel dafür ist der „Pfad der Erinnerung“ in der Gedenkregion im Charlottenburger Norden.

Der SPD ist die aktive Einbeziehung der Menschen vor Ort mit deren Expertise besonders wichtig. Der Fahrplan zur Erstellung des neuen Tourismuskonzeptes erfüllt diesen wichtigen politischen Anspruch der Beteiligung.

Dr. Claudia Buß

CDU-Fraktion

Eine Politik hinter verschlossenen Türen! Dies hat die CDU-Fraktion im Februar in unserem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zur Kenntnis nehmen müssen. Im Rahmen einer mündlichen Anfrage in der BVV wurde erstmals öffentlich, dass die bezirkliche Wirtschaftsförderung bereits seit fast einem halben Jahr an einem neuen Tourismuskonzept arbeitet und dafür eine Agentur beauftragt hat. Die Tourismusbranche in allen Bezirken muss sich nach der Pandemie völlig neu aufstellen. Einige Unternehmen haben diese Krise nicht überlebt, andere treten mit neuen Konzepten an, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Das Bezirksamt ist dazu aufgerufen, Hotelbetreiber, Gastronomen und Einzelhändler, aber auch kulturelle Einrichtungen bestmöglich zu unterstützen. Die Akteure vor Ort sind die Experten. Jede Geschäftsstraße, jeder Kiez muss für sich betrachtet werden. Gestaltungsfreiheit ist gefragt und erforderlich. Es stellt sich jedoch aktuell die Frage, ob der Bezirk sich nicht bereits auf eine Linie festgelegt hat und der intransparente Erarbeitungsprozess mit einer externen Agentur womöglich nur ein Feigenblatt darstellt. Für uns sind kooperative Zusammenarbeit auf Augenhöhe und das Nutzen von vorhandenen Synergieeffekten von vorrangiger Bedeutung. Wir setzen uns daher dafür ein, dass die Betroffenen ernst genommen werden und schnellstmöglich der Dialog mit Ihnen aufgenommen wird.

Judith Stückler

B‘90/Grünen-Fraktion

En passant erfahren die Bezirksverordneten, dass der Bürgermeister vom Senat 40.000 Euro für ein „Tourismuskonzept“ erhalten hat. Leitlinien für einen stadtverträglichen und nachhaltigen Tourismus sind sinnvoll – wenn sie denn auch konkret umgesetzt werden. Bis heute wartet nicht nur die BVV auf die Vorstellung und Beratung der geplanten Maßnahmen. In welcher Höhe wurden die Mittel bislang verausgabt? Welche finanziellen Mittel stehen in 2021 zur Verfügung und wofür werden sie ausgegeben? Welche Unterstützung erhalten die Unternehmen in und nach der Coronakrise? Eine Tourismuspolitik ist im Bezirk bislang nicht erkennbar.

Für die Berliner*innen und ihre Gäste ist Tourismus Begegnung und Austausch. Er ist aber auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Beschäftigung, Umsätze und Steuereinnahmen. Das betrifft Hotellerie und Gastronomie genauso wie Einzelhandel und Gewerbe. Die Bürger*innen, die Gewerbetreibenden, die Einzelhändler*innen in den vielen Geschäftsstraßen des Bezirks – sie alle kennen ihre Kieze. Wenn es darum geht, aktuelle Entwicklungen und die ganz besonderen Bedarfe im Tourismus gezielt zu adressieren, dann müssen sie beteiligt werden. Auch die, die die negativen Seiten des Tourismus wie Lärm, Wohnraumzweckentfremdung und überfüllte Kieze sehen und sich eine stärkere Lenkung wünschen. Und zwar von Anfang an. Christoph Wapler

FDP-Fraktion

In den letzten Jahren hat sich die FDP immer wieder für eine bessere touristische Infrastruktur wie z. B. den Erlass der City Tax (Hotelbettensteuer von 3 %) oder den Erhalt des Flughafen Tegels stark gemacht. Unsere Anträge hierzu sowie der gewonnene Volksentscheid, der von 68 % der Bürgerinnen und Bürger von Charlottenburg-Wilmersdorf getragen wurde, wurden allerdings meist abgelehnt oder – wie im Falle des Volksentscheides – einfach missachtet. Doch wir konnten auch Erfolge verbuchen: So war es die FDP-Fraktion im Bezirk, die sich maßgeblich für das gebührenfreie Aufstellen von Gastroplätzen im Außenbereich eingesetzt hat. Auch wollen wir, dass Märkte und Ausstellungen im öffentlichen Raum stattfinden dürfen und der Weihnachtsmarkt als wichtiger Baustein unseres bezirklichen Tourismus auch nach 2021 vom Bezirk gefördert wird.

Wir hoffen, dass wir nun, nach einem schweren Jahr für unsere Tourismusbranche, endlich ein fraktionsübergreifendes Tourismuskonzept in die Wege leiten können, das alle Betriebe erfasst und den Hilfebedürftigen schnell, umfassend und unkompliziert auf die Beine hilft.

Maximilian Rexrodt

AfD-Fraktion

Der Tourismus ist ein sehr bedeutender Wirtschaftsfaktor im Bezirk. Er bringt Umsätze für Gastronomie, Hotels, Pensionen sowie z. B. für Kultur- und Unterhaltungseinrichtungen, Fahrradvermieter, Busunternehmen. Auch der Einzelhandel profitiert stark vom Tourismus. Andere Branchen, wie z. B. Handwerker, Dekorateure, Banken, Werbeagenturen usw., machen ein attraktives touristisches Angebot erst möglich. Auch sie profitieren indirekt vom touristischen Umsatz.

Das Bezirksamt muss Rahmenbedingungen schaffen, die dem Tourismus förderlich sind. Dazu gehören Sicherheit und Sauberkeit des öffentlichen Raums, die Instandhaltung von Straßen, Rad- und Wanderwegen, von Uferpromenaden, Parks und Museen, der Erhalt historischer Gebäude und ganzer Quartiere. Bei Investitionen sollte die touristische Komponente stets mitgedacht werden. Die verschiedenen Akteure wie Tourismusgewerbe, kulturelle Einrichtungen und Bezirksamt müssen ihre Aktivitäten koordinieren. Deshalb brauchen wir eine gut funktionierende Tourismusförderung.

Als AfD-Fraktion sagen wir: Es ist fraglich, ob wir ein Integrationsbüro mit immerhin acht Stellen brauchen. Ein Büro für Wirtschafts- und Tourismusförderung ist wichtiger und muss auf jeden Fall ebenso üppig ausgestattet sein.

Michael Seyfert

Linksfraktion

Unser Bezirk ist durch die City-West und seine Sehenswürdigkeiten ein beliebter Anziehungspunkt für zahlreiche Tourist*innen. Nicht nur Hotellerie und Gastronomie profitieren davon, sondern auch der Einzelhandel und das Kunst- und Kulturgewerbe. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite sind nicht unerhebliche Probleme für die Bewohner*innen unseres Bezirkes, die sich nicht nur auf das Zusammenleben in den Kiezen auswirkt, sondern diese auch teilweise komplett verändert. Angefangen von den Wohnungen, die zu Ferienunterkünften für den Tourismus zweckentfremdet werden, nächtliche Lärmbelästigungen an Touristenhotspots, verstopfte Straßen und zunehmende Luftverschmutzung durch viel zu viele Reise- und Stadtrundfahrtbusse bis hin zur „Vermüllung“ ganzer Kieze. Aber auch die Zunahme prekärer Beschäftigung in der Reinigungs- und Gastronomiebranche sind Folgen eines zügellosen und unkontrollierten Billigtourismus. Daher fordert die Fraktion DIE LINKE die Erarbeitung eines nachhaltigen Tourismuskonzeptes, in gemeinsamer Zusammenarbeit mit den Bewohner*innen unseres Bezirkes, bei dem eine Bestandsanalyse zu Besucher*innenströmen und ihre Folgen mit Identifizierung aktueller kiezspezifischer Entwicklungen, Problemen und Bedarfe ermittelt werden soll.

Sebastian Dieke

Titelbild

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