Erschienen in Gazette Zehlendorf August 2021
Welches Potential hinter seinen alten Mauern steckt, sieht man dem 1915 erbauten Goerzwerk auf den ersten Blick nicht an. Doch das von Silvio Schobinger und seiner Community wiederbelebte Denkmal der Industriegeschichte bietet auf fast fünf Hektar großem Gelände und auf seinen Innenhöfen besondere Kleinode, die es zu entdecken lohnt. Weit vorne steht dabei der regionale Goerzwerk-Hofmarkt, der jeden letzten Freitag im Monat von 11.30 – 16 Uhr unter freiem Himmel stattfindet und in jeder Hinsicht coronakonformes Ver- und Einkaufen bietet. Goerzwerker mit ihren Produkten und regionale Anbieter präsentieren sich den Marktkunden, von denen sich viele inzwischen regelmäßig auf den Weg zur Goerzallee 299 in Zehlendorf machen, gibt es dort doch immer wieder Neues zu entdecken und Interessantes zu erfahren.
Zu den Stammkunden zählt Sabine aus Steglitz, die mit dem Bus zum Goerzwerk gekommen ist. Die 53-Jährige erklärt: „Alleine schon das knackfrische Landbrot ist den Weg wert, und für meinen Mann muss ich auf jeden Fall noch beim Gin vorbeischauen.“
Und so liegt ihr erstes Ziel unter den rund 25 Marktständen „immer der Nase und dem Duft nach“ am Holzbackofen bei Alex, der genauso urig rüberkommt wie sein knuspriges Landbrot, das ofenheiß in Sabines Tasche wandert. Der Eismann nebenan, dessen Dolci-Eismanufatur im Goerzwerk ihren Sitz hat, ist trotz des eher kühlen Wetters mit den kalten Tagesrennern Bienenstich-Milcheis und Marsh-Mallow-Erdnuss-Schoko, aber auch mit den bei Schleckermäulchen unverzichtbaren Sorten Vanille-Schoko-Erdbeer-Mango gefragt, rund 200 Sorten hat er im Gesamt-Eisprogramm.
Innerlich herrlich erfrischt, kann nun auch ein floral-leichter Urban Garden Gin mit zitroniger Lavendelnote probiert werden, der im 3. Stock des Goerzwerk in der Berlindistillery in sieben Geschmacksvarianten gebrannt wird, wie Laurine vom zehnköpfigen Team erklärt. Dabei werden überwiegend regionale Zutaten, darunter auch Beelitzer Spargel, für die verschiedenen Ginvarianten verwendet.
Der Wacholder jedoch komme aus Kroatien, da der auf dem Dach des Goerzwerks angebaute dann doch nicht den hohen Ansprüchen des Teams entsprochen hatte. Die Nachfrage nach ihrem Gin ist inzwischen so groß, dass die Ginhersteller über eine räumliche Vergrößerung des Unternehmens nachdenken. Sabines Mann übrigens bevorzugt den kraftvoll-spritzigen Berliner Nacht Gin. Mit Limettenblättern und Zitronengras verfeinert, versetzt der ihn auf dem heimischen Balkon geschmacklich ins Berliner Nachtleben. – Mit einem cremigen Alpenkäse vom Tiroler Käsemann im Nachgang.
Aber auch ganz besonders Gesundes gibt es auf dem Hofmarkt dieses innovativen und Start-up-freundlichen Quartiers: Natürliche Smoothies Skoop Shake Sip, Regionales von Birgit und fermentierter Weißkohl, Honig vom Imker, Eier und taufrische Blumen und Pflanzen, die jedes Herz höher schlagen lassen. Knackfrisches Gemüse hat vom Teltower-Rübchen-Hof nur einen kurzen Weg über die Knesebeckbrücke genommen, die Vitamine danken es. Mittendrin gutgelaunt dabei und immer da, wo sie gebraucht wird, ist die Goerzwerk-Sprecherin und für die Kommunikation zuständige Anusch Guyenz, der man die Freude an diesem gelungenen Format deutlich ansieht: „Gerade in Corona-Zeiten bietet unser Markt mit den Kunden etwas Normalität und Abwechslung an frischer Luft. Er gibt aber gleichzeitig auch unseren regionalen Anbietern und innovativen Unternehmen aus dem Haus eine Plattform, um sich der Öffentlichkeit sichtbarer zu machen“, weiß sie.
An diesem Hoftag verkauft sie gemeinsam mit Kollegin Fredi fruchtige Törtchen und behält routiniert den Überblick. Einige Stände weiter schenken Leon Franken, Geschäftsführer vom KarmaKollektiv, und Laura griechischen Berg-Tee zur Verkostung aus. Die junge Berliner Tee- und Kaffee-Manufaktur, die bei ihren Produkten über fairen und direkten Handel sowie mit größtmöglicher Regionalität Premiumqualität bietet, geht vom Goerzwerk aus innovative Wege des Wirtschaftens. „Wir bieten die Tees und Kaffees in nachhaltigen Eimern oder Mehrweggläsern. Außerdem legt das junge Unternehmen Wert auf gelebte Inklusion und arbeitet mit den Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung zusammen.
Das stimmige Konzept funktioniert, und demnächst wird die Produktpalette auf Kräuter und Gewürze ausgeweitet. „Wir haben innerhalb kürzester Zeit den Schritt in bekannte Biomärkte geschafft und sind stolz, im Goerzwerk unseren Firmensitz zu haben, wo Silvio Schobinger auf innovative junge Unternehmen setzt und die Community super funktioniert“, betont Geschäftsführer Franken, der mit dem Start-up alle Produkte, Prozesse und Methoden in Kreisläufen nach dem Cradle to Cradle Prinzip organisiert. Derzeit erarbeitet sein Team ein künstlerisches Produktdesign, für das KarmaKollektiv die Künstlerin und Mundmalerin LouBa gewinnen konnte. Kunst wird auf dem Hofmarkt regelmäßig thematisiert, so auch mit dem Stand der Airbrush-Künstlerin Heike Bobusch aus dem Bobusch Art Studio, die mit unterschiedlichen Untergründen experimentiert und auf Kundenwunsch sogar Zifferblätter von Wanduhren kalligraphisch mit individuellen Zitaten verziert.
Wer nach so viel spannenden Markteindrücken leichten Hunger verspürt, kann sich beim hauseigenen vielbewährten Goerzwerk-Caterer stärken – oder sich bei Olaf, dem Fischer, und seinem „Herz“ Alexandra ein saftiges Fischbrötchen oder eine kaum zu toppende Fischboulette gönnen. Der „Binnenfischer aus Leidenschaft“ fischt in den nicht weit vom Spreewald entfernten Kossenblatter Seen und räuchert noch selbst. Hier am Stand treffe ich dann auch Sabine wieder, die mit zwei Aalen für den Kochtopf und Rauchmatjes für den Gatten ihren Marktbesuch beschließt und zufrieden bemerkt: „Da gab´s ja heute wieder für jeden etwas und für alle viel.“
Für den Newsletter, in dem die an jedem letzten Freitag des Monats stattfindenden Markttage und aktuelle Highlights angekündigt werden, kann man sich über www.goerzwerk.de/goerzwerk-newsletter anmelden.
Jacqueline Lorenz
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