Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal April/Mai 2024
Der Preußische Landtag stimmte am 26. Juni 1897 dem Vorhaben zu, den vormals in Schöneberg ansässigen Botanischen Garten auf den Äckern der Domäne Dahlem neu anzulegen. In Schöneberg war die Bebauung immer dichter geworden, Neuanpflanzungen im größeren Stil waren nicht mehr möglich und auch die zunehmende Luftverschmutzung machte den Pflanzen aus aller Welt zu schaffen, die das Publikum im Botanischen Garten am heutigen Kleistpark zu sehen bekam.
Der Kulturpolitiker Friedrich Althoff (1839 – 1908) vom Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten hatte den Auftrag erteilt, infrage kommendes Gelände für die Neuanlage eines Botanischen Gartens zu suchen. Die ehemaligen Kartoffeläcker der Domäne Dahlem, auf einer Fläche von über 40 Hektar am südwestlichen Fuße des Fichtenbergs gelegen, erschienen geeignet, sodass der Landtag dem Vorschlag zustimmte. Von Anfang an sorgte die genaue Lage des Gartens für Verwirrung. Nur ein kleiner Teil des Areals lag in Dahlem, der Großteil befand sich auf dem Gebiet von Lichterfelde. Die Postadresse – damals gab es Groß-Berlin noch nicht – wurde wiederum in der Landgemeinde Steglitz angegeben.
Doch diese Wirren konnten einen großen Geist nicht stören und so sorgte Friedrich Althoff dafür, dass der prominenten Pflanzenkundler Adolf Engler (1844 – 1930) sich der Planungen annahm. Engler war für alles zuständig, was die Botanik betraf. Die Architektur lag in den Händen des Königlichen Baurats Alfred Koerner (1849 – 1926). Die Vorbereitungen begannen noch 1897: Der Boden des früheren Kartoffelackers wurde mit einem Dampfpflug aufgelockert, störende Steine entfernt und ein See als Ergänzung des bereits vorhandenen Karpfenpfuhles ausgehoben. Die Gebäude und Einzäunungen folgten 1899, nachdem der Kaiser seine Zustimmung zu dem Projekt gegeben hatte. Im Jahr 1903 bewunderten die ersten Besucher den frisch angelegten Botanischen Garten. Mit dem Großen Tropenhaus schuf Koerner im Jahr 1905 sein bedeutendstes Werk. Bis heute zählt es zu den größten Stahl-Glas-Konstruktionen der Welt. Von den 16 Schaugewächshäusern, die vor über 100 Jahren angelegt wurden, stehen 15 bis heute.
Der Garten wurde durch ein Botanisches Museum ergänzt. Gemeinsam mit dem damaligen Pharmazeutischen Institut der Universität Berlin machte es den Anfang der Ansiedlung mehrerer wissenschaftlicher Institute aus der Stadt, denen es in Berlin allmählich zu eng wurde. Der Wissenschaftsstandort Dahlem wurde ins Leben gerufen. Heute ziehen der Botanische Garten mit seinen mehr als 22.000 Pflanzenarten und das Botanische Museum zahlreiche Besucher aus aller Welt an. Die Dauerausstellung des Museums ist allerdings aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen voraussichtlich bis Ende 2025 nur virtuell erlebbar. Viele Aktivitäten – Führungen, Pilzberatung, der Christmas Garden und mehr – machen den Botanischen Garten immer wieder zu einem Hotspot für Berliner und ihre Gäste. Weitere Informationen unter www.bo.berlin
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2024