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Eine Landgemeinde und ihr Rathaus

Vor 125 Jahren wurde der Grundstein für das Rathaus Steglitz gelegt

Das Rathaus Steglitz Anfang des 20. Jahrhunderts.
Das Rathaus Steglitz Anfang des 20. Jahrhunderts.
Erschienen in Gazette Steglitz November 2021
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Ein preußisches Dorf wie viele andere. Das alte Steglitz lag etwa zwischen Albrechtstraße und Wolfensteindamm und wurde mit der Zeit in Richtung heutige Schloßstraße erweitert. Mit dem Steglitzer Schloss, „Beyme-“ oder auch „Wrangelschlösschen“ genannt, hatte der Ort immerhin einen noblen Anstrich. Über die nähere Umgebung hinaus wurde es auch durch die 1853 errichtete Seidenweberei, die der Samt- und Seidenwirker Johann Adolph Heese gegründet hatte, bekannt. Trotz der 1795 fertiggestellten steinernen Chaussee ging es in dem Ort eher ruhig zu. 1870 vergrößerte der Zusammenschluss mit der nahen Kolonie, die entlang der Albrecht- und Schützenstraße nahe der Wannseebahn entstanden war, das Gebiet von Steglitz. Das nahe Berlin zog mehr und mehr Menschen an, es wurde ständig enger in der Stadt. Wer es sich leisten konnte, zog in die Kolonien, die entlang der Bahnanschlüsse in den Vororten wie Pilze aus dem Boden schossen. Auch Steglitzer Baugrund war nun viel wert, die Bauern konnten ihre Äcker teuer verkaufen.

Preußens größtes Dorf

Um 1900 war Steglitz das größte Dorf Preußens. Standesgemäß hatte man einige Jahre vorher ein eigenes Rathaus gebaut. Das alte Dampfbahnrestaurant an der Ecke Grunewald/Ecke Schloßstraße ließ man für das neue Verwaltungsgebäude abreißen. Der neogotische Bau mit dem trutzigen Glockenturm wurde von den Architekten Reinhardt und Süßenguth geplant. Es war ihr erster Rathausbau in der Berliner Peripherie. Spätere Bauwerke waren unter anderem die Rathäuser in Charlottenburg, Treptow und Spandau. Die Grundsteinlegung wurde am 13. September 1896 gefeiert. Bereits eineinhalb Jahre später, am 22. September 1898 konnte die Gemeinde ihr Rathaus einweihen. Das Rathaus, in dessen Ratskeller Karl Fischer 1901die Wandervogelbewegung gründete, war bis 1920 Sitz der Gemeindevertretung, nach der Eingemeindung nach Groß Berlin als Bezirk wurde es vom Bezirksamt genutzt.

Auf dem Weg zum aufstrebenden Vorort

Der erste Bürgermeister, der seinen Sitz im Rathaus hatte, war Julius Zimmermann. Der Sohn eines Pfarrers war Bürgermeister in Bärwalde, als ihn der Ruf der Landgemeinde Steglitz erreichte. Am 1. Oktober 1875 trat er sein Amt an. Das Rathaus und mehrere Schulen wurden während seiner Amtszeit gebaut. Auch die Einführung der Kanalisation und die „Einrichtung von Gasglühlicht“ für die Straßenbeleuchtung fielen in seine Verantwortung. Er führte Steglitz von der kleinen Gemeinde zum aufstrebenden Vorort. Am 1. Oktober 1901 wurde er mit allen Ehren nach über 25 Jahren aus seinem Amt verabschiedet. Ihm wurden der Rote Adlerorden 1. Klasse und der Kronenorden verliehen. Seinen Ruhestand konnte Zimmermann jedoch nicht lange genießen. Schon am 11. April 1902 starb er. Mit der Zimmermannstraße wird an ihn erinnert.

Der letzte Bürgermeister der Landgemeinde…

Sein Nachfolger wurde am 1. Januar 1902 Karl Buhrow. Er war bis 1921 im Amt und somit der letzte Bürgermeister der selbständigen Landgemeinde. In seine Amtszeit fallen der Bau des Kraftwerks und des Postamts, mehrerer Schulen sowie die Anlage des Stadtparks. Im Park erinnert ein Gedenkstein an den Bürgermeister und an den Garteninspektor Korte. Auch das Stadtbad, die Lukas- sowie die Matthäuskirche wurden in jener Zeit gebaut. Seit 1905 hatte Steglitz eine eigene Straßenbahnlinie, die „Grunewaldbahn“. Auch neue Schulen, wie das Paulsen-Realgymnasium und das Lyzeum am Fichtenberg wurden damals errichtet. 1921 wurde Karl Buhrow von Martin Sembritzki als Bezirksbürgermeister abgelöst. Buhrow blieb Steglitz treu – er war Mitbegründer des Heimatvereins und Vorsitzender weiterer Vereine. Von 1929 bis 1933 war er Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung.

…und der erste Bezirksbürgermeister

Martin Sembritzki war nun der erste Bürgermeister des Berliner Bezirks Steglitz. Damals galt Steglitz als der Bezirk mit der besten Verwaltung. Auch unter Sembritzki wurden zahlreiche Bauvorhaben verwirklicht – Wohnhäuser, ein Seniorenheim sowie ein Jugendhaus, der Titania-Palast und zahlreiche Grünanlagen. Auch der Bau des Lichterfelder Stadions fiel in die Amtszeit von Martin Sembritzki. Aufgrund einer Erkrankung legte er sein Amt als Bürgermeister 1933 nieder. Er verstarb kurz darauf im August 1934. In Südende wurde die Sembritzkistraße nach ihm benannt.

Heute befinden sich im Rathaus Steglitz, das im Jahr 2005 in das Einkaufszentrum „Das Schloss“ integriert wurde, das Bürgeramt und die Ingeborg-Drewitz-Bibliothek.

Titelbild

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