Erschienen in Gazette Steglitz Januar 2022
Mit immerhin 68 Metern über NN präsentiert sich der Steglitzer Fichtenberg. Die Eiszeit formte die Erhebung und seine sumpfige Umgebung, in der das Flüsschen Bäke entsprang. Die ersten Siedler ließen sich bereits zum Ende der Eiszeit hier nieder. Ausgrabungen förderten Werkzeuge aus der Steinzeit zutage. Um das Jahr 1200 entwickelten Menschen rege Aktivitäten am Fuße des Berges – sie bauten das Stegelitze genannte Dorf. Die Gründer sollen Mitglieder der altmärkischen Familie von Stegelitz gewesen sein. Gerüchte über eine slawische Burg auf dem Fichtenberg konnten nie belegt werden.
Über Jahrhunderte blieb Steglitz ein märkisches Dorf wie viele – im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort entvölkert, aber schon bald wieder besiedelt. 1786 erwarb Alexander Friedrich Graf von Kameke das Dorf und ließ auf dem Berg – der bis 1900 Kiefernberg genannt wurde – im gotischen Stil sein „Belvedere“ errichten. Der Bau wurde 1865 abgerissen. 1801 erwarb Karl Friedrich von Beyme Steglitz. Er baute sein heute noch stehendes Gutshaus und legte einen großzügigen Park an, der den Berg mit einbezog.
1837 wurde die Bahnlinie zwischen Berlin und Potsdam gebaut, 1839 bekam Steglitz einen eigenen Bahnhof. Dadurch war der Ort für Berliner gut erreichbar, die zunächst als Ausflügler kamen, aber zu Beginn der Gründerzeit im ausgehenden 19. Jahrhundert anfingen, Land zu kaufen und Wohnhäuser zu bauen. Auch der Fichtenberg, der nach dem Tod Beymes von der Erbin an den preußischen Staat verkauft worden war, wurde parzelliert und verkauft. Dabei erwarben die vermögenden Käufer nicht nur eine Parzelle. Sie wollten große Grundstücke – für großzügige Häuser, aber auch Teiche, Grotten, Parks… Die ersten Häuser wurden 1872 auf dem Fichtenberg gebaut. 1886 kam der imposante Wasserturm dazu, der bis heute ein Wahrzeichen der Gegend ist. Der Fichtenberg wurde die Villengegend von Steglitz – bis heute sind viele schöne Häuser erhalten, die sich bei einem winterlichen Spaziergang bewundern lassen.
Einige prominente Zeitgenossen, an die bis heute Straßennamen erinnern, siedelten sich auf dem Fichtenberg an. Friedrich Schmitt-Ott (1860 – 1956) kaufte 1902 sein Grundstück auf dem Fichtenberg, damit die Familie die ländliche Umgebung mit Licht und Luft genießen konnte. Er war seit seiner Schulzeit mit Kaiser Wilhelm II. befreundet, der die gleiche Schule besucht hatte. Der Jurist war Beamter im höheren Verwaltungsdienst und von 1917 bis 1918 Preußischer Kultusminister. Seit 1960 heißt die frühere Kaiser-Wilhelm-Straße auf dem Fichtenberg Schmitt-Ott-Straße. Allerdings steht das Haus des Namensgebers in der Arno-Holz-Straße 11.
In der Arno-Holz-Straße 6 lebte Carl Heinrich Becker (1876 – 1933). Auch er war Preußischer Kultusminister. Erst 1921 und noch einmal von 1925 bis 1930. Außerdem gilt er als Mitbegründer der modernen Orientalistik. In der Weimarer Republik war er ein bedeutender Hochschulreformer. 1992 benannte man den Dietrich-Schäfer-Weg (früher Friedrichstraße) nach Carl-Heinrich-Becker.
An der Lepsiusstraße 96 steht das Haus, dass der Pädagoge und Philosoph Friedrich Paulsen (1846 – 1908) erbauen ließ. An ihn erinnern die nahe Paulsenstraße und das Paulsen-Gymnasium in der Gritznerstraße. Im nahen Ruth-Andreas-Friedrich-Park ist eine Büste von Friedrich Paulsen aufgestellt.
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