Erschienen in Lankwitz & Lichterfelde Ost Journal April/Mai 2024
Schon früh kristallisierte sich die Begeisterung für die Naturwissenschaft heraus: Siegmund Loewe begann nach dem Schulbesuch, den er aufgrund vieler Tadel und Arreste ohne Abschluss abbrach, eine Mechanikerlehre. Zusätzlich besuchte er die Fachschule für Mechaniker, in der er den Professoren auffiel. Sie nahmen ihn mit in das präzisionsmechanische Laboratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und ermöglichten ihm die Teilnahme an Vorlesungen an der Technischen Hochschule in Charlottenburg. Für Siegmund Loewe war das der Anlass, den Schulabschluss nachzuholen und zunächst im Sendungsbau bei Telefunken zu arbeiten. Anschließend studierte er in Berlin und Jena Physik. Nach der Promotion ging er zurück zu Telefunken und wechselte dann zur Firma Dr. E. F. Huth nach Berlin. Dort trug er als Technischer Leiter maßgeblich zur Weiterentwicklung des Unternehmens bei, verhalf allerdings auch dazu, dass es in besonderem Maße für den Ersten Weltkrieg produzieren konnte.
1918 mietete Siegmund Loewe eine Sieben-Zimmer-Wohnung am Halleschen Tor. Dort richtete er ein Versuchs-Laboratorium ein, in dem er Untersuchungen an Lautsprechern und Elektronenröhren durchführte. 1923 gründete er gemeinsam mit seinem älteren Bruder David in der Niedstraße 5 in Friedenau die Radio-Frequenz-GmbH. In diesem Haus war vorher die Mechanische Werkstatt Grüttner & Lüttgert ansässig. Siegmund Loewe erwies sich nicht nur als hervorragender Naturwissenschaftler, sondern auch als umtriebiger Geschäftsmann. Im Oktober 1923 gründete er die Audion-Werk Dr. S. Loewe GmbH und die Loewe Radio GmbH. 1924 ließ er am Wiesenweg 10 in Lankwitz, an der Grenze zu Lichterfelde, ein Werk für die Fertigung von Einzelteilen und Empfängern errichten. 1927 gab es den Firmensitz in Friedenau anscheinend nicht mehr, im Berliner Adressbuch des Jahres ist er unter der Adresse in der Niedstraße nicht mehr verzeichnet.
Einer ihrer bekanntesten Mitarbeiter war der junge Manfred von Ardenne, der gemeinsam mit Siegmund Loewe die ersten Mehrsystemröhren entwickelte. Ihre sogenannten Dreifachröhren gehörten zu den ersten integrierten Schaltkreisen. In dem Ortsempfänger Loewe OE 333 – von dem noch ein Original im Schul- und Stadtteilmuseum an der Friedrich-Bergius-Schule zu sehen ist – wurden diese Dreifachröhren eingesetzt. Loewes Vision von dem Rundfunk für das Volk wurde von militärischer Seite starker Widerstand entgegengebracht. Doch die Zeit für das Radio war reif und der OE 333 gehörte mit dem erschwinglichen Preis von 39,50 Reichsmark zu den meistverkauften Radios vor dem Zweiten Weltkrieg.
1929 gründeten David und Siegmund Loewe gemeinsam mit Zeiss Ikon, der Robert Bosch AG und dem britischen Unternehmen Baird Television Ltd. im Goerzwerk an der Goerzallee 299 die Fernseh AG. Loewe meldete zwischen 1925 und 1931 die meisten Fernsehpatente an. Dazu gehörte auch der „Flying Spot Scanner“ den Manfred von Ardenne während der Funkausstellung 1931 auf dem Loewe-Stand vorstellte. Durch die kabellose Fernsehübertragung gilt er heute als Grundlage für die Fernsehtechnologie.
Manfred von Ardenne schied 1932 aus dem Unternehmen aus. Die Mitglieder der Familie Loewe galten als „jüdische Mischlinge“. David Loewe emigrierte bereits 1933. Siegmund Loewe reiste mehrfach in die USA und gründete dort die Loewe Radio Inc. Er wurde aus der Fernseh AG ausgeschlossen und seine deutschen Unternehmen wurden 1938 enteignet. Er ließ sich endgültig in den USA nieder. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück und bekam seine Firmen – mittlerweile in Opta AG umfirmiert – in Westdeutschland und Berlin West zurück. Der Name wurde in Loewe-Opta geändert und der Firmengründer wurde Aufsichtsratsvorsitzender. 1962 starb Siegmund Loewe während einer Reise in den USA. Er fand auf dem Waldfriedhof Dahlem seine letzte Ruhestätte.
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