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Farbschmiererei am Paulinenplatz

Bürgerinitiative greift zu ungewöhnlicher Maßnahme

Der Kadettenstein wurde zum wiederholten Mal beschmiert. Foto: Michael Schroeren
Der Kadettenstein wurde zum wiederholten Mal beschmiert. Foto: Michael Schroeren
Erschienen in Gazette Steglitz März 2022
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Nachdem in der Nacht zum 11. Februar der „Kadettenstein“ auf dem Paulinenplatz erneut mit schwarzer Farbe beschmiert worden war, entschloss sich die Nachbarschaftsinitiative, die den kleinen Platz seit 2021 mit viel Mühe neugestaltet hat und ehrenamtlich pflegt, zu einer ungewöhnlichen Reaktion. Sie stellte ein gelbes Schild vor den Gedenkstein, auf dem sie den unbekannten Sprayern, die sich mit ihrem Signet (umkreistes großes A) als Anarchisten zu erkennen gaben, direkt antwortet: „Liebe Anarchos, Geschichte kann man nicht wegsprühen. Man muss sich mit ihr auseinandersetzen.“

Der Kadettenstein, ein 2 mal 2 Meter großer Granit-Koloss, steht erst seit 1980 auf dem Paulinenplatz. Er soll an die Königlich-Preußische Hauptkadettenanstalt erinnern, die sich von 1878 bis 1920 auf dem Gelände des heutigen Bundesarchivs in der Finckensteinallee befand. Errichtet wurde er von den letzten lebenden Absolventen dieser militärischen Drillanstalt, die das „Versailler Diktat“ statt die schuldhafte Kriegspolitik des Kaiserreichs für die Schließung ihrer Schule verantwortlich machten und damit zeigten, dass sie aus der Geschichte wenig gelernt hatten.

Auseinandersetzen statt übertünchen

Jahrzehntelang stand der Kadettenstein unbeachtet an seinem Platz, gut verborgen von dichtem Gestrüpp und verdorrten Hecken. Erst seit die Lichterfelder Nachbarschaftsinitiative den Paulinenplatz als offenen und schmucken Blumengarten hergerichtet hat, wird er verstärkt wahrgenommen – und vermehrt zum Ziel von Farbattacken. „Es ist nur zu verständlich, dass dieser Stein Anstoß erregt“, sagt Michael Schroeren von der Initiative. „Auch wir halten die martialische Botschaft und den Geist, mit dem er aufgestellt wurde, für verfehlt. Eine Kranzabwurfstelle zur Würdigung preußischer Tugenden wie Untertanengeist und Kadavergehorsam braucht niemand, denn sie passt nicht zum Anspruch einer demokratischen Bürgergesellschaft.“

Schroeren: „Aber es hilft nichts, der Koloss steht nun mal da, tonnenschwer und unübersehbar. Wir werden ihn nicht los, ebenso wenig wie die Geschichte, die er verkörpert. Also haben wir beschlossen, uns mit ihm abzufinden und ihm sogar einen positiven Sinn abzugewinnen: Als Aufforderung, uns mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen. Und als Mahnung, dass der Ungeist und die Untugenden, die den Weg in die Katastrophe des Ersten Weltkriegs gebahnt haben, endgültig der Vergangenheit angehören müssen. Es ist schade, dass manche Leute glauben, sie könnten diese Geschichte bewältigen, indem sie versuchen, sie mit Farbe zu übertünchen. Wenn’s nur so einfach wäre.“

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