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150 Jahre Schwedenpavillon

Vom Ausflugslokal zum noblen Wohnhaus

Der alte Schwedenpavillon aus Holz um 1900.
Der alte Schwedenpavillon aus Holz um 1900.
Erschienen in Wannsee Journal Februar/März 2022
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Wilhelm Conrad, der Gründer der Colonie Alsen ließ nichts unversucht, um seine Geschäftsidee attraktiv zu machen. Auf der Weltausstellung in Wien 1872 entdeckte er ein beeindruckendes schwedisches Holzgebäude. Im sogenannten Schwedenpavillon waren die Ausstellungsstücke des skandinavischen Landes untergebracht. Conrad kaufte ihn, ließ ihn nach Ausstellungsende demontieren und an den Wannsee bringen. Er wurde an der Großen Seestraße, heute Am Großen Wannsee 28 – 30, aufgebaut. Als gehobenes Ausflugslokal zog der Schwedenpavillon Gäste aus nah und fern an. Mit Segelboothafen und eigener Dampferanlegestelle lud er auch Gäste ein, die direkt über das Wasser kamen. Die Nachfrage war groß und das Haus wurde mehrfach erweitert.

Illustre Gäste

Im Jahr 1910 war der Zustand des ursprünglichen Schwedenpavillons jedoch stark restaurierungsbedürftig. Man machte Nägel mit Köpfen: Der Holzbau wurde durch ein größeres Gebäude aus Stein ersetzt. Der Schwedenpavillon war nun nicht nur Lokal, sondern auch Hotel. Das Haus sah illustre Gäste – so feierte der bekannte Maler Max Liebermann, der im Sommer seine nahe Liebermann-Villa bewohnte, hier seinen 80. Geburtstag.

Geheimer Lauschangriff

Als düstere Wolken über Deutschland aufzogen, kaufte das Auswärtige Amt den Pavillon. Hier wurde eine Rundfunktechnische Versuchsanstalt eingerichtet, die jedoch nur Tarnung für die größte und wichtigste Rundfunkabhöranlage im Deutschen Reich war. Da die Nachrichten der „Feindsender“ einen ganz anderen Lagebericht abgaben als die offizielle NS-Propaganda, blieben die Ergebnisse der Lauschangriffe streng geheim. Den Zweiten Weltkrieg überstand der Schwedenpavillon unbeschadet und wurde noch einige Jahre als Ausflugslokal genutzt. Allerdings waren die erfolgreichsten Zeiten vorbei. 1956 wurde er an den Arbeiter-Samariter-Bund verkauft, der ihn zu einem Heim für chronisch Kranke umbauen ließ. Diese Funktion hatte er bis zum Anfang der 2000er-Jahre. Heute befinden sich in dem Haus, das zu den Baudenkmälern in Steglitz-Zehlendorf gehört, Wohnungen und Apartments.

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