Erschienen in Gazette Charlottenburg November 2021
Am 3. November 2021 feiern die 95 Pfadfinderinnen und Pfadfinder 60-jähriges Bestehen ihres Stammes Normannen und treffen sich dazu für drei Tage in der Uckermark im Ökowerk Brandenburg Schloss Tornow, beliebter Traditions-Treffpunkt des Stammes. Einen ganz besonderen Herzenswunsch für die Zukunft haben sie dabei im Handgepäck, den Maysun Yacoub von der Stammesführung so formuliert: „Wir träumen von preisgünstigen bzw. mietfreien Räumlichkeiten für unser ‚Wunschheim‘, wo wir unsere wertvolle pädagogische Arbeit von sicherem Raum aus weiter ausbauen können. Wir bitten Sie dringend um Unterstützung bei der Suche danach. Unser Stamm mit vielen handwerklich begabten Händen freut sich auf Angebote von Raummöglichkeiten wie Remisen, ungenutzten Etagen, Keller-, Dach- oder Souterrain-Räumen, Vereinsheimen oder Scheunen.“
Auch wenn die Kinder und Jugendlichen an ihrem jetzigen Standort, dem Gelände des MANNA-Kinder- und Jugendtreffs an der Spreetalallee in Westend, willkommen sind: Als Stammes-Treffpunkt ist der dortige Bauwagen inzwischen dank stetig steigender Mitgliedszahlen längst zu klein geworden und platzt sprichwörtlich aus allen Nähten.
Um nach 60 Pfadfinderjahren endlich einen zur Mitgliederzahl passenden Stammessitz beziehen zu können, von dem es regelmäßig raus in Umgebung und Natur geht, wäre ein Standort mit einem großen Gruppenraum von etwa 30 Quadratmetern für die jüngste Gruppe, einem kleineren Raum für Heimabende sowie einem Küchenbereich, einer WC-Möglichkeit und mit bestenfalls einer nutzbaren Wiese oder einem Park in der Nähe optimal.
Seit 60 Jahren leistet der Stamm Normannen mit seinen Mitgliedern im Alter von 6 -20 Jahren ehrenamtliche Jugendarbeit und weiß dabei viele „Altpfadfinder“ wie Katja Baumeister-Frenzel hinter sich. Die weit über den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hinaus sozial engagierte Kulturwissenschaftlerin und Dozentin erinnert sich gerne an ihre Zeit bei den Normannen zurück, in der sie richtig Kind sein durfte. Diese Pfadfinderjahre waren wichtige Grundlage für ihr heutiges uneigennütziges und immer wieder erfolgreiches ehrenamtliches Wirken.
Ebenfalls zu ihrem Herzensprojekt erklärt hat den Stamm der Normannen und die Pfadfinderarbeit die 19-jährige Maysun, an der Freien Universität Berlin Studierende der Sonderpädagogik und inzwischen seit drei Jahren in der Führung des Stammes aktiv. In der Grundschulzeit von einer Mitschülerin vermittelt, war die junge Charlottenburgerin vor zehn Jahren zum Stamm gekommen und wuchs Jahr für Jahr fester mit den Normannen zusammen und in ihre Führungsaufgabe hinein. „Man kann sich hier immer weiterentwickeln“, erklärt sie, „Pfadfinder sind Familie und Freiheit. Sie geben einen Sinn für Verantwortung und ein generell besseres Gruppengefühl.“
Gemeinsam lachen, toben, werkeln und sich gegenseitig dort abholen, wo man ist – das macht das Pfadfinderleben aus. Im Alter von etwa 7 Jahren kommen dabei seit 60 Jahren Kinder in der Stammes-Meute der Wölflinge zusammen und bleiben oftmals jahrelang bei den Pfadfindern. In der Gilde sind die Jungs- und Mädchensippen der 12 – 17-Jährigen organisiert, und Rover vereint die 16 – 21-Jährigen, die sich bei den Normannen engagieren.
Im Stamm sind alle Aufgaben verteilt, der Stammesrat setzt sich aus Gruppenleitern, Rangern, Rovern und anderen engagierten Mitgliedern zusammen. Sie planen gemeinsame Fahrten und Treffen, Motto-Zeltlager in und um Berlin, und sie fördern den überstämmigen Austausch im direkten Kontakt mit der Stammesführung. Regelmäßige Fahrten führen u. a. nach Brandenburg. Alljährlich steht für Stammesmitglieder ab 11 Jahren eine dreiwöchige Sommer-Großfahrt auf dem Programm, die meist in Länder des Ostblocks führt, vom Wandern und Leben in und mit der Natur und vom Kennenlernen anderer Menschen geprägt ist.
Raus aus dem Alltag und hinein in die Natur, ist ein Motto der Pfadfinder, die interkonfessionell und parteiunabhängig jeden in ihren Reihen begrüßen, ehrenamtlich und auf freiwilliger Basis nach dem Prinzip „Jugend leitet Jugend“ arbeiten und sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzieren. Als Mitglied im Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) ist der Stamm Normannen Teil des LVs Berlin-Brandenburg.
Mit Kopf, Herz und Hand wird Freizeit gestaltet und werden Aufgaben bewältigt, die logisches Denken, Mitgefühl und handwerkliches Geschick vereinen und deren Zusammenspiel lehren. Dem zugrunde liegt das Konzept der Erlebnispädagogik. Viele der Mitglieder erleben den Stamm Normannen als „Safespace“, ihre kleine sichere Welt und Parallelgesellschaft ohne Erwachsene, in der „Pfadfinderregeln des Miteinanders“ wie Rücksicht, Hilfsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Ehrlichkeit, Respekt vor der Natur und Friedensbereitschaft zum Stammalltag gehören. Die Idee geht zurück auf Lord Robert Sir Baden-Powell, der 1907 in England die erste noch ausschließlich Jungen vorbehaltene Pfadfindergruppe gegründet hatte; mit dem Ziel ritterlich und ehrlich Hilfsbedürftige und Schwache zu unterstützen und sich dabei an den Elementen und an der Natur zu orientieren. Bald schon wurden in diese in einzelne Altersgruppen unterteilte Jugendbewegung auch Mädchen aufgenommen. Heute gehören allein in Deutschland der Pfadfinderbewegung über 260.000 Mitglieder an. Weltweit zählen etwa 38 Millionen Kinder und Jugendliche dazu, die Zahl der Altpfadfinder wird auf ca. 58 Millionen geschätzt.
Von der Hilfsbereitschaft und dem ehrenamtlichen, selbstlosen Einsatz des Stammes der Normannen profitiert immer wieder auch der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf: Beispielsweise, wenn die Normannen bei Kiezfesten oder öffentlichen Veranstaltungen jüngere Besucher durch Freizeitangebote zu begeistern wissen, die statt mit PC und Handy mit knisterndem Lagerfeuer, feuchtem Wiesenduft und frischer Luft punkten.
Informationen für potenzielle neue Mitglieder unter www.stamm-normannen.de
Für Unterstützer des „Wunschheims“ und für Raumangebote E-Mail normannen@bdp-bbb.de
Jacqueline Lorenz
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