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NEUES BAUEN in Steglitz-Zehlendorf

Symposienreihe in der Schwartzschen Villa gestartet

Schwartzsche Villa oder KREISEL: Baurelikte ihrer Zeit.
Schwartzsche Villa oder KREISEL: Baurelikte ihrer Zeit.
Erschienen in Gazette Steglitz Januar 2018
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Hinter der Schwartzschen Villa reckt sich der KREISEL gen Himmel, der nach jahrelangem Leerstand demnächst mit Luxuswohnungen wieder einmal von sich reden machen wird. Die 1898 für den Bankier Carl Schwartz erbaute Villa zu seinen Füßen erinnert an solide Baukultur vergangener Tage und öffnet sich beständig der Kunst und Kultur.

So ist sie auch der rechte Platz, den die Kulturamtsleiterin des Bezirks, Dr. Brigitte Hausmann, gewählt hatte, um unter Schirmherrschaft der Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski mit der Auftakt-Veranstaltung „NEUES BAUEN in Steglitz-Zehlendorf“ eine Reihe von Symposien zu starten.

„Dies ist erst einmal ein Appetizer, der auf einen auf mehrere Jahre angelegten architekturhistorischen Schwerpunkt des bezirklichen Fachbereichs Kultur vorbereiten und darauf neugierig machen soll. Ausgehend von der Zeit um 1920 und von Groß-Berlin werden wir in unterschiedlichen Formaten vielfältige Themen und Projekte unter der Überschrift „NEUES BAUEN in Steglitz und Zehlendorf“ vorstellen“, erklärte Architekturliebhaberin Dr. Hausmann anlässlich des ersten erfolgreichen Symposium-Abends im Dezember.

Damit ist Steglitz-Zehlendorf einer der ersten Bezirke, der anlässlich des im Jahr 2020 stattfindenden Jubiläums „100 Jahre Groß-Berlin“ eine Veranstaltungsreihe gestartet hat.

Groß-Berlin und seine Folgen

Namhafte Referenten wie der Sozialwissenschaftler und Stadtplaner Prof. Dr. Harald Bodenschatz, die Architektin und Planungshistorikerin Dr. Celina Kress, der Architekturhistoriker und Heimatverein Zehlendorf e. V.–Mitglied Frank Rattay, der Autor und Kulturhistoriker Matthias Oloew sowie die Kultur-Fachbereichsmitarbeiterin Heike Stange präsentierten kurzweilig historisches Baugeschehen Groß-Berlins mit seinen Folgen für die beiden Verwaltungsbezirke im Berliner Südwesten. Dabei wurde im Ansatz – jedoch ausbaufähig – gegenwärtiges und zukünftiges Bauen reflektiert und debattiert.

Im bis zum letzten Platz besetzten Großen Salon der Schwartzschen Villa ging es „Auf dem Weg nach Groß-Berlin“ u. a. um das Groß-Berlin-Gesetz und die stadtplanerischen Prämissen für den erweiterten Stadtraum. Hatte nicht zuletzt die drängende Wohnungsfrage zur Gründung Groß-Berlins beigetragen, traten nun „Für die Gemeinschaft!“ neben den privaten Bauunternehmern wie Adolf Sommerfeld auch öffentliche Wohnungsbaugesellschaften in Aktion. Es galt „Zwischen Tradition und Moderne“ Groß-Siedlungen zu errichten, wofür im Bezirk als Beispiel die Onkel-Tom-Siedlung, die Heidehofsiedlung und die Siedlung Unter den Eichen stehen. Doch mehr Wohnraum brachte auch neue Infrastrukturprojekte für den Bezirk mit sich, dessen Verwaltung bis dahin weit verstreut und eher bürgerfern untergebracht war:

Mit Rathausneubau und Bädernetz in die Zukunft

Zehlendorf konnte am 20. April 1929 als einzigen Rathausneubau im frischgebackenen Groß-Berlin „Das Rathaus Zehlendorf – im Spannungsfeld von Groß-Berlin und Bezirk“ seiner Bestimmung übergeben.

Als neuer Bezirk, der ab 1920 mehr oder weniger begeistert zu Groß-Berlin gehörte, hatte Zehlendorf hart um ein zentrales Verwaltungsgebäude an der heutigen Kirchstraße gekämpft, dessen Bau 1923 beschlossen wurde. Der Bezirk hatte das Grundstück zur Verfügung gestellt und so die Zustimmung des Magistrats erreicht. Auf die Wettbewerbs-Ausschreibung um den Rathausbau, der alle zentralen Verwaltungen vom Bürgermeisteramt bis zum Standesamt, Bibliothek und Heimatmuseum, Wohnräume für Boten und Hausmeister sowie ein Schwimmbad enthalten sollte, hatten sich 84 Architekten beworben. Den Zuschlag erhielt der Entwurf des Architekten Eduard Jobst Siedler. Doch die Realisierung und Finanzierung des Groß-Objektes, für das 2,5 Millionen Reichsmark angesetzt waren, führte schließlich zum sogenannten Rathauskampf zwischen Groß-Berlin und dem Bezirk, in dem Auseinandersetzungen zwischen dezentralen und zentralen Zuständigkeiten im Vordergrund standen.

Bereits 1925 forderte der Magistrat die Einstellung weiterer Bauarbeiten.

Zeitraubende Verhandlungen folgten, kostenreduzierend musste auf die Unterbringung des Standesamtes und auf den Dachgeschossaufbau verzichtet werden, so dass 1926 der Magistrat schließlich die Gelder bewilligte und Ausschachtarbeiten beginnen konnten. – Und wieder beschloss der Magistrat, der Finanzierung anderer Bauvorhaben den Vortritt zu lassen und stellte das Rathaus zurück, so dass im Februar 1927 erneut Baustopp war. Drei Monate später jedoch gab der Magistrat Gelder frei, und bis zur Fertigstellung liefen die Bauarbeiten nun kontinuierlich.

Die feierliche Eröffnung des Rathauses fand 1929 im Bürgersaal statt, wo Bezirksbürgermeister Erich Schumacher und der Vorsitzende der BVV Karl Meidinger sowie Oberbürgermeister Gustav Böß vor Vertretern der 20 Berliner Bezirke und den Ehrengästen ihre Grußworte sprachen. Zahlreiche durch die BVV aktivierte Spender hatten die Fenster und Inneneinrichtung des neuen Verwaltungsgebäudes ermöglicht, die ebenfalls unter den Gästen waren. „Eine rechte Leidensgeschichte“ nannte Schumacher dann auch den Rathausbau. Böß thematisierte in seinen Worten den vorhergegangenen Kampf und meinte herablassend: „…niemand wird sagen können, daß Berlin nichts für Zehlendorf getan hat“, und er stellte fest, dass sich die Bezirksbewohner nun als Berliner fühlen würden.

Neben der Verwaltung trat nun auch der Freizeitgedanke vermehrt in den Focus. 1907 bereits war das Strandbad Wannsee nach Plänen Richard Ermischs und Martin Wagners als Familienbad eröffnet worden. So sollte es für demokratisches Miteinander, aber auch für ein weltstädtisches Lido stehen und Berlin ein besonderes Gesicht geben. Als Mittelpunkt gesunder städtischer Lebensverhältnisse war es erdacht, doch der Magistrat Groß-Berlins sah seine Aufgabe nun im Aufbau eines dezentralen Bädernetzes und maß der Förderung des Strandbades geringe Bedeutung zu.

Überlegungen zum Wohnen heute und morgen

Den Vorträgen der Auftakt-Veranstaltung schloss sich eine „Podiumsdiskussion mit Ausblick auf die Gegenwart und Zukunft“ an, der für zukünftige Symposien jedoch mehr Raum gegeben werden wird. Es diskutierten und beantworteten Zuschauerfragen unter Moderation des Journalisten Nikolaus Bernau: Prof. Bodenschatz, die Leiterin des Stadtentwicklungsamtes Sabine Lappe und Stadtforscher Ludwig Engel. Die Veranstaltungsgäste erfuhren, dass eher die Ortsteile des Bezirks miteinander konkurrieren anstatt Steglitz mit Zehlendorf.

Auch das Thema „Der KREISEL und seine Zukunft“ kam auf den Gesprächstisch. So könne dies ein Großprojekt werden, um den Bezirk stärker sichtbar zu machen. Sabine Lappe wies dabei auch auf die noch ungewisse Nachnutzung der Dahlemer Museen hin und führte deren Potential für den Bezirk und seine damit verbundene Identifikation an. Spielt die zukünftige Nutzung doch im Kampf uns Weiterkommen von Zehlendorf eine wesentliche Rolle. Jedoch seien dabei lokale und globale Aspekte gleichermaßen wichtig, um eine Identifikation überhaupt erreichen zu können.

Als bemerkenswerte Kleinode wurden die charmanten Zentren innerhalb der Ortsteile genannt, an denen Menschen zusammenkommen und sich wohlfühlen. Sie sollten der identifikative Ort eines jeden Ortsteils bleiben. Dazu sprach sich die Leiterin des Stadtentwicklungsamtes für eine Erstellung von Konzepten aus, welche die Zentren-Bedeutung und den Erhalt ihrer Individualität unterstreichen helfen. Beispiele solcher gelungenen Zentren, in denen auch der Einzelhandel berücksichtigt ist, findet man im Bezirk am Mexikoplatz und in Lichterfelde-West.

Die Beantwortung von Fragen nach der Bebauung durch soziale Investoren und nach der aktuellen Bodenpolitik scheiterte überwiegend an der Tatsache fehlenden Bauraumes. So gelten rund 80 Prozent der Bauflächen als verkauft. Im Bezirk gibt es derzeit 25 Standorte für zukünftige Wohnentwicklung, die je Standort etwa Raum für 40-300 Wohneinheiten bieten, ausgenommen Lichterfelde-Süd, wo 2.500 Wohnungen entstehen. Hingewiesen wurde in diesem Zusammenhang auf das Flächenpotential im Umland. So sei der Bezirk diesbezüglich mit „weitem Berliner Zeithorizont“ im Gespräch mit Potsdam und Kleinmachnow.

Für Frühsommer 2018 ist das nächste Symposium „NEUES BAUEN“ geplant. Dabei geht es voraussichtlich um Innenraumgestaltung, Wohntrends und zeitgenössisches Möbeldesign von gestern, heute und morgen.

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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