Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf April 2022
Von Beginn an stand der Bau des Steglitzer Kreisels an der Schloßstraße unter keinem guten Stern. Baupleite, Leerstand als Rohbau, Dienstsitz des Bezirksamtes, Asbestbelastung, Auszug des Bezirksamtes. Es folgten Asbestsanierung und Verkauf an Investoren durch das Land Berlin. Nachdem erste Baumaßnahmen für Wohnungen und deren Vermarktung erfolgten, wurde der Bau zum Spekulationsobjekt und die Bauarbeiten überwiegend gestoppt. Nachstehend nehmen die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf zu diesem Thema Stellung.
Der Anteil des Bezirks am Kreisel beschränkt sich auf die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit. Wir entscheiden nicht, was dort wann entsteht, dies kann – aus gutem Grund nach unserer Verfassung, die die Linksparteien auch hier immer wieder infragestellen –, nur der Eigentümer. Daß dieser langsamer baut als vorgesehen, finden wir nicht schön, haben wir aber hinzunehmen.
Wir haben den Planungsprozeß im Rahmen der Baugenehmigung begleitet und uns für eine optisch schöne Lösung eingesetzt, unseres Erachtens ist das Ergebnis sehr gelungen. Die brutale Stadtverhäßlichung durch das alte Sockelgebäude muß ein Ende haben. Wir wollen für den Hermann- Ehlers-Platz Aufenthaltsqualität schaffen, nachdem dort im Zuge des Einkaufszentrums „Schloß“, das ästhetisch leider verbesserungswürdig ist, attraktive Cafés entstanden sind, hoffen wir, daß diese ihren Außenbereich ausweiten und so zu einer kultivierten Belebung des Platzes, der zuvor attraktiv gestaltet werden muß, ihren Beitrag leisten. Auch die Dreckecke zwischen Busbahnhof und S-Bahnhof muß beseitigt werden. Die Neugestaltung des Sockelgeschosses hat dem Rechnung zu tragen.
Torsten Hippe
Die Geschichte des Steglitzer Kreisels war von Anfang an eine skandalöse: Affären um Bausenat und Architektin, zeitweise halbfertige Bauruine, explodierende Kosten für die öffentliche Hand. Und auch aktuell nach dem Kauf durch die CG-Gruppe 2015 reißen die problematischen Entwicklungen nicht ab: Zusicherungen des ursprünglichen Käufers, an die er sich wegen Weitergabe an ein Konsortium, in dem auch er selbst sitzt, nicht mehr gebunden fühlt und Weiterverkäufe als „share deal“, also ohne Steuerzahlungen, Stillstand der Baustelle. Wie ist nun also von Seiten des Bezirks das öffentliche Interesse am besten zu vertreten? Einen Rückkauf, wie von der Linksfraktion vorgeschlagen, halten wir für deutlich zu teuer. Sozialgebundene Wohnungen können andernorts deutlich günstiger gesichert werden. Oder eben deutlich mehr günstige Wohnungen für das gleiche Geld. Konstruktive Ansätze für günstigen Wohnraum können nur die klassischen Instrumente wie Bebauungsplan, Städtebaulicher Vertrag und Mietspiegel bieten – und ein Gesetzgeber, der Steuersparmodelle und Immobilienspekulation wirksam unterbindet.
Bernd Steinhoff
Der Kreisel ist Geschichte, die sinnbildlich für die Widersprüche der politischen Ansätze der Parteien in der Stadtentwicklung steht. In den 60ern angefangen zu bauen, in den 70er-Jahren als Bauruine knapp der Sprengung entgangen, mit Steuermitteln schließlich 1980 fertiggestellt. Nachdem sich kein Nutzer fand, wurde das Objekt vom Land Berlin erworben, durch das Bezirksamt Steglitz bis 2007 genutzt, dann obschon der Asbestbelastung gesperrt. Nach der Sanierung wurde 2015 an einen Investor verkauft. Nun kommt der Bau nicht voran, Pläne für die Nutzung des Sockels bleiben diffus, die KäuferInnen der Wohnungen werden mit Verzögerungen und Änderungen konfrontiert. Die politischen Pole verlaufen heute zwischen einem „Verstaatlichen“ und „der Markt wird es schon richten“. Wir stehen für einen klaren Weg, der über Vorgaben in den Genehmigungsverfahren erfolgen soll und setzen uns weiterhin für studentisches und soziales Wohnen sowie ein breites Angebot in Medizin und Kultur im Sockel ein. Nutzung öffentlichen Straßenlandes muss begrenzt und finanziell abgesichert sein. Die zugesagte Unterstützung bei der Neugestaltung der Umgebung wird eingefordert werden.
Olemia Flores Ramirez
Der „Steglitzer Kreisel“ ist ein echter Berliner: Von Anfang an als Gigant geplant und dann immer wieder grandios gescheitert. Als Wahrzeichen des Berliner Südwesten und Kopf der Einkaufsmeile Schloßstraße ist er weithin sichtbar. Heute sehen wir allerdings nur ein Betongerippe. Seine wechselvolle Geschichte dokumentiert seit über 50 Jahren die Probleme in der Berliner Stadtentwicklung und sie ist nicht zuletzt auch eine Chronik der Berliner Finanzmiseren. Ursprünglich als Bürogebäude geplant, bis zur Schließung aufgrund seiner Asbestbelastung als Rathaus genutzt, sollte der Turm zu einer exklusiven Wohnanlage umgebaut und als „ÜBerlin“ vermarktet werden. Aber auch dieses Vorhaben droht jetzt in einem Planungschaos zu enden. Statt schmucker Passagen und einem auf Anregung der Freie Demokraten (FDP) beschlossenen Fahrradparkhaus, soll nun der Sockel sogar vollständig einem Neubau weichen. Das Bauvorhaben liegt in privater Hand, nur in welcher? Der Einfluss der Politik ist begrenzt. Dennoch ist der Standort am U-Bahnhof Rathaus Steglitz von hohem öffentlichen Interesse und das darf man bei der weiteren Entwicklung nicht ignorieren.
Mathia Specht-Habbel
Beim Steglitzer Kreisel jagt ein Skandal den nächsten. Und das schon fast traditionell: Baukosten-Explosionen, Träger-Pleiten, Politiker-Rücktritt, Asbest-Verseuchung, fragwürdige Weiterverkäufe – und immer wieder Stillstand auf der Baustelle! Zuletzt sollte ein exklusiver Wohnturm mit 330 spektakulären Eigentumswohnungen, Penthouses und Concierge-Service entstehen. Doch das Spiel ging von neuem los: Der Investor verkaufte die Baustelle an einen anderen Investor. Und der will nun den Sockel vom Exklusiv-Hochhaus trennen und weiterverkaufen. Was mit dem Turm wird, ist noch offen. Offensichtlich ist hingegen, dass Baustillstand herrscht. Ein hässliches Hochhausgerippe beherrscht Steglitz-Mitte. Damit muss Schluss sein! Der Wohnturm ist fertigzubauen und die Käufer der Wohnungen sollen ihr Recht bekommen. Das muss in unserem Rechtsstaat so ein! Allerdings sind wir von der AfD Steglitz-Zehlendorf auch der Überzeugung, dass unser Bezirk nicht zu einer Kolonie für Reiche und Superreiche werden darf. Ganz normale Bürger aus der hart arbeitenden Mittelschicht müssen sich Wohnungen und Häuser in Steglitz und Zehlendorf leisten können.
Peer Lars Döhnert
Wir sind für einen Ankauf des Kreisels durch das Land Berlin, obwohl dieses Vorhaben kompliziert und teuer wäre. Die Gründe dafür liegen auf der Hand:
Dennis Egginger-Gonzalez
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